SZ + Radebeul
Merken

Elbland ist Glühweinmeile

Nirgendwo in Sachsen wird so dicht beieinander so viel vom heißen Adventsgetränk hergestellt, zumal vom Winzer.

Von Peter Redlich
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das älteste sächsische Glühweinrezept stammt von Wackerbarth. Was heute daraus gemacht wird, zeigt Weinküferin Anna Eichhorn.
Das älteste sächsische Glühweinrezept stammt von Wackerbarth. Was heute daraus gemacht wird, zeigt Weinküferin Anna Eichhorn. © Norbert Millauer

Elbland. Jeder, fast jeder Winzer hat seinen Glühwein. Viele kaufen den Wein, etwa in der Pfalz, und geben ihre Gewürze hinzu. Einige nehmen auch den eigenen Wein. Allein auf den Weihnachtsmärkten in Meißen, Kötzschenbroda, Weinböhla, Coswig und Riesa zeugen die Buden mit der Aufschrift Winzerglühwein davon. 

Besonders dicht ist die Zahl der Hersteller in Meißen und Radebeul – von der Winzergenossenschaft, Martin Schwarz, Tim Strasser bis Friedrich Aust, den Drei Herren und Frédéric Fourré. Die Besucher probieren es durch und die SZ hat einige der Hersteller besucht und versucht, ihnen ihre Besonderheiten zu entlocken.

Haus Steinbach: Jeden Tag frisch angerührt und nur einmal erhitzt

Lutz Gerhardt auf seinem Weingut Haus Steinbach an der Bennostraße in Radebeul schwört darauf: Jeden Tag den Glühweinsud neu ansetzen. Nelken und Zimt wie überall sowieso, aber auch Sternanis, Ingwer, Thymian, Rosmarin, Wacholder und eine Spur Fenchel – all das gehört zur nächtlichen Mischung.

„Ich koche eine Charge für 300 Liter“, sagt Winzer Gerhardt. Die wird dann zu seiner Frau Marlene Schäller zum Glühweinstand auf dem Dresdner Striezelmarkt gebracht und macht den Wein – vor allem Weißburgunder und Müller-Thurgau vom eigenen Radebeuler Gut – zum richtig würzigen Glühwein. Handarbeit, die auch kostet. 4 Euro kostet die Tasse in der Bude, über der „Spicy friends“ steht, eben die würzigen Freunde, angerührt in Radebeul-Oberlößnitz.

Hoflößnitz: Alles Bio, auch der zugekaufte Wein aus der Pfalz

Nur von zertifizierten Winzern, die nach Bio-Regeln den Wein herstellen, kaufen wir den Grundwein für den Hoflößnitz-Glühwein ein, betont Jörg Hahn, Geschäftsführer des Radebeuler Stadtweingutes. Müller-Thurgau und Scheurebe aus der Pflalz ist das, den die Hoflößnitzer in ihrer Bude auf dem Striezelmarkt, in Altkötzschenbroda und vielen anderen Orten ausschenken. 3,50 Euro die Tasse, 8,50 Euro die Literflasche, wenn man sie im Radebeuler Weingut kauft.

Der Hoflößnitz-Glühwein solle betont frisch mit dezenter Vanille-Note schmecken. Zucker werde nicht zugesetzt, den Zuckergehalt bekommt der Glühwein durch Traubensaft. Zur Gewürzmischung selbst, die nach Vorgaben von Kellermeister Felix Hößelbarth und Jörg Hahn entsteht, soll nicht viel verraten werden. Hahn: „Nur so viel, vier Leute überprüfen jedes Jahr den Geschmack des Glühweins. Und erst wenn alle zufrieden sind, kommt er in die Flaschen und auf den Markt.“

