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Erneut stürzt ein Haus ein

Es gleicht einem Wunder, dass niemand erschlagen worden ist. Die Bauaufsicht hatte das Gebäude schon im Visier.

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Von Mario Heinke

Als Jens Küpping das Geräusch hört, bekommt er es mit der Angst zu tun . Erst ist es ein Grummeln, dann wird es immer lauter, zehn Sekunden lang, dann kracht es gewaltig, erzählt der 46-Jährige. Der Verkäufer flüchtet aus dem Laden in die Werkstatt. Küpping arbeitet bei Elektro-Richert und hat am Dienstag gegen 16.30 Uhr den Einsturz des Nebenhauses in der Inneren Weberstraße 37 hautnah miterlebt. „Das war heftig“, sagt er. Als er die Rauchschwaden aus dem Hof ziehen sah, sei ihm klar gewesen, was passiert ist. Wenige Minuten vorher hatte Küpping seinen Kollegen, der noch im Hof gearbeitet hatte, zu einem Außentermin geschickt. Dieser Zufall hat dem Kollegen vielleicht das Leben gerettet.

Von der Rückseite her bietet das Gebäude, oder das, was davon übrig ist, ein Bild der Verwüstung. „Ich bin dankbar, dass niemand erschlagen wurde“, sagt Frau Richert nachdenklich. Ihr Mann Gerhard hat sich seit dem dramatischen Einsturz noch nicht auf den Hof getraut, weil er sich sicher ist, dass dort noch mehr herunter kommt. Richert ist mitten in der Sanierung seines Hauses in der Nummer 33. Eine Steintrennmaschine, Baumaterial, Baugerüste und Sandsteinbänke sind nun unter dem Schutt des Nebenhauses begraben. Einige Fensterscheiben und Fensterbänke sind ebenfalls zu Bruch gegangen.

Andreas Langammer wohnt in der 33 und beobachtet von seiner Dachterrasse aus den Verfall des maroden Nebengebäudes schon seit längerer Zeit. Vor 14 Tagen ist das Dach eingestürzt, erzählt Langammer. Daraufhin habe er die Bauaufsicht der Stadt informiert. Das bestätigte die Stadt auf Anfrage. „Am 5. Juni fand deshalb mit dem Eigentümer, der Bauaufsicht und der Stadtentwicklungsgesellschaft ein Vor-Ort-Termin statt, in dem über das weitere Vorgehen beraten wurde“, erklärt Ines Hirt von der Stadt. Bereits seit zwei Jahren bemühe sich die Stadt gemeinsam mit dem Eigentümer um die Sanierung des Gebäudes. Dazu ist ein Modellprojekt entwickelt worden, das mit Mitteln des Denkmalschutzes und weiteren Fördermitteln unterstützt werden soll. Die Förderzusage liege bereits vor. Der Stadtrat habe dem Projekt zugestimmt, so Hirt.

Die Innere Weberstraße zwischen Innerer Oybiner Straße und Poststraße ist wegen des Gebäudeeinsturzes nun auf unbestimmte Dauer voll gesperrt, erklärte die Stadtverwaltung. Der Eigentümer des barocken Wohn- und Geschäftshauses aus dem 18. Jahrhunderts ist Bauunternehmer Hagen Wilke aus Olbersdorf. Er wollte sich gegenüber der Sächsischen Zeitung nicht zu dem Vorfall äußern, hat jedoch gegenüber der Stadt erklärt, sofort mit dem Abriss zu beginnen.

Immer wieder kommt es in Zittau zum Einsturz historischer Bausubstanz. Erst am Sonntag ist am Mandauer Berg ein Dachstuhl nach dem Starkregen in sich zusammengefallen. Weil das Haus wegen Sanierungsarbeiten bereits eingerüstet ist, kam es auch hier zu keinen Personenschäden. 2009 sind mehrere Häuser in der Böhmischen Straße und zwei Gebäude in der Brunnenstraße eingestürzt. Rund 50 leeren Innenstadthäusern droht ein ähnliches Schicksal, das geht aus einer 2010 gefertigten Übersicht der Stadt hervor.