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Dutzende Hortplätze gekündigt

Ab nächstem Schuljahr steht bei vielen Familien die Kinderbetreuung auf der Kippe. Das Landratsamt sucht eine Lösung. 

Von Thomas Drendel
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Im Hort werden Kinder bestens betreut. Hier können sie nach der Schule ihre Hausarbeiten erledigen oder mit Gleichaltrigen spielen. In Radeberg ist für mehrere Mädchen und Jungen die Betreuung ungewiss. Es fehlen Plätze.
Im Hort werden Kinder bestens betreut. Hier können sie nach der Schule ihre Hausarbeiten erledigen oder mit Gleichaltrigen spielen. In Radeberg ist für mehrere Mädchen und Jungen die Betreuung ungewiss. Es fehlen Plätze. © dpa

Sandra Hartmann und Adeline Hecht wissen nicht, wie sie in einigen Monaten Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut bekommen sollen. Ihr Nachwuchs besucht die dritte beziehungsweise vierte Klasse in der Heideschule in Radeberg, eine Einrichtung mit dem Schwerpunkt Lernförderung. Am Nachmittag werden ihre Kinder im Hort Max & Moritz betreut. Er liegt unmittelbar neben der Schule.

Jetzt haben beide Eltern die Kündigung für ihre Hortplätze erhalten. Ab kommendem Schuljahr, also ab Sommer 2020 könnten ihre Kinder nicht mehr betreut werden, heißt es darin. „Ich weiß nicht, was dann werden soll. Ich wohne in Pulsnitz, arbeite in Radeberg und nehme mein Kind morgens mit zur Heideschule und hole es am späten Nachmittag wieder ab“, erzählt Sandra Hartmann. „Wenn die Betreuung im Hort nicht mehr gewährleistet ist, wäre es unbeaufsichtigt. Ich kann ja nicht meine Arbeit aufgeben“, sagt sie.

Betroffen sind jedoch nicht nur diese beiden Mütter. Allein an der Heideschule wurden 25 Eltern die Plätze gekündigt. Hinzukommen die Familien, die zum Schuljahresbeginn einen Hortplatz beantragt, aber keinen bekommen haben. „Insgesamt sind 40 Mädchen und Jungen betroffen“, schätzt Sylvia Strehle, amtierende Leiterin der Heideschule ein.

Grund für die Kündigungen ist schlicht Platzmangel. Die Hortplätze werden für Radeberger Eltern benötigt und da speziell für Kinder im Grundschulalter. So wurde Sandra Hartmann geraten, einen Platz in ihrem Heimatort zu suchen. „Wie soll das funktionieren? Wenn mein Kind weiterhin die Heideschule besucht, was ich wegen des besonderen Schwerpunktes gerne möchte, müsste es alleine nach Pulsnitz fahren. Das ist unmöglich.“

Das Kind von Adeline Hecht hat ab nächstem Schuljahr keinen Platz mehr erhalten, weil es dann in die fünfte Klasse kommt und damit aus dem Grundschulalter heraus ist. „Dabei haben Kinder mit einem besonderen Lernförderbedarf auch Anspruch auf einen Hortplatz auch in der fünften Klasse. Ich kann die Kündigung nicht akzeptieren“, sagt sie. Georg Richter, Leiter des Schulverwaltungsamtes beim Landratsamt in Bautzen, treiben die Aussagen der Eltern Sorgenfalten auf die Stirn. „Ja uns hat die Dynamik der Entwicklung in Radeberg überrascht“, räumt er ein. Die Situation in bei den Hortplätzen sei auch in den vergangenen Jahren angespannt gewesen, doch ein Ansturm wie in diesem Jahr habe es bisher nicht gegeben. Grund sei vor allem der Zuzug junger Familien und die höhere Inanspruchnahme. „Das ist so nicht vorhersehbar gewesen“, sagt er.

Jetzt haben er und seine Mitarbeiter ein knappes Jahr Zeit, um doch noch Hortplätze für die Kinder von Sandra Hartmann, Adeline Hecht und die anderen Eltern zu schaffen. „Die Zeit ist knapp, wir arbeiten intensiv an einer Lösung“, sagt er. Aus seiner Sicht sind drei Wege denkbar. „Einmal werden wir mit den Trägern der Horte, der Arbeiterwohlfahrt und dem DRK, versuchen in ihren Einrichtungen zusätzliche Plätze zu schaffen“, sagt er. Zweite Möglichkeit wäre, an der Heideschule am Nachmittag eine Betreuung zu sichern. „Das benötigt zusätzliches Personal, es muss mit dem Lehrer Kollegium abgesprochen werden und vieles mehr“, sagt Georg Richter. Dritte Möglichkeit wäre die Einrichtung eines neuen Hortes. Im Gespräch war bereits der Ausbau der Kolpingschule an der Straße des Friedens. Sie steht derzeit leer. Bei Stadträten stieß der Vorschlag bereits auf Skepsis. Bemängelt wurde vor allem der weite Weg der Kinder von den Schulen zum Hort. Das sieht auch Sylvia Strehle so. „Die Kinder wären von der Heide- zur Kolpingschule rund 20 Minuten unterwegs, in diesem Alter lassen sie sich auch leicht ablenken. Ich bin für eine schulnahe Lösung“, sagt sie. Dieser Meinung ist auch Katrin Thiede vom Elternrat der Heideschule. „Für die Kinder ist es besser, wenn Schule und Hort nah beieinander liegen, gerade für Kinder mit besonderer Lernförderung. Bei Hausaufgaben können sich Lehrer und Betreuer absprechen, die Kinder kommen nicht in eine völlig neue Umgebung.“

Ein Neubau ist wegen der knappen Zeit nicht zu schaffen. „In weniger als zwölf Monaten kann kein neues Hortgebäude errichtet werden“, sagt der Amtsleiter. Abgesehen von den Bauarbeiten müsste auch ein Träger, also ein Betreiber, gefunden werden und es müsste Personal eingestellt werden. Auch das braucht Zeit.

Die Eltern hoffen jetzt, dass eine Lösung bis Sommer 2020 gefunden wird. „Wir sind auch mit einer Interimslösung einverstanden, es sollte nicht passieren, dass so viele Kinder nicht mehr betreut werden können“, so die Elternsprecherin.