Torsten Sell in der Coswiger Kelterei prüft den frischen Apfelpunsch.
Torsten Sell in der Coswiger Kelterei prüft den frischen Apfelpunsch. © Norbert Millauer
Lutz Gerhardt rührt die Würzmischung selbst an.
Lutz Gerhardt rührt die Würzmischung selbst an. © Norbert Millauer
Bio-Glühwein von der Hoflößnitz.
Bio-Glühwein von der Hoflößnitz. © Hoflößnitz Radebeul

Schloss Wackerbarth: Nach dem verfeinerten Rezept des Raugrafen

Auf Schloss Wackerbarth wird schon lange Glühwein hergestellt, oder zumindest so etwas, wie es einst dem Raugrafen Wackerbarth schon schmeckte. Vor mehr als 180 Jahren notierte er hier vor Ort das „älteste bekannte Glühweinrezept Deutschlands“. Für sein historisches Getränk vermählte er unter anderem Safran, Anis und Granatapfel mit weißem Wein und erwärmte diesen dann.

Wiederentdeckt wurde sein Rezept Ende 2013 von Referatsleiter Nils Brübach im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden. „Für Wackerbarths Weiß & Heiß haben wir das historische Rezept des Raugrafen behutsam an den heutigen Geschmack angepasst“, sagt Wackerbarth-Sprecher Martin Junge.

Die Grundlage ist eine Cuvée aus sächsischen Weinbergen und Weißweintrauben der Rebsorten Müller-Thurgau, Grau- und Weißburgunder, Solaris und Riesling sowie Traubensaft und fein würzende Zutaten. Bei Wackerbarth im Keller zusammengestellt und in der Obstkelterei Kurt Heide in Siebenlehn abgefüllt. In 17 Städten wird das Wackerbarth-Adventsgetränk inzwischen angeboten. Wer im Markt die 0,75-Literflasche kauft, zahlt dort 8,90 Euro.

Weinkelterei Sell: Alles selbst gepresst und in Coswig gewürzt

Bei Familie Sell wird wirklich alles in der Süßmost- und Weinkelterei am Coswiger Steinbacher Weg selbst hergestellt. Der Apfel-Zimt-Punsch entsteht aus gepressten Äpfeln, deren Saft dann zu Wein gekeltert wird. „Die Gewürze kaufe ich alle einzeln aus dem Spreewald ein. Eine Gewürzmischung aus Sirup, wie es andere tun, kommt bei mir nicht rein“, sagt Geschäftsführer Torsten Sell.

Die Kelterei gibt es seit 1954 in Familienhand. Als Lohnmosterei kennen viele den Betrieb, die hier ihre Äpfel und Birnen abgeben. Glühwein wird hier generell aus Obst gemacht. Nicht nur vom Apfel in Weiß, auch roten gibt es und solchen von Heidelbeeren. Ab Juli ist schon Produktionsbeginn für den Grundwein. Ende Oktober kommen die Gewürze dazu. Ab Ende November wird abgefüllt und ausgeliefert.

Sells liefern vor allem an Getränkehändler in der Umgebung, abgefüllt in Kanister für die Weihnachtsmärkte oder auch in Flaschen zu 0,7 Liter. Wer im Steinbacher Weg einkauft, bekommt die Flasche für 1,30 Euro, plus Pfand.

Winzergenossenschaft: Die Gewürze für Roten und Weißen werden gemahlen

Logisch, auch die Winzergenossenschaft Meißen hat ihren eigenen Glühwein. Kein zugekaufter Grundwein, sondern der eigene von vielen Winzern aus dem Elbland, sagt Geschäftsführer Lutz Krüger.

Hergestellt wird der Glühwein der Winzergenossenschaft übrigens beim Radebeuler Winzer Thomas Teubert. Die Gewürze wie Zimt, Anis, Nelke werden gemahlen. Deshalb hat der Wein auch eine leichte Trübung, verrät Winzer Teubert. In Literflaschen kostet das Adventsgetränk dann 7,90 Euro. Verkauft wird der Glühwein in der Vinothek in Meißen und auch auf dem Weihnachtsmarkt. Allerdings, in der Vinothek ist der Jahrgang 2019 schon ausverkauft.