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Fachsimpeln über Stufen und Kultur

Treppenbauer Steffen Thierbach lädt internationale Kollegen nach Görlitz ein und öffnet die Werkstatt zu einer Bilderschau für alle.

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© Nikolai Schmidt

Von Matthias Klaus

Görlitz. Was macht eine gute Treppe aus? Steffen Thierbach muss nicht lange überlegen. „Es muss Spaß machen, auf ihr hoch und runter zu laufen. Es soll keine Mühsal sein, sie zu benutzen“, schildert er. Und natürlich ist eine Treppe ein verbindendes Element, sagt der Tischlermeister. Da klingt ein wenig der Architekt durch. Kein Wunder, hat Steffen Thierbach doch ein entsprechendes Studium absolviert, nach einer Lehre als Feinmechaniker und vor seiner Karriere als Tischler. „Der Letztere ist mein dritter Beruf“, schmunzelt Steffen Thierbach.

Eigentlich hat er wenig Zeit, aus der Vergangenheit zu plauschen. Aber der Meister nimmt sie sich dann doch. Treppen sind sein Element – seit 1991. Steffen Thierbach hat sich darauf spezialisiert und gehört einem Freundeskreis von Treppenbauern an. Die treffen sich an diesem Wochenende zum zweiten Mal in Görlitz, eine Jubiläumszusammenkunft, insgesamt ist es die 20. Die Treppenbauer kommen aus ganz Deutschland, aus Österreich, der Schweiz, einer aus Liechtenstein. Steffen Thierbach kam zum Freundeskreis, weil er sich nach der Wende in Oberkochen in Baden-Württemberg weitergebildet hat. „Der Experte dort hat ein paar Namen aufgeschrieben. Leute, die besonders an dem Thema Treppe interessiert waren, sich etwