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Drei Frauen begeistern sich für Langenhennersdorfs Geschichte

Ein Buch wechselt die Besitzer. Es beschreibt das Heilstätten- und Volksgut, das einst die Gottleubaer Klinik versorgte.

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Von Heike Sabel

Es ist ein großes, schweres Buch mit eingeklebten Fotos. Schon das ist eine Besonderheit. In den Gottleubaer medizinhistorischen Sammlungen gab es bisher noch zwei Exemplare davon. Jetzt nur noch eines, denn das zweite wurde dem Heimatverein Langenhennersdorf für dessen Heimatstube übergeben. Das Buch ist eine Chronik des Volksgutes Langenhennersdorf. Deshalb war Vereinsvorsitzende Marlies Wolf so erpicht darauf, es zu erhalten.

Sie gab dafür aus ihrem privaten Besitz den Gottleubaern ein altes Krankenpflegebuch von 1916. So haben sich beide Einrichtungen geholfen und ergänzt. Gemeinsam das Buch in den Händen haltend, kommen die drei Vertreterinnen beider Vereine ins Gespräch. Sie alle verbindet Langenhennersdorf. Ute Wunderwald war Lehrling in der Berufsschule, Petra Schlaupitz’ Großeltern lebten hier, genau wie Marlies Wolf.

Das Volksgut Langenhennersdorf war für das Dorf so etwas wie die Papierfabrik in Heidenau oder die Kunstseide in Pirna. Irgendwie kannte jeder jemanden, der hier gearbeitet hat. Schon 1926 hatte die Landesversicherungsanstalt das ehemalige private Rittergut als Heilstättengut übernommen, um die Versorgung der Patienten mit Obst, Gemüse, Eiern und Fleisch zu gewährleisten. 1946 hatte das Gut zum Beispiel 49 Rinder, 74 Schweine, 340 Hühner und 43 Enten. Das Weiße Leghorn war besonders fleißig. Es legte 170 Eier im Jahr. All das ist in dem Buch zu lesen.

Wann das Buch genau entstand, ist nicht vermerkt. Es ist jedoch vom ersten Fünfjahresplan der DDR die Rede, und der galt von 1949 bis 1953. Es könnte also auch zu Beginn der Zeiten als Volksgut 1952 gewesen sein. Heute ist von den Glanzzeiten des ehemaligen Rittergutes, das 1769 von Graf Friedrich Christian Zinsendorf in Anspielung auf seinen Namen in Form eines Z erbaut worden war, nicht mehr viel zu sehen. Es hat viele Pächter und Besitzer gehabt. 1850 gehörte es der schwedischen Familie Burchardi, in den 1920er-Jahren einem Seidenstofffabrikanten aus Zürich, der auch den großen Kuhstall bauen ließ. Bis es 1926 in den Besitz der Landesversicherungsanstalt kam, wurde viel umgebaut. 1952 entstand dann das Volkseigene Gut Langenhennersdorf als Teilbetrieb des Volksgutes Pirna. 1957 wurde eine Berufsschule mit Internat gebaut, diese Einrichtung wurde nach 50 Jahren geschlossen und verkommt heute – so wie das Rittergut. Es ist heute in Privathand und hat den Anschein, als befindet es sich im Dornröschenschlaf, wächst immer mehr zu und wartet auf seine Rettung.

Über die Geschichte haben die drei Frauen fast die Zeit vergessen. Sie stöbern in der Kiste mit den alten Postkarten. Wenn eine Frau einen Namen, ein Stichwort sagt, reagieren die anderen beiden sofort. Marlies Wolf speichert alles, was sie erfährt. Was die anderen wissen, ist für sie neu und umgekehrt. „So kommt eines zum anderen“, sagt sie. Und die Heimatstube wächst. Um das Buch und wieder einige Geschichten, die aufgeschrieben werden.

Es scheint, es war zwar das erste Mal, dass die drei Frauen sich trafen, aber nicht das letzte Mal …

Heimatstube, alte Schule Langenhennersdorf, Öffnungszeiten: montags, ab 15 Uhr