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Erfolgreich auf Sand gebaut

Die Ohorner Firma Schab ist seit 70 Jahren im Geschäft. Und der Chef hat immer neue Ideen.

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© René Plaul

Von Reiner Hanke

Ohorn. Eine Flotte sowjetischer Limousinen der Marke Wolga zeigt ein vergilbtes Foto an der Wand. Aus DDR-Zeiten, als es nicht so leicht war, ein Taxi zu bekommen. Inzwischen gehört die Taxisparte in der Ohorner Firma Schab nur noch zur Geschichte. Und die reicht jetzt 70 Jahre zurück. Es ist sogar ein Doppeljubiläum. Denn vor einem Viertel Jahrhundert übernahm der heutige Chef, Andreas Schab das Geschäft. Das hatte bis dahin Großvater Karl noch im hohen Alter geführt.

Mit dem Kugelschaufler wurde früher der Sand gefördert. In der Mitte Andreas Schab, links Firmengründer Karl Schab.
Mit dem Kugelschaufler wurde früher der Sand gefördert. In der Mitte Andreas Schab, links Firmengründer Karl Schab. © privat
Die Wolgaflotte war zu DDR-Zeiten im Taxibetrieb unterwegs. Kurz nach der politischen Wende stellte die Firma den Taxibetrieb ein.
Die Wolgaflotte war zu DDR-Zeiten im Taxibetrieb unterwegs. Kurz nach der politischen Wende stellte die Firma den Taxibetrieb ein. © privat

Der Taxibetrieb war jahrelang ein wichtiges Standbein. „Auch meine Eltern sind mit Karl Schab zur Hochzeit gefahren“, erinnert sich Kathrin Schab. Da war noch nicht daran zu denken, dass die Tochter mal den Enkel heiraten wird. Jetzt schmeißt sie die gesamte Büroarbeit, kümmert sich um die Buchhaltung und steigt selbst auf den Radlader, wenn eine Fuhre Sand gebraucht wird. Vor 18 Jahren gab sie dafür ihren Job als Zahnarzthelferin auf. Damals löste sie Andreas Schabs Tante im Büro ab. Die betagte Dame ging in den Ruhestand. Daran ist für den 57-jährigen Chef noch lange nicht zu denken. Er hat unterdessen seinen Multicar mit einem Schottergemisch beladen.

Der Häuslebau brummt

Die Fuhre kommt auf den Schwedenstein. Dort baut der Wirt eine Terrasse. Mit den feuerroten MAN 15- Tonnern wäre gar kein Rankommen an die Baustelle. Die schwere Technik ist ohnehin unterwegs. Eine MAN zum Beispiel mit Splitt zu den Privat-Kunden in der Region. Die Zinsen sind niedrig, der Häuslebau brummt. Gute Zeiten für die Ohorner Firma mit ihren sechs Mitarbeitern. Das war nicht immer so, in der Geschichte gab es auch harte Zeiten. Nach der politischen Wende zum Beispiel: „Da brach die Arbeit erst einmal weg. Die Leute hielten ihr Geld zusammen, niemand wusste so richtig, wie’s weitergeht“, sagt Andreas Schab. Etwa ein Jahr standen die Laster auf dem Hof. Damals schlief auch der Taxibetrieb ein: „Die letzte Fahrt war am Tag vor der Währungsunion im Juni 1990. Mit der Wende gab es auf dem Land kaum noch Bedarf. „Wir haben uns auf den Fuhrbetrieb konzentriert.“

Start mit einem Lanz Bulldog

Wie der Großvater am Anfang. 1947 startete Karl Schab mit einem Traktor der Marke Lanz Bulldog, etwas Landwirtschaft und natürlich der Sandgrube ins Geschäftsleben. Nach dem Krieg war viel zu bauen. Bis zu Kunden nach Pirna rollte der Lanz mit Anhänger. Drei Tage war der Großvater manchmal unterwegs. Schon auf dem Weg nahm die Ladung oft ab. Da wurde getauscht was das Zeug hielt: „Die Familie brauchte ja Brot und andere Sachen zum Leben.“ 1972 wurden Schabs enteignet. Die Sandgrube war damit weg. Der Fuhrbetrieb mit Taxi blieb immerhin. Andreas Schab: „1990 haben wir die Rückübertragung der Grube beantragt.“ Das sei eine schreckliche Bürokratie gewesen. „Ich habe dann sofort wieder angefangen. Die Grube war total verwildert und zugewachsen.“

Andreas Schab ist bis heute froh, dass er im positiven Sinn auf Sand gebaut hat und den Angeboten westdeutscher Bauunternehmen widerstand, die hinter der Grube her waren. Die Sandgrube ist bis heute die Lebensgrundlage der Familie: „Ich habe zum Glück alles richtig gemacht“, sagt Andreas Schab. Er hätte wohl auch ein Stück von sich selbst verkauft. Denn in der Grube steckt Herzblut. Jeder, der mit dem Chef eine Runde durch das Gelände fährt, merkt es sofort. Die Zufahrtsstraßen sind gepflegt. An der Schranke bewacht ein hübsch geschnitzter Waldgeist den Eingang. Genauso auf der anderen Seite Richtung Pulsnitz. Dort entsteht gerade ein kleiner Rastplatz. 20 Hektar Wald mit der Grube mittendrin gehören dem Unternehmer. Einen Teil hat Andreas Schab verfüllt. Dort entsteht jetzt ein neuer Wald.

Immer wieder ein Auf und Ab

Es gab immer wieder ein Auf und Ab in der Firmengeschichte. Nach der Jahrhundertwende, erinnert sich Kathrin Schab, kam wieder ein Tal. Sie habe manche schlaflose Nacht durchlebt. Damals ließ der Bauboom nach, Dumpingpreise machten der Bauwirtschaft zu schaffen. Ein Erfolgsrezept sei es gewesen, immer sparsam zu wirtschaften und fest zusammenzuhalten – die Mitarbeiter ebenso, sagt Kathrin Schab. Einer der Fahrer feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Betriebsjubiläum und sitzt im neusten Laster auf dem Bock.

Zwei neue MAN-Kipper hat Andreas Schab derzeit auf den Straßen der Region im Einsatz, die Baustoffe und Erde zu den Kunden bringen. Dazu ein Mercedes. Zu DDR-Zeiten waren es schwere Laster der Marke LIAZ aus der Tschechoslowakei. Damals noch in den Firmenfarben blau-weiß. Nach der Wende startet Schab mit LIAZ- und tschechischen Tatra-Lastern, dann schon in der neuen roten Firmenfarbe. Sie sind auch im Winter nicht zu übersehen, wenn sie mit Schneeschieber für freie Straßen sorgen. „Andreas hat immer neue Ideen“, sagt seine Frau, sonst gebe es das Unternehmen wohl nicht mehr. „Er kennt keinen Feierabend und drei Tage Ostseeurlaub im Jahr müssen reichen.“ Demnächst will Andreas Schab eine neue Halle für den Maschinenpark bauen. Dazu gehören auch historische Fahrzeuge. Nur ein Wolga ist nicht mit dabei.