Von Uta Büttner
Diesbar-Seußlitz. Die Winzer in Diesbar-Seußlitz laden am Sonnabend zu ganz besonderen Wanderungen durch die Weinberge ein – auf einem Wanderweg, „den es so noch nie gegeben hat und den es auch nie mehr geben wird“, kündigt der Vorsitzende der Weinbaugemeinschaft Diesbar-Seußlitz Steffen Mühle an. „Die wunderschöne Kulturlandschaft soll gezeigt werden. Und die harte Arbeit, die zum Erhalt der Weinberge und zur Pflege bis hin zur Ernte nötig ist“, ergänzt der Hobby-Winzer.

Seit diesem Jahr hat der 43-Jährige das Amt des Vorsitzenden inne und wird von drei weiteren Vorstandsmitgliedern unterstützt. Gemeinsam mit den Mitgliedern planen die Winzer aus Diesbar-Seußlitz nun schon seit Monaten das Jubiläumswochenende anlässlich des 80-jährigen Bestehens der Weinbaugemeinschaft. Höhepunkt sollen die Wanderungen sein.
Dafür öffnen auch private Winzer wie der Bahrmannsche Weinberg ihre Pforten, wo die Wiege des Pfropfrebenanbaus in Sachsen liegt. Gudrun Reichardt wird Einblicke in die Geschichte des Weinbergs geben und die Besonderheiten des Terrassenweinbaus erklären. Und Gunter Ulrich führt vor, wie die typischen Trockenmauern gebaut werden.
Ein weiterer Höhepunkt ist der elektrische Lastenzug beim Weinbau Tittes in Nieschütz. Diesen erbaute Eberhard Tittes selbst, wie er den Gästen am Sonnabend berichten wird. Außerdem hat er viel über die Arbeit und die Schwierigkeiten des Weinanbaus in Steillage zu erzählen.
Start der Tour ist am Sonnabend um 10 Uhr auf der Heinrichsburg Diesbar-Seußlitz. Das ist der Sitz der Weinbaugemeinschaft seit sechs Jahren. Das Gartenhaus an der Forststraße nahe des Seußlitzer Schlosses gehört der Gemeinde Nünchritz. „Wir sind sehr froh, dass wir es nutzen dürfen“, sagt der Vorsitzende.
Da die Tour keine geführte Wanderung ist, können Langschläfer auch später starten. Besucher erhalten einen Handzettel mit Informationen zur Route. „Etwa vier Stunden bei gemütlichem Laufen und Aufhalten muss man einplanen“, sagt Steffen Mühle. Natürlich müssen nicht alle Stationen abgelaufen werden. Wer nicht gut zu Fuß ist oder keine Lust zum Wandern hat, der kann sich auch mit dem Bus chauffieren lassen.
Die Weinbaugemeinschaft hat derzeit 63 Mitglieder. Das jüngste ist 35 Jahre, das älteste Mitte 80. Vor der Wende waren es sogar 150 Mitglieder. „Nachwuchs zu finden, ist schwer“, sagt Steffen Mühle. „Deshalb sind wir froh, wenn wir auch jüngere Mitglieder für den Weinbau gewinnen können. Wobei ... Begeistern klappt noch ziemlich häufig“, sagt Steffen Mühle. Die romantische Landschaft und der Ausblick vom Weinberg seien einzigartig. Aber wenn die Leute dann hören, wie viel Arbeit das Betreiben eines Weinbergs bedeutet, ließe die Begeisterung ganz schnell nach.
„Unser Ziel ist die Erhaltung der einmaligen Kulturlandschaft in Sachsen“, sagt Mühle zum Ziel der Weinbaugemeinschaft. Doch es gehöre eine Menge Idealismus dazu, einen Weinberg zu betreiben. Und davon leben, könne man nicht: „Es ist nur ein Hobby“, sagt Steffen Mühle, der seinen Unterhalt als Schornsteinfeger verdient. Deshalb sei es auch schwierig, alle Termine und Veranstaltungen als Vorsitzender wahrzunehmen.
Für die Zukunft der Weinbaugemeinschaft meint Steffen Mühle: „Wir müssen über den Tellerrand hinausschauen. Uns etwas Neues einfallen lassen, um das Interesse der Leute aufrechtzuerhalten.“ Viele trinken gern Wein, finden auch die Gegend schön. „Für Wein lesen können wir sie auch noch gewinnen. Aber sobald sie merken, dass die Hände dabei auch dreckig werden, haben sie keine Lust mehr auf Weinanbau.“
Doch bald müssen Lösungen gefunden werden, wie die Weinberge – gerade auch die in Steillage – erhalten werden können. Viele Winzer haben schon ein hohes Alter erreicht, und die Weinberge befinden sich meist hinter den Wohnhäusern. „Wenn niemand die Weinberge übernimmt, könnten sie irgendwann verwildern und das letzte Stück Kulturlandschaft Sachsens dieser Art würde verschwinden.
Am Sonnabend wird die deshalb noch einmal bewusst in den Mittelpunkt gerückt – zusammen mit einem Gläschen Wein aus Diesbar-Seußlitz, der an vielen Orten ausgeschenkt wird. Gewandert werden kann offiziell bis 18 Uhr, „aber natürlich werfen wir die Gäste nicht hinaus“, betont Steffen Mühle.
Anlässlich des 80-jährigen Bestehens der Weinbaugemeinschaft kann am Sonnabend, 13. August, zwischen 10 und 18 Uhr weingewandert werden. Am Sonntag, 14. August, gibt es ab 10 Uhr einen Winzerfrühschoppen auf der Heinrichsburg.