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Ein Theaterstück macht Mut

In Freital lernen Kinder, wie sie sich vor Missbrauch schützen – spielerisch. Doch die Realität ist ernst.

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Von Nane Krüger

Es wird viel gelacht, getuschelt und manchmal reingerufen. Es sind Gespräche über Gefühle und wie man diese ausdrückt. Dazu spielt Musik, verschiedene Geschichten werden erzählt. Zwischendurch wird es aber auch sehr bedrückend, sowohl für die 220 Kinder als auch für die Erwachsenen aus der gesamten Weißeritzregion, die am Mittwochvormittag im Stadtkulturhaus Freital das Theaterstück „Trau dich!“ gesehen haben.

Die Initiative rund um die Aufführung dieses Stücks will Kinder behutsam an das Thema der sexuellen Gewalt heranführen, aufklären und für mögliche Situationen wappnen. Immer wieder wechseln die vier Schauspieler ihre Rolle. Mal ist es Paula, mal ist es Vladimir. Alle erleben Situationen, in denen sie sich nicht wohlfühlen und berichten davon.

Die Zuschauer sind zwischen acht und zwölf Jahre alt. Ihnen sollen Grenzen aufgezeigt werden, die Erwachsene nicht überschreiten dürfen. Ihre Rechte sollen ihnen bewusst und das Selbstvertrauen gestärkt werden, um sich Anderen anzuvertrauen, sollten Menschen diese Grenzen überschreiten.

Keine Scheu vor dem Thema

Was sich falsch anfühlt, ist auch falsch und muss nicht geduldet werden. Die Kinder wurden bereits vor der Aufführung mit einbezogen und von den Schauspielern befragt, wie sie sich fühlen, wie sie ihre Gefühle zeigen. Im Stück selbst waren sie aktiv an den Lösungsvorschlägen beteiligt, zeigten keine Scheu, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Es ist eine Aktion zur Prävention, aber auch ein Kampf gegen die Dunkelziffer. Immer noch werden viele Fälle von sexuellen Übergriffen auf Kinder nicht zur Anzeige gebracht. Einerseits aufgrund von Scham der Opfer, zum anderen aufgrund von Unsicherheiten der Erwachsenen. „Im Schnitt muss ein Kind sieben Erwachsenen von einem Missbrauch erzählen, bis einer von ihnen diesen zur Anzeige bringt“, sagt Antje Wunsch-Baumann von der AWO des Weißeritzkreises.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele Eltern wissen die Erzählungen ihrer Kinder nicht einzuordnen oder sind überfordert und ängstlich. Vor allem, wenn der Täter aus dem engen Bekanntenkreis oder gar familiären Umfeld kommt. Die Hemmschwelle, den Vorwürfen nachzugehen, ist dort häufig höher. „Wir müssen die Öffentlichkeit weiterhin für dieses Thema sensibilisieren, auch in den Schulen muss das geschehen“, fordert Christina Koch von der Sächsischen Bildungsagentur.

Ein wichtiger Kooperationspartner der Initiative ist die „Nummer gegen Kummer“, bei der Kinder und Eltern sich anonym beraten lassen können. „Diese niedrigschwellige Hilfe ist wichtig. Aufgrund der Anonymität könnten sich viele der Anrufer eher öffnen und oft zum ersten Mal über die Vorfälle berichten,“ erklärt David Hillig vom Deutschen Kinderschutzbund.

Angebote auch für Erwachsene

Die Initiative „Trau dich!“ wurde vom Familienministerium und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ins Leben gerufen. Im März 2013 wurde das Stück uraufgeführt und in den folgenden Monaten in Schleswig-Holstein gezeigt. Seit November werden nun die neun Spielorte in Sachsen bereist, so wie jetzt Freital.

Der nächste Termin ist in Pirna am 3. Juli im Hanno. Neben dem Theaterstück werden auch Elternabende sowie Fortbildungskurse für Fachkräfte an Schulen angeboten, damit die Erwachsenen – sollten sich Kinder an sie wenden – darauf vorbereitet sind. Auch gibt es eine Vor- und Nachbereitung in den Schulen.