"Fünf Patienten werden künstlich beatmet"

Herr Albrecht, wie sieht die erste Bilanz nach den ersten Wochen mit Corona aus?
Für uns ist diese Zeit nach wie vor von Umstrukturierungen geprägt. Wir haben uns hier eine gute Basis geschaffen. Konkret heißt dies, dass Stationen freigeplant und das elektive – also planbare – OP-Programm zurückgefahren wurde. Zudem haben wir neue Versorgungs- und Steuerungseinheiten etabliert. Dazu zählen die zentrale Krankenhausleitstelle Ostsachsen und die bereits vor einem Monat gestartete Corona-Ambulanz. Kurzum, es war eine anstrengende Zeit, aber sie hat sich insofern gelohnt, dass wir gut auf einen Zuwachs an Patienten vorbereitet sind.
Wie lief die Versorgung der Covid-19-Patienten bisher?
Bislang können wir sagen, alles positiv und gut. Stand heute werden am Uniklinikum nur sechs Patienten intensivmedizinisch versorgt. Davon müssen fünf künstlich beatmet werden. Aus medizinischer Sicht sind sie alle in einem stabilen Zustand. Dennoch sind sie sehr krank und bedürfen einer sehr komplexen Behandlung durch unsere Spezialisten. Trotzdem brauchte keiner dieser Patienten an eine ECMO. Bei diesem Lungenersatzverfahren wird dem Blut des Patienten außerhalb des Körpers das CO2 entzogen und mit Sauerstoff angereichert.
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Was wissen wir über die Behandlung beziehungsweise über die Patienten?
Wir stehen in engem Austausch bundesweit und international. Als Haus mit einem Zentralbereich Infektiologie stellen wir für jeden Covid-19-Patienten ein infektiologisches Konsil ein – noch sind wir am Anfang, aber mit den gesammelten wissenschaftlichen und Erfahrungsberichten können wir in naher Zukunft ein eigenes Bild zeichnen.
Wer kam in die Corona-Ambulanz und warum?
Eigentlich eine breite Öffentlichkeit, wir haben allerdings hier infektiologisch sehr streng gefiltert. Getestet wird nach den RKI-Standards beziehungsweise nach eindeutigen Symptomen. Die Zahlen der Tests am Institut für Virologie vom Mittwoch sind beruhigend: Unter den 125 an diesem Tag vorgenommenen Tests war keiner positiv. Das ist ein absolutes Novum.
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Welche Maßnahmen mussten für die Versorgung und Tests umgesetzt werden?
Wir mussten uns über Wettbewerbsgrenzen hinweg und über Zuständigkeiten hinweg organisieren, um konzertiert handlungsfähig zu sein. Gemeinsam mit 35 anderen Krankenhäusern der Region sitzen wir nun beispielsweise an einem Tisch und organisieren, welche Betten wo verfügbar sind, um die Patientenströme zu lenken.
Wie wurde der Alltag am Uniklinikum neu organisiert?
Wir verfügen bereits über sehr gute Strukturen, diese haben wir genutzt und adaptiert.
Was läuft gut?
Ich bin stolz, dass die Abstimmung mit den anderen Häusern so konstruktiv und partnerschaftlich erfolgt.
Und was läuft weniger gut?
Wir leiden immer noch unter den Lieferengpässen, hier müssen wir häufig neu denken.
Wo wünscht sich das Uniklinikum noch Unterstützung?
Wir sind in sehr engem Kontakt mit dem Freistaat, so dass wir alle Sorgen und Probleme direkt besprechen. Nächster wichtiger Schritt ist es, Infektionsherde wie beispielsweise. Pflege- und Altenheime sehr genau unter die Lupe zu nehmen und hier vorzubeugen, dass sich diese zu Inkubationszentren entwickeln.
Anmerkung der Redaktion: In dem zuerst am 8. April veröffentlichten Interview mit Prof. Michael Albrecht haben wir die Abkürzung ECMO fälschlicherweise mit "Beatmungsmaschine" übersetzt. Richtig übersetzt heißt ECMO "Extrakorporale Membranoxygenierung" – das ist ein Lungenersatzverfahren, bei dem dem Blut des Patienten außerhalb des Körpers das CO2 entzogen und mit Sauerstoff angereichert wird. Das Uniklinikum betont, dass seit mehreren Wochen Covid-19-Patienten auf der Intensivstation künstlich beatmet werden.
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