SZ +
Merken

Ein Seekind aus Kamenz

Die Malhexe fühlt sich mit der Ostsee verbunden. Das zeigt sie in ihrem Atelier. Verändert hat sich hier einiges.

Teilen
Folgen
NEU!
© Ina Förster

Von Ina Förster

Das alte Haus nimmt immer mehr Formen an. Birgit Modlers Formen aus Fantasie, Farbe und Herzenswärme. Ihr Fingerabdruck ist überall. Dabei gehört der Kamenzer Künstlerin das sanierungsbedürftige Gebäude an der Zwingerstraße 1 noch gar nicht. „Leider. Doch ich hoffe, dass sich meine Träume irgendwann erfüllen. Und nicht erst, wenn ich uralt bin“, schmunzelt sie. Dass sie hier ihr Atelier eingerichtet hat, ist ein Glücksfall für die Kamenzer Altstadt. Ihre Ausstellungen, Malkurse, Angebote und Kinderprojekte beleben die City. Nachhaltig mittlerweile.

Nach vorübergehenden Problemen mit dem Atelier fasste sie neuen Mut und renovierte den Laden 2015 kurzerhand. Ungeklärte Eigentumsverhältnisse hatten ihr lange zu schaffen gemacht. Doch mittlerweile gab es einige Gespräche mit den Erben. „Ich habe die Hoffnung, auf längere Zeit dableiben zu können. Im besten Fall gehört das Häuschen bald mir“, sagt sie. Dieses alte Haus und sie – das gehört irgendwie zusammen. So zumindest fühlt sie es jeden Tag beim Betreten der Räume. „Es ist etwas Besonderes in diesem Haus. Ich kann es nicht beschreiben, aber es ist immer wie heimkommen“, sagt sie. Ihre Kunstwerke stehen zwischen morschen Treppen und uralten Holtüren, man schlängelt sich vorbei an abgehacktem Putz, frei gelegten Mauern und kargen Fußböden. Der alte Backofen aus früheren Zeiten, als es hier noch eine Bäckerei gab, dient mittlerweile der Kunst. Später möchte die Künstlerin hier unbedingt ein kleines Café unterbringen. „So etwas braucht die Stadt doch“, ist sie überzeugt. Touristen verirren sich mittlerweile oft in ihr Atelier. Und loben sie. Schließt man die Augen, so kann man sich ein derartiges Projekt bestens vorstellen. Selbst das Außengelände, welches an den Parkplatz der Arztpraxen von Familie Fiedler grenzt, ist in den letzten Monaten gewachsen. Auch dank ihrer Eltern, die sie unterstützen, wo sie nur können. Romantische Urigkeit macht sich mitten in der Stadt breit. Alles lebt von den kräftigen Farben, die die Künstlerin gern und überall einsetzt. Türkis ist ihr Markenzeichen. Untersetzt mit Blau- und Weißtönen. Dazwischen schmuggeln kräftige Mohnblüten Rot in die Betrachtungsachse.

Künstlerin stammt aus Mecklenburg

Ihre meist großflächigen Arbeiten der letzten drei Jahre stehen auf hölzernen Podesten. Ihr Mann Steffen hat die passenden Staffeleien und Accessoires dazugeliefert: ein altes Steuerrad, Strickleitern, maritime und rustikale Accessoires, die sich schön einfügen. „Seekind“ heißt ihre erste Atelierausstellung. Das kommt nicht von ungefähr. Birgit Modler stammt aus Mecklenburg, verbrachte ihre ersten Lebensjahre dort. Später zogen ihre Eltern nach Kamenz zurück, weil der Vater von hier war. „Ich wurde leider nicht gefragt“, sagt die Künstlerin. „Wir fuhren jedes Jahr zweimal zur Oma. Jetzt ist Oma viele Jahre tot und ich muss trotzdem so oft wie möglich hoch, um Kraft zu tanken. Und auch damit ich hier weitermachen kann. Wenn ich meinen Mann nicht hätte, wäre ich bestimmt schon längst wieder oben“, sagt sie. Die komplette Verwandtschaft wohnt zwischen Neubrandenburg und Kühlungsborn. „Wobei meine persönliche Schatzinsel Rügen ist!“

Kein Wunder also, dass die Malerin viele ihrer Gefühle in stürmische Wellen und aufbrausende See umsetzt. Das gefällt vor allem der Kundschaft. Immer wieder hat Birgit Modler Begegnungen mit Menschen, die sie berühren. Ein Besucher kaufte beispielsweise spontan ein relativ großes Bild von der Ostsee mit kleinem Fischerboot und Strandaufgang. Im Gespräch erfuhr sie, dass das Bild bald in Lübeck hängen wird. „Bei so etwas kommen mir dann die Tränen und ich sage mir: Hier ist doch Magie im Spiel!“

Freitags besuchen sie übrigens die Malkinder, deren Bilder man auch in der aktuellen Ausstellung sehen kann. Zudem fährt die Malhexe weiterhin in Kitas, um den Kindern die Kunst nahe zu bringen. Auch Kindergeburtstag kann man hier im Haus feiern. Und die Ideenkiste ist noch lange nicht geleert.