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Ein Denkmal wird plattgemacht

Von einer alten Villa ist bald nur noch ein Schutthaufen übrig. Dabei wäre ein Abriss vielleicht gar nicht nötig gewesen.

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Von Katrin Richter

Schön war die Mitte des 19. Jahrhunderts gebaute Villa mit ihren Stahlschmiedebalkonen und den kunstvollen Bleigläsern schon immer. Auch noch, als sie leer stand. Die Villa an der Basteistraße ist Teil der von Georg Friedrich Hasse 1850 gegründeten Dampfsäge- und Hobelwerke Schandau und damit ein Stück Stadtgeschichte. Doch jetzt gehen Bagger dem altehrwürdigen Bau an die Substanz. Nur noch wenige Tage, dann verschwindet das wichtige Zeitzeugnis. Viele Bad Schandauer sind fassungslos.

Eine historische Ansicht aus der Blütezeit der Dampfsäge- und Hobelwerke Bad Schandau. Ganz links gut sichtbar steht das Kontorgebäude.Foto: Museum Bad Schandau
Eine historische Ansicht aus der Blütezeit der Dampfsäge- und Hobelwerke Bad Schandau. Ganz links gut sichtbar steht das Kontorgebäude.Foto: Museum Bad Schandau

Das Haus war als Büro- und Wohngebäude auf dem Gelände des großen Sägewerkes der Firma Hasse errichtet worden, einem Vorzeigebetrieb. Der vorausschauende Fabrikant und Gründer, Georg Friedrich Hasse, setzte schon frühzeitig eine Dampfschneidemühle ein. Bis dahin hatte man nur mit Wasserkraft geschnitten. Mit der neuen Technik machte sich Hasse zum Vorreiter in Sachsen.

Zu DDR-Zeiten bis Anfang der 1990er- Jahre war das Gelände im Eigentum der Produktionsgenossenschaft des Schneiderhandwerks. Anschließend stand das Verwaltungsgebäude leer, der berüchtigte Zahn der Zeit nagte am Gemäuer. 2008 siedelte sich schließlich am Ortseingang, kurz hinter der Elbbrücke und in unmittelbarer Nähe der Fabrikantenvilla die Lidl-Kette an. Die Villa sollte saniert werden, hieß es zunächst. Doch nun wird das historische Gebäude an der Bundesstraße 172 für zusätzliche Parkflächen abgerissen.

Nicht abreißen, sondern erhalten wollte Christoph Hasse, Betreiber des Campingplatzes Ostrauer Mühle, das einstige Vermächtnis seiner Vorfahren. 2010 habe er – Urenkel von Georg Friedrich Hasse – sich an den zuständigen Grundstücksmakler gewandt und sein Kaufinteresse bekundet. Acht bis zehn Ferienwohnungen mit Blick auf die Elbe und in direkter Nähe zum Elberadweg sollten entstehen, erklärt der Nachfahre. Doch mit dem Augusthochwasser 2010 waren seine Pläne für die insgesamt 750 Quadratmeter große Fläche und das Wohnhaus vorläufig zum Erliegen gekommen. Im Sommer 2012 bohrte Hasse beim Makler nach. Als dieser immer noch keine Bewegung in die Sache brachte, wandte sich Hasse direkt an Lidl – und glaubte nicht recht zu hören. Das Areal gehöre der Real Entwicklungsgesellschaft aus Chemnitz und einem Abriss habe der Landkreis bereits 2011 zugestimmt.

Laut Denkmalschutzbehörde des Landratsamtes besteht prinzipiell die Möglichkeit, Denkmale abzureißen. Allerdings nur mit dem Nachweis, dass ein Erhalt unzumutbar ist. Und im Falle der alten Hasse-Villa hat sich der Denkmalschutz offenbar überzeugen lassen. Ein Investitionsvolumen von 1,6 Millionen Euro war zur Rettung des Hauses veranschlagt, erklärt Hartmut Gräfe vom Denkmalreferat. Das wurde als unzumutbar gewertet. Christoph Hasse allerdings versichert, der hohe Sanierungsaufwand wäre für ihn kein Hemmnis gewesen. Die Denkmalschutzbehörde hat aber offenbar von dem potenziellen Investor und seiner Konzeption nichts gewusst.

Dem Besitzer habe man für den Abriss strenge Auflagen erteilt. Er müsse eine Fotodokumentation erstellen und Elemente der Fassade oder Türbögen fachgerecht archivieren, sagt Gräfe. Wo die eingelagert werden, darüber sei man noch im Gespräch, denn die Kreis-Denkmalschützer haben keine eigene Lagermöglichkeit.

Fakt ist: Wenn das alte Kontorgebäude erst einmal weg ist, gibt es einen wenig einladenden Blick frei – auf die Ruinen der einstigen Fasi Fahrzeugsitze GmbH.