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Ein vergessenes Baudenkmal verkommt

Der Bruder von Willy Sitte gestaltete die alte Langenhennersdorfer Berufsschule. Das macht sie besonders. Leer steht sie trotzdem seit sechs Jahren.

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Von Heike Sabel

Die ehemalige Langenhennersdorfer Berufsschule ist auf den ersten Blick kein besonders schönes Gebäude. Und doch ist sie ein kulturhistorisches Denkmal. Zu verdanken hat sie das DDR-Künstler Rudolf Sitte, dem Bruder von Willi Sitte. Von Sitte stammt der Schmuck an dem von Fachleuten als architektonisch bedeutsam eingeschätzten Haus. Es sind plastische Ornamentreihen mit Motiven aus der Landwirtschaft. Für die Landwirtschaft wurden von 1957 bis 1990 hier in Langenhennersdorf Lehrlinge ausgebildet.

Der Eingangsbereich macht die alte Berufsschule Langenhennersdorf zum kulturhistorischen Denkmal. Die Ornamente an der 1957 gebauten Schule stammen von Willi Sittes Bruder Rudolf Sitte. Das schmucke Portal hat der Schule nicht geholfen, der Eingang wächst
Der Eingangsbereich macht die alte Berufsschule Langenhennersdorf zum kulturhistorischen Denkmal. Die Ornamente an der 1957 gebauten Schule stammen von Willi Sittes Bruder Rudolf Sitte. Das schmucke Portal hat der Schule nicht geholfen, der Eingang wächst

Seit 2007 steht das Gebäude leer. Ein Abriss ist für den Landkreis keine Option, er dürfte wegen des Denkmalschutzes auch schwer werden. Der Abbau des Dekors und seine Aufbewahrung an einem anderen Ort ist für die Denkmalschützer immer nur die letzte Möglichkeit des Erhaltes. Diese Auskunft hatte Ortschronistin Marlies Wolf im vergangenen Jahr vom Landesamt für Denkmalschutz erhalten. Unter kulturhistorischen Schutz wurde das Gebäude schon 2006 gestellt. Es gilt als eines der wenigen baulichen Zeugnisse in der Region, die aus der frühen DDR-Zeit weitgehend unverändert erhalten sind. Damit ist die alte Landwirtschaftsschule eine Seltenheit.

Als sie den Schutzstatus erhielt, stand die Schule kurz vor ihrem 50. Geburtstag, der jedoch aufgrund der nahenden Schließung nicht mehr gefeiert wurde. Anders 1957, als sie eröffnet wurde.

Zu Schule gehörte auch ein Internat mit 120 Betten. Für Lehrer, Ausbilder und Erzieher wurden zwei Häuser mit zehn Wohnungen gebaut, die sich in unmittelbarer Nähe befanden. Bis 1990 wurde in Langenhennersdorf der Nachwuchs für die landwirtschaftlichen Betriebe ausgebildet. Damit war bereits 1951 begonnen worden. Damals wurde noch im Gasthof und Rittergut gelernt und gelebt.

Ideen scheitern bisher an Lage

Die Berufsschule prägte 50 Jahre lang bis 2007 das Langenhennersdorfer Leben. Als die Schule zum Ende des Ausbildungsjahres 2006/07 geschlossen wurde, war dies das Ende eines langsamen Sterbens. Bereits ab 1990 war Schluss mit der klassischen Lehrausbildung. Es wurden noch überbetrieblich die Lehrlinge aus den abgewickelten landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften weiter betreut.

1998 ein Hoffnungsschimmer: Das Pirnaer Berufsschulzentrum für Wirtschaft übernahm Langenhennersdorf als Außenstelle. Wohn-, Sanitär- und Lehrräume werden modernisiert. 2007 waren die Schülerzahlen jedoch so gesunken, dass es das Aus für Langenhennersdorf bedeutete. Im gleichen Jahr beendete die Agrargenossenschaft die Rinderhaltung.

Auf der Suche nach Nutzungen für das markante Gebäude gab es die Idee, ein Seniorenheim einzurichten, doch es fehlte eine Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Auch die Situation der ärztlichen Versorgung sieht Bad Gottleuba-Berggießhübels Bürgermeister Thomas Mutze (parteilos) kritisch. Er ist realistisch: Weil die finanziellen Möglichkeiten des Landkreises begrenzt sind, wird es wohl noch eine Weile beim Dornröschenschlaf bleiben. Der Landkreis prüfe zwar derzeit alle Vermarktungsmöglichkeiten. Doch welche, sagt er nicht. Und ein greifbares Ergebnis liegt bisher nicht vor. Nach wie vor hat der Kreis als Eigentümer für den Erhalt des Gebäudes zu sorgen.

„Die Schule hätte etwas anderes verdient“, sagt Chronistin Marlies Wolf. „Die Schule war eine der letzten Einrichtungen, die den Ort belebte.“ Nun bleibt Marlies Wolf nur, die Geschichte zu bewahren.