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Eine Festschrift zum Jubiläum

Seit 150 Jahren arbeitet die Diakonie in der Oberlausitz. Betreut werden längst nicht nur ältere und kranke Menschen.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Die Situation ist durchaus vergleichbar: Vor 150 Jahren litten die Menschen auch in der Oberlausitz an den Folgen der Industrialisierung. Handwerker und kleine Textilproduzenten verloren ihre Arbeit, Not und Elend griffen um sich. Zwar kann heute von materieller Not nicht unmittelbar die Rede sein. Doch auch heute fordert unter anderem die digitale Revolution ihre Opfer. Zerstörte Familien, Suchtgefahr, Heimatlosigkeit sind einige der Folgen des Strukturwandels der letzten Jahre. Damals wie heute ist die Gesellschaft aufgefordert, sich der Opfer anzunehmen.

Mitte des 19. Jahrhunderts gründete sich die Innere Mission, als ein Versuch, den Auswüchsen der modernen Zeit mit den Mitteln der Moderne zu begegnen. Zwei Männern ist es zu verdanken, dass der Gedanke, Bedürftigen Hilfe zu leisten, auch in der Oberlausitz Fuß fassen konnte: Pfarrer Friedrich Heinrich Immisch aus Göda und dem Adligen Egon Heinrich Gustav von Schönberg-Bibran. Der Oberlausitzer Provinzialverein der Inneren Mission, aus dem die heutige Diakonie hervorgegangen ist, wurde am 26. August 1867 gegründet.

Die Diakonie Bautzen feiert das Jubiläum in diesem Jahr mit verschiedenen Veranstaltungen. Zum Auftakt wurde dank der Hilfe ortsansässiger Unternehmen eine kostenfreie Festschrift herausgegeben, zu der Pfarrer Jan Mahling eine Darstellung der geschichtlichen Hintergründe beigesteuert hat. So führt er unter anderem als erste Aktivitäten der Inneren Mission die Gründung von sogenannten Rettungshäusern in Oppach und Göda an, wo gestrauchelten oder elternlosen Kindern unter anderem der Schulbesuch und das Aufwachsen unter geordneten Verhältnissen ermöglicht wurde.

1887 wurde das Marthastift in Bautzen gegründet, eine Weiterbildungsschule mit Internat für Mädchen. Das Gebäude diente nach 1945 als Altersheim und ist seit 2002 eine Wohnanlage für Senioren. Nach der Wende wurde der Verein Diakonisches Werk gegründet und nahm seine Tätigkeit mit einer Sozialstation und ersten Beratungsdiensten auf. Heute sind im Diakonischen Werk Bautzen 270 hauptamtliche und 200 ehrenamtliche Mitarbeiter tätig.

Neben dem Betreuten Wohnen im Marthastift werden durch die Diakonie Altenpflegeheime in Bautzen, Bischofswerda und Weißenberg sowie eine christliche Kita in Bischofswerda geführt. Außerdem gibt es eine Sozialstation und eine Tagespflege in Bautzen. Angeboten werden zudem vielfältige Beratungen, die Telefonseelsorge, die Demenzhilfe sowie der ambulante Hospizdienst.

Pfarrer Jan Mahling ist sehr froh, dass Friedrich Heinrich Immisch mit der Namensgebung für das Altenpflegeheim „Haus Immisch“ im Allendeviertel ein bleibendes Denkmal gesetzt wurde. Dass das Anliegen der Inneren Mission über 150 Jahre getragen hat, führt er auch darauf zurück, dass bereits damals nach Antworten gesucht wurde, die nachhaltig sind. Man habe sich den Herausforderungen der jeweiligen Zeit gestellt. Deshalb ist Pfarrer Mahling zuversichtlich, was die Zukunft der Diakonie betrifft. Um sich den heutigen Verhältnissen zu stellen, wurde zum Beispiel auf das Flüchtlingsproblem mit der Schaffung der Stelle eines Flüchtlingskoordinators für die Oberlausitz reagiert, der demnächst seine Arbeit aufnehmen soll und sich unter anderem um die Belange von zum Christentum konvertierten Asylsuchenden kümmern soll, denen die Abschiebung in ihre Heimatländer droht.