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Ein Jahr nach Südafrika

Schule im Ausland, das machen viele. Ein ungewöhnliches Land dafür hat sich Bettina Walde ausgesucht.

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Von Elke Schmidt

Als sie wusste, wer ihre Gastfamilie sein wird, sei es real geworden, sagt Bettina Walde. Die hätten sie sofort ins Herz geschlossen. Obwohl sie nur übers Internet Kontakt zu ihnen aufnehmen konnte, habe ihr die Gastmutter gleich mal die Handy-nummern von etlichen Verwandten gegeben. Die solle sie unbedingt schon mal anrufen, denn diese wollen sie unbedingt kennenlernen. Durch diese Offenheit fühlt sie sich schon jetzt integriert in diese Familie, die im Westen von Johannesburg lebt und drei eigene Kinder hat.

Die Eichgrabenerin geht nach Südafrika, um dort für ein Jahr die Schule zu besuchen. Während die meisten ihrer Altersgenossen für ein Austauschjahr nach den USA oder Australien wollen, hat sie sich für dieses Land entschieden. Die 16-Jährige wollte von Anfang an dorthin. Dieses Land sei noch relativ unbekannt, sagt sie. Dort leben viele verschiedene Volksstämme und sie findet es aufregend, komplett andere Kulturen zu erleben. Sie möchte ganz normal in die Schule gehen und dadurch Land und Leute kennenlernen. Interessant sei auch, dass es sich um eine reine Mädchenschule handelt. Das kennt sie ja von hier überhaupt nicht. Mindestens genauso wichtig war ihr, dass in Südafrika auch Englisch gesprochen wird, denn so kann sie ihre Kenntnisse darin verbessern. Das wird aber nicht die einzige Sprache sein, die sie dort lernt, denn in der Schule ist die offizielle Sprache Zulu und ihre Gastfamilie spricht Tsonga.

Ganz nebenbei gefällt ihr auch, dass sie eventuelle Probleme selbstständig bewältigen und alleine klarkommen muss. Das fing schon bei der Suche nach Hilfe für ihr Projekt an. Mit einer Freundin stöberte sie im Internet und wurde fündig beim Deutschen „Youth For Understanding Komitee“ (YFU). Diese Organisation setzt sich seit über 50 Jahren für Toleranz und interkulturelle Verständigung ein und bietet Jugendlichen an, in Jugendaustauschjahren andere Kulturen intensiv zu erfahren. Bettina Walde gefiel das. Sie bewarb sich schriftlich und wurde zu einem Gespräch eingeladen. Dort erzählte sie gemeinsam mit drei anderen Bewerbern von sich und beantwortete die Fragen der Jury. Diese hatte den Eindruck, dass die Schülerin, die gerade die 10. Klasse abgeschlossen hat, den Herausforderungen eines Austauschjahres in Südafrika gut gewachsen ist, teilt Miriam Lamm, die für die Öffentlichkeitsarbeit bei YFU zuständig ist, mit. Die Gespräche sollen einen persönlichen Eindruck von jedem Schüler vermitteln und umgekehrt diesen die Möglichkeit bieten, das YFU besser kennenzulernen. Gar nicht gehe es dagegen um Wissen über einzelne Länder.

Als Bettina die Zusage bekam, freute sie sich sehr, musste aber noch etliches organisieren. Sie beantragte ein Schüler-BAföG, suchte Sponsoren und bewarb sich für ein Stipendium, um die doch recht hohen Kosten tragen zu können. Genauso wichtig war der Antrag am Christian-Weise-Gymnasium, wo sie zur Schule geht, um für ein Jahr wechseln zu können. Der wurde an die sächsische Bildungsagentur in Bautzen weitergeleitet und von dort bestätigt. Wenn sie nächstes Jahr wieder nach Hause kommt, besucht sie die 11. Klasse am deutschen Gymnasium noch mal.

Inzwischen hatte sich auch ihre Familie langsam an den Gedanken gewöhnt, dass sie so lange weg sein wird. Besonders die jüngste ihrer fünf Geschwister war anfangs nicht begeistert. Aber nun freuen sich alle für sie, sagt die Schülerin. Eine kleine Hürde war es, das Visum für Südafrika zu beantragen, denn dafür musste sie persönlich zum Konsulat nach Berlin fahren. Aber auch das klappte reibungslos. Am 21. August ist sie schließlich für zehn Monate in das fremde Land geflogen, denn so lange dauert dort ein Schuljahr.