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Eibauer Damino-Fabrik soll weg

Dazu war zunächst die Frage des Eigentümers zu klären.

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© Bernd Gärtner

Von Constanze Junghanß

Der jüngste Brand in der alten Daminofabrik in Eibau ist gelöscht, doch die Spuren sind gut zu sehen. Auch die Ermittlungen der Kriminalpolizei zur Brandursache in dem Gebäude auf dem Walddorfer Weg dauern an. Das sagt Thomas Knaup von der Pressestelle der Polizeidirektion Görlitz. Klar ist aber: Es ist nicht der erste schwere Brand auf dem Betriebsgelände gewesen. Bereits im März 1989 kam es zu einem Großbrand im Websaal. Daran kann sich sogar noch der heutige Wehrleiter, Lothar Hänsch, erinnern.Der Saal wurde damals so stark beschädigt, dass kein Wiederaufbau möglich war. Der Feuerwehrchef weiß außerdem noch von einem anderen Brand in der Vergangenheit. Der sei ebenfalls sehr lange her und betraf den Standort vom Werk 4 auf der Jahnstraße, die ebenfalls am Fabrikgelände entlangführt.

Am 2. Juli gab es einen Großbrand im alten Damino-Werk in Eibau. Jetzt will die Gemeinde Kottmar Fördermittel für den Abriss beantragen.
Am 2. Juli gab es einen Großbrand im alten Damino-Werk in Eibau. Jetzt will die Gemeinde Kottmar Fördermittel für den Abriss beantragen. © Christian Essler/xcitePRESS

Stundenlanger Löscheinsatz

Beim jüngsten Einsatz haben 84 Feuerwehrleute mehrere Stunden lang gegen die Flammen gekämpft. Die Kameraden aus Ebersbach-Neugersdorf halfen mit ihrer Drehleiter aus. Das Gebäude ist nur noch eine Ruine. Doch wie geht es nun weiter mit der alten Fabrik?

Dazu war zunächst die Frage des Eigentümers zu klären. Denn wem das 13 500 Quadratmeter große Gelände eigentlich gehört, war erst einmal ungewiss. Mittlerweile weiß die Gemeinde Kottmar besser bescheid: „Es handelt sich um ein sogenanntes herrenloses Grundstück“, hat Bürgermeister Michael Görke (parteilos) in Erfahrung gebracht. Eine Art Niemandsland also. Allerdings ist die Gemeinde bei solchen Grundstücken verpflichtet, sich um die Sicherheit zu kümmern. Und das tut sie jetzt auch. „Wir wollen in Kürze versuchen, über den Immobilien-Staatsbetrieb SIB in Bautzen dieses Grundstück zu erwerben“, sagt der Bürgermeister. Große Kosten verursachen darf der Erwerb allerdings nicht. Die Gemeinde will dann alle Hebel in Bewegung setzen, um nach einem Grundstückskauf die Fabrikanlage wegreißen zu lassen. Denn die alten Gebäude und das Brandhaus könnten eine Gefahr darstellen, wenn sie dem Verfall preisgegeben sind.

Warum der Brand vor wenigen Tagen ausgebrochen ist, ist derzeit noch nicht bekannt. Die Polizei äußert sich dazu wegen der laufenden Ermittlungen nicht. Es steht damit auch noch nicht fest, ob bei dem Brand im alten Werk 2 am 3. Juli ein Feuerteufel am Werk war. Oder ob die Flammen das ehemalige Verwaltungsgebäude des Betriebes aus einem anderen Grund zerstörten. Doch egal wie: Der nun folgende Abriss geht ins Geld. Allein finanzieren kann die Gemeinde einen solchen Mega-Abriss nicht.Und so soll nach Möglichkeit gesucht werden, dafür Fördermittel zu beantragen. Bürgermeister Görke setzt auf das Brachflächensanierungsprogramm des Freistaats, bei dem 90 Prozent der Gesamtkosten finanziert werden könnten. Umsetzen möchte die Gemeinde das Abrissprojekt in den nächsten drei Jahren. Nicht betroffen sein soll das Gebäude, welches die Gewichtheber für den Sport nutzen.

Wenn die Pläne so aufgehen, wird von dem Damino-Werk nicht mehr viel übrig bleiben. Bis 1991 wurde hier noch gearbeitet. Ein Jahr später wickelte die Treuhand den Eibauer Betrieb ab. Stille breitete sich aus, wo Generationen von Mitarbeitern über ein Jahrhundert lang feine Tischwäsche aus Leinen und Baumwolle, Handtücher und Bettzeug produzierten. Die Ära der Textilindustrie an diesem Standort endete nach der Wende ebenso wie an vielen anderen Textilstandorten in der Oberlausitz und der gesamten ehemaligen DDR. Dabei hatte sich das Werk 2, eins von acht Damino-Werken in der Region, weit über die Ländergrenzen hinweg einen Namen gemacht. Exportiert wurde zu DDR-Zeiten unter anderem nach Griechenland, Afrika, nach Norwegen, in die Schweiz und die ehemalige Sowjetunion. Während die Afrikaner Bekleidungsdamast bekamen, nahmen Versandhandel und Kaufhäuser in der alten Bundesrepublik vor allem Streifensatins und Tischwäsche ab.

Exporte bis nach Amerika

Vor dem Krieg exportierte der Damino-Vorläuferbetrieb auch nach Amerika und England. 1985 holte sich das Unternehmen Gastarbeiter. Sie blieben vier Jahre. Menschen aus Kuba, Mosambik, Polen und Vietnam waren eine zeitlang in der Oberlausitz zu Hause und arbeiteten im Eibauer Werk. Über diese internationalen Zusammenhänge geben die „Chronikblätter von Eibau, Neueibau und Walddorf“ aus dem Jahr 2000 Auskunft. Als Autoren über das Damino-Werk 2 werden Werner Kunack und Hans Herberg genannt. Aus ihren Texten ist beispielsweise zu erfahren, dass ab 1879 in der Langen Gasse in Walddorf zuerst eine Handweberei und Manufaktur entstanden ist. Eigentümer war Ernst Gustav Rudolph, der neben seinem Grundstück noch ein Kessel- und Maschinenhaus sowie einen Shedsaal bauen ließ. In dem befanden sich die ersten 40 Webstühle. 1936 wurde weiter angebaut. Das jetzt abgebrannte Sozialgebäude mit Küche, Speisesaal und Luftschutzkeller kam dazu. Der Betrieb hieß bis 1952 Jaquard- und Tischzeugweberei (Jati) Eibau. „Mit der Betriebskonzentration der Damast- und Inlettweberei Oberoderwitz (Damino) wurde die Jati am 1. Januar 1953 als Werk 2 eingegliedert“, heißt es in der Chronik. Hunderte Menschen aus der Region hatten hier Arbeit. Daran werden nach dem Abriss neben den Chroniken nur noch die Erinnerungen der ehemaligen Mitarbeiter erzählen.