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Ein Mann in der Frauendomäne

Marvin Bauch ist mit Leidenschaft Erzieher in einem Döbelner Kindergarten. Dort ist er längst nicht mehr der Einzige.

Von Verena Toth
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Seit fünf Jahren ist Marvin Bauch Erzieher bei den Hortkindern in der Kita „Tausendfüßler“. Insgesamt vier Männer gehören mittlerweile zum Kollegenteam.
Seit fünf Jahren ist Marvin Bauch Erzieher bei den Hortkindern in der Kita „Tausendfüßler“. Insgesamt vier Männer gehören mittlerweile zum Kollegenteam. © Dietmar Thomas

Döbeln. Für Marvin Bauch ist es der absolute Traumberuf. Kinder ein Stück ihres Lebensweges begleiten, ihnen die Welt erklären und zur Selbstständigkeit erziehen – für den 29-Jährigen stand schon immer fest, dass er in einer Kindereinrichtung arbeiten will. Der Döbelner ist seit fünf Jahren Erzieher im Hort des Döbelner Kindergartens „Tausendfüßler“ Er begleitet und betreut seitdem eine Grundschulklasse.

„Während meiner Ausbildung habe ich auch mal in einem Kinderheim gearbeitet. Doch die Arbeit mit den jüngeren Kindern hat mir einfach viel mehr Spaß gemacht“, sagt er. Draußen und drinnen spielen, bei den Hausaufgaben helfen und die Freizeit nach der Schule sinnvoll gestalten, das sind die Aufgaben, die der Erzieher tagtäglich gern erledigt.

„Eigentlich ist daran auch nichts besonderes“, sagt der junge Mann. Auch wenn der Beruf noch zumeist in Frauenhand sei, fühle er sich mit seiner Entscheidung dafür genau am richtigen Platz. „Ich habe noch nicht einen einzigen Tag bereut“, sagt er. Flapsige Bemerkungen wegen des Frauenberufs aus dem Freundes- oder Familienkreis habe er noch nie hören müssen. Im Gegenteil: „Viele meiner Freunde sind beeindruckt davon und zollen mir Respekt.“

Auf die Frage, was er im Vergleich zu seinen Kolleginnen anders oder vielleicht sogar besser macht, findet er nur ein Argument: „Da ich selbst aktiver Fußballer beim BC Hartha bin, kicke ich mit den Kindern gern und oft.“ Mittlerweile sind die Mädchen und Jungen, die er betreut, in der vierten Klasse. „Das bedeutet, dass ich zum ersten Mal eine Klasse zum Ende des Schuljahres abgeben muss“, so der Döbelner. Das werde ihm sicher schwerfallen. Doch er freue sich auch immer, wenn er die Kinder später außerhalb der Einrichtung trifft und sie sich gern an ihn erinnern.

Marvin Bauch war damals zwar der erste, ist aber mittlerweile nicht mehr der einzige männliche Kollege bei den „Tausendfüßlern“. Die Döbelner Einrichtung, in der insgesamt 260 Kinder vom Krippen- bis ins Grundschulalter betreut werden, ist der Männeranteil besonders groß. Von insgesamt 28 Kollegen sind vier Männer.

Einrichtungsleiterin Katrin Seidel freut sich über die mehrfache männliche Unterstützung in ihrem Team. „Es tut allen Beteiligten gut. Sowohl die Kinder, als auch das Kollegenteam schätzen die personelle Mischung“, sagt sie. Die kam jedoch eher zufällig zustande. Nachdem sich Marvin Bauch bei dem Träger der Einrichtung, der Stadtverwaltung Döbeln, erfolgreich für eine Stelle beworben hatte, kam später ein Auszubildender hinzu, der nach seinem Abschluss übernommen wurde. „Der dritte Mann kam zunächst über eine Personalvermittlungsagentur und arbeitete zeitweise in der Einrichtung. Später wurde er ebenso eingestellt wie der vierte Mann in unserer Runde“, berichtet die Leiterin.

„Die Männer sind manches Mal gelassener im Umgang mit den Kindern. Sie lassen die Mädchen und Jungen öfter einfach erst mal machen“, erklärt die Einrichtungsleiterin. Besonders von Vorteil sei, dass die männlichen Erzieher oft mehr Wert auf die körperliche, sportliche Betätigung legen würden.

„Zum Beispiel spielen sie mit den Kindern gern im Garten Verstecken oder auch Fußball“, so Seidel. Grundsätzlich würden sich die männlichen Pädagogen sehr gut in dem Berufsfeld schlagen, das trotzdem noch immer eine große Frauendomäne ist. „Wir haben bislang aber nur gute Erfahrungen gemacht“, sagt Katrin Seidel und meint damit auch beide Seiten. Das treffe zudem auf alle Bereiche in der Einrichtung, von der Krippe bis zum Hort zu. „Es hat auch vonseiten der Eltern noch nie Bedenken gegeben, wenn beispielsweise einer unserer Erzieher in der Krippe bei den ganz Kleinen eingesetzt wird“, sagt sie.

Dass immer mehr Männer als Erzieher in Kindertageseinrichtungen arbeiten habe sie innerhalb der vergangenen Jahre nicht nur in ihrer eigenen Einrichtung beobachten können. „Auffällig wird das besonders bei Weiterbildungen. Da sitzt eben nicht mehr nur ein einziger Mann mit uns in den Reihen“, so Katrin Seidel.

Die Anzahl der Männer in sächsischen Kindertageseinrichtungen steigt seit Jahren an. Derzeit arbeiten 2 752 Erzieher in Einrichtungen des Freistaates, damit ist der Anteil seit 2006 von 1,5 auf 7,9 Prozent gewachsen. Sachsen liegt damit über den Bundesdurchschnitt, der bei sechs Prozent liegt. 

Auch die Zahl der Männer, die sich für den Erzieher-Beruf interessieren, ist gewachsen. Während sich im Schuljahr 2006/2007 nur 157 junge Männer (von insgesamt 1 467 Fachschülern) in der Ausbildung (Vollzeitform) befanden, sind es im Schuljahr 2018/19 1 068 Männer (gesamt 5 880).

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