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Dreimal zwei

Seit ihrer Geburt begleitet die SZ die Drillinge Freya, Theodora und Leander. Nun wird das Trio zwei Jahre alt.

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© André Wirsig

Von Nadja Laske

Schon wieder ist der Kipper weg. Freyas Augenbrauen ziehen sich gefährlich zusammen, fast treffen sie über der krausen Nase aneinander. Die Zweijährige hatte sich nur kurz nach ihrem Schippchen umgedreht, das war Leanders Chance. Nun wuchtet der Knirps seine Eroberung in den Buddelkasten und lässt sich vom wütenden Weinen der Schwester nicht stören – bis sie schimpfend den Plastik-Laster packt. Theodora schaut zu. Als sanftester Drilling wird die Kleine nur ungemütlich, wenn sie ihr eigenes Spielzeug verteidigen muss.

Auf Achse: Per Drillingswagen schiebt Gerit Rotschky ihre Einjährigen in der näheren Umgebung zum Ziel. Größere Strecken klappen nur mit Papa oder Helfern.
Auf Achse: Per Drillingswagen schiebt Gerit Rotschky ihre Einjährigen in der näheren Umgebung zum Ziel. Größere Strecken klappen nur mit Papa oder Helfern. © André Wirsig
Schöne neue Welt: Freya, Leander und Theodora (v. l.) sind zehn Monate alt und tauchen beim Babyschwimmen völlig unerschrocken ins warme Wasser ab.
Schöne neue Welt: Freya, Leander und Theodora (v. l.) sind zehn Monate alt und tauchen beim Babyschwimmen völlig unerschrocken ins warme Wasser ab. © André Wirsig
Satt und zufrieden: Freya Cornelia, Leander und Theodora (v.l.) sind drei Wochen alt und teilen sich am Tag ein Babybett. Nachts wollen sie lieber zu Mama.
Satt und zufrieden: Freya Cornelia, Leander und Theodora (v.l.) sind drei Wochen alt und teilen sich am Tag ein Babybett. Nachts wollen sie lieber zu Mama. © André Wirsig

Gerit Rotschky hält sich im Hintergrund, beobachtet genau. Soll sie schlichten? Schimpfen? Trösten? „Dazu meint jeder Ratgeber etwas anderes“, sagt sie und greift ein, als der Zank zur ernsthaften Beißerei wird. Was andere Drillingseltern und Fachleute zum Thema Erziehung sagen, interessiert die 39-Jährige. Sorgt sie sich doch darum, dass keins ihrer Kinder zu kurz kommt. Auch Eleonora nicht, die ältere Schwester des Trios, die selbst noch ein kleines Mädchen ist. Schon groß zu sein, macht die Vierjährige zwar stolz. Trotzdem wollen ihre Eltern ihr nicht zu viel abverlangen. „Man sollte die älteren Geschwister nicht für die Betreuung der Jüngeren einspannen, doch Eleonora hilft wirklich viel mit“, sagt die Mutter. Eine Gelegenheit bietet sich gleich. „Üpfen!“, piepst Freya. Was soll der Kipper, sie hat eine viel bessere Idee. „Ich gehe mit“, ruft Eleonora, eilt zum Trampolin und zieht der kleinen Schwester die Schuhe aus. Der nächsten ebenfalls. Schließlich auch Leander. Dann hopst sie mit ihnen über den federnden Grund bis ein kicherndes Knäuel entsteht.

Ende Mai 2013 sind die Drillinge im Uniklinikum zur Welt gekommen. Mit einem Körpergewicht zwischen 1 750 und 2 210 Gramm und gesund waren sie für ihre Eltern ein großes Glück. Die Mediziner erstaunte die unkomplizierte Drillingsschwangerschaft und Entbindung. Beides ist nicht selbstverständlich. Schon eine Woche nach der Geburt durften Mutter und Kinder nach Hause. Fortan hieß es im Hause Rotschky füttern, wickeln, wenig schlafen. Das unerhörte Pensum, kombiniert mit Schlafentzug, kostete Kraft. Doch wie turbulent es auch zuging, wie blank die Nerven zuweilen auch lagen, die Drillingseltern sehen mit Dankbarkeit auf das wohl geordnete Chaos zwischen Babybettchen und Wickelkommode. „Die beiden Jahre sind ohne schwere Probleme und Krankheiten vorübergegangen“, sagt sie. „Wir hatten immer die Hilfe, die mindestens nötig war.“ Aus der eigenen Familie kam sie, aus Freundeskreis und Nachbarschaft. Unterstützung brachte zudem eine Haushaltshilfe und eine ehemalige Tagesmutter, die sich spontan gemeldet hatte, um die Kinder stundenweise zu betreuen. Die Drillinge im Wagen spazieren schieben oder zum Babyschwimmen fahren – eine logistische Herausforderung. Touren mit drei Säuglingen konnte Gerit ganz allein nicht stemmen und war froh über jede weitere Hand.

Inzwischen kauen Theodora, Freya und Leander Äpfel und Reiswaffeln, sprechen einzelne Wörter, pflegen ansonsten ihre Drillingssprache, mit der sie sich bestens verstehen, und laufen nahezu unfallfrei durch ihre Welt. Letzten Sommer haben sie die Ostsee getestet. Die Kur war ein Kraftquell für die ganze Familie. Seit September besuchen sie die Kinderkrippe. „Die Erzieherinnen sind sehr zufrieden mit ihrer Entwicklung“, erzählt Gerit. Im sozialen Miteinander seien sie vielen Gleichaltrigen voraus, verstehen sich gut mit den anderen Kindern und bleiben trotzdem gern zusammen. Wie eine kleine Herde halten sie sich zueinander in Sichtweite.

Immer weiter wird ihr Lebenskreis. Beschäftigung ist das beste Rezept gegen Quengelei oder tränenreiche Kämpfe um Spielautos und die Vorherrschaft auf der Rutsche, sagt ihre Mutter. Vom nächsten Jahr erwarte sie ein gutes Stück Erleichterung und öfter eine Verschnaufpause.