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Ein Dorf kämpft für den Jugendclub

Weil sich eine Nachbarin wegen Lärm beschwert, ist die Existenz des Clubs gefährdet. Das wollen die Rackeler nicht hinnehmen.

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Von Kerstin Fiedler

Viele Bürger aus Rackel sind aufgebracht, fast feindselig gegenüber einer einzigen Frau, die an diesem Abend am Jugendclub in der Sandgrube Rackel zur öffentlichen Ortschaftsratssitzung anwesend ist. Friedensrichterin Luise Dutschmann spricht von Hexenjagd. Die Nachbarin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, hat den Stein ins Rollen gebracht. Sie wohnt seit 16 Jahren auf der Anhöhe neben dem Jugendclub. Der ist ihr ein Dorn im Auge. Von Jahr zu Jahr mehr. Nun will sie erreichen, dass er dort wegkommt.

Die Anwohnerin: Der Lärm ist unerträglich, die Schäden immens

Der erste Hund wurde vergiftet, der Katze das Genick gebrochen. Zweimal wurde der Familie das Tor eingefahren, mobile Klingeln abmontiert. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen, sagt die Nachbarin. Es beweisen, dass dies wirklich der Jugendclub war, kann sie nicht. „Es gibt genügend Schriftstücke in der Gemeinde, ich habe mich immer mit der Bitte um Hilfe an den Bürgermeister gewandt“, sagt sie. Auch Anzeigen bei der Polizei haben nicht geholfen. Dass sie zur Ortschaftsratssitzung so angegriffen wurde, macht sie wütend. „Der Bürgermeister hätte einschreiten müssen, denn die Beratung im Landratsamt hat nur klargestellt, welche Gesetze der Bürgermeister nicht einhält“, sagt sie der SZ am Telefon.

Das Landratsamt: Der Club liegt im Mischgebiet; Feiern nur bis 24 Uhr

Zu der Beratung im Amt, die die Nachbarin mit ihrer Anwältin forderte, waren keine Mitglieder des Jugendclubs eingeladen. Ein Schreiben vom Landratsamt im Ergebnis der Beratung sagt klar, was am Platz des Jugendclubs möglich ist. In Dorf- und Mischgebieten sind tagsüber von 22 bis 6 Uhr Lautstärken von 45 Dezibel einzuhalten. Maßgebend sind in Rackel die Häuser, die nur 50 bis 70 Meter entfernt liegen. Nach 22 Uhr dürfte dort keine „Beschallung im Freien mehr stattfinden“. Eine Ausnahme bis 24 Uhr und zehn Dezibel mehr sei möglich. Doch bei einer Technoveranstaltung, wie es die seit zwei Jahren stattfindende „Music Synthese“ ist, sei nicht davon auszugehen, dass die Werte eingehalten werden. Die Überschreitung sei den Nachbarn nicht zuzumuten. Dies sei den Jugendlichen mitzuteilen. Ein Verstoß hätte Bußgelder bis zum Verbot solcher Veranstaltungen zur Folge. Auf Nachfrage der SZ bestätigt das Landratsamt, dass es dort bisher keine Messungen der Lautstärke gab.

Die Bürger: Die jungen Leute müssen unterstützt werden, sie sollen bleiben

Vor allem ältere Bürger sind sauer über den Vorstoß der Nachbarin. „Wir müssen doch sehen, wie wir die Jugend unterstützen, sonst sind wir nur noch Rentner im Ort“, ist der Tenor. Und immer wieder wird gefragt, ob die Nachbarin nicht auch mal jung war und keine Kinder hat. Auch Baruther Bürger, die direkt hinterm Jugendclub in Baruth wohnen, sind vor Ort. „Wir haben nicht nur vier Veranstaltungen, wir haben jedes Wochenende viel Verkehr – auch gegen Morgen“, sagt einer. Und dass die Feste auf dem Dorfplatz in Baruth noch nie ein Problem für die Anwohner waren. „Sie feiern einfach mit“, sagt die Baruther Ortsvorsteherin Sylvia Michel.

Der Jugendclub: Die Vereinbarung von 2008 umgesetzt und eingehalten

Es gab bereits einmal eine Vereinbarung zwischen Jugendclub und Nachbarin. Uwe Laugwitz vom Vereinsvorstand sagt, dass sich vieles verändert hat. „Wahrscheinlich haben wir irgendwann vergessen, uns zu unterhalten“, sagt er. Doch noch mehr Kompromisse will er nicht eingehen. Die Technoveranstaltung ist eine Möglichkeit zum Geld verdienen für den Club.

Der Bürgermeister: Ruhe reinbringen und Kompromiss finden

Dass die Landwirtschaft im Sommer manchmal viel lauter ist und bei Südwind der Autobahnlärm bei 65 Dezibel liegt, interessiert die Nachbarin nicht. Nun will der Gemeinderat das Thema auf die Tagesordnung setzen. Friedrich Hesse findet, dass Anwohner mit- und nicht gegeneinander reden und feiern sollen. „Es wäre toll, einen Kompromiss zu finden“, sagt Hesse. Und Bürgermeister Matthias Seidel (CDU) gibt eins zu bedenken. „Es ist der erste Fall in der Gemeinde. Was ist, wenn das auf andere Orte auch anzuwenden ist“, fragt er.

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