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Ein Mann zum Pferdestehlen

BFV-Fußballer Lukas Schreiter hat sich gerade bei Kindern sehr beliebt gemacht. Gut für seinen Berufswunsch.

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© Steffen Unger

Ingolf Reinsch

Frankenthal. Lukas Schreiter ist bei den Kindern in der Frankenthaler Kita „Pusteblume“ nicht nur beim Fußballspielen gefragt. Obwohl gerade das sein Metier ist. Vor wenigen Wochen beendete der 19-Jährige mit der ersten Männermannschaft des Bischofswerdaer Fußballvereins 08 eine sehr erfolgreiche Oberliga-Saison. Auch in der kommenden Spielzeit bleibt er beim Verein.

Auf dem Fußballrasen ist Lukas Schreiter Mittelfeldspieler. In der Frankenthaler Kita ist er – im positiven Sinn – Mädchen für alles. Er hilft den Krippenkindern aufs Töpfchen, macht sie anschließend sauber und windelt sie. Auch bei den Älteren ist Lukas, wie ihn hier alle nennen, ein gefragter Spielgefährte – nicht nur im Garten.

Letzten September kam er ins Kinderhaus. Nur noch bis zum Ende dieser Woche arbeitet er dort. Dann endet das Freiwillige Soziale Jahr, für das er sich entschieden hatte. Lukas Schreiter möchte Erzieher werden. Das eine Jahr sollte ihm helfen ,herauszufinden, ob dieser Beruf wirklich der richtige für ihn ist. Nach elf Monaten fühlt er sich bestätigt und sogar motivierter als zuvor: „Genau das ist es, was ich einmal machen möchte.“ Er wünsche sich einen Beruf, „bei dem ich jeden Tag Spaß an der Arbeit habe“, sagt er.

Der Fußball und ein Zufall

Dass Lukas Schreiter, der aus der Nähe von Chemnitz stammt, im Frankenthaler Kindergarten arbeitet, ist in allererster Linie dem Fußball, ein wenig auch dem Zufall zu verdanken. Er besuchte in Chemnitz das Sportgymnasium, machte dort im vergangenen Jahr sein Abi und trainierte all die Jahre beim Chemnitzer FC, spielte dort zuletzt in der U-19-Mannschaft. Nach der Schule suchte er einen neuen Klub, der ihn sportlich weiterbringt. Sein Wunsch war und ist es, „so hoch wie möglich zu spielen“. Aus mehreren Optionen entschied er sich für den BFV 08. „Trainer, Team und Bedingungen passen“, begründet er seine Wahl. Der Verein stellt ihm in Bischofswerda eine kleine Wohnung zur Verfügung.

Parallel schaute sich Lukas Schreiter im vergangenen Sommer nach einer Arbeit um. Er recherchierte im Internet unter den Stichworten „Bischofswerda“ und „Freiwilliges Soziales Jahr“ und fand ein Angebot der Arbeiterwohlfahrt, die für ihr Kinderhaus in Frankenthal eine Stelle angeboten hat. Er bewarb sich und wurde genommen.

Er begann am 1. September und startete voll durch. Auch, weil er keine Berührungsängste gegenüber Kindern kannte. Er hat vier Schwestern. Zwei sind älter, zwei jünger als er. Um die jüngeren hatte er sich oft gekümmert. Warum soll das, was in der Familie klappte, nicht auch mit fremden Kindern gehen?, sagte er sich. „Ich wurde vom ersten Tag an in das Team voll einbezogen. Anfangs habe ich in den Kindergartengruppen, später auch in der Krippe mitgearbeitet“, berichtet Lukas Schreiter. Er spielt und bastelt mit den Kindern, bereitet Projekte mit vor, hält nach dem Mittagessen die Schlafwache, geht mit den Kleinen spazieren und betreut sie im Garten.

In den Beruf reinschnuppern

In der Frankenthaler Tagesstätte ist Lukas Schreiter der zweite Mann, der ein Freiwilligenjahr absolviert. Fürs neue Jahr ist die Stelle noch frei. Man möchte sie ab dem 1. September gern wieder besetzen, sagt Kita-Leiterin Sabine Jung. Zum einen, um jungen Leuten die Möglichkeit zu geben, in den Beruf reinzuschnuppern. Zum anderen ist der FSJler für das Erzieherinnenteam „eine Riesenhilfe“, wie die Leiterin sagt. Fünf Frauen betreuen 51 Mädchen und Jungen vom Krippen- bis zum Vorschulalter. Eine Erzieherin ist momentan im Baby-Urlaub.

„Wir suchen keinen Hausmeister und keine Küchenhilfe, sondern jemanden, der Lust hat, mit Kindern zu arbeiten und mit uns gemeinsam den Kita-Alltag zu beleben“, sagt Sabine Jung. Bewerben können sich sowohl junge Frauen als auch Männer im Alter zwischen 16 und 26 Jahren. Sie arbeiten 40 Stunden in der Woche und bekommen für das Freiwilligenjahr ein „Taschengeld“ – bei der Awo sind es 357 Euro im Monat.

Mit Beginn des neuen Schuljahres am 8. August wird Lukas Schreiter in Bautzen eine Ausbildung zum Sozialassistenten aufnehmen. Dem schließt sich die dreijährige Ausbildung zum Erzieher an. Für ihn der „Plan A“. Doch im Hinterkopf hat der ehrgeizige junge Mann auch einen „Plan B“. Der sieht eine Karriere als Fußballer vor – wenn sich ihm denn diese Chance bieten sollte. Der 19-Jährige ist aber Realist genug, um sein Hauptaugenmerk erst einmal auf die Ausbildung zum Erzieher zu legen. „Es gibt viele Spieler, die besser sind als ich und die es auch nicht in den Profi-Fußball schaffen“, sagt er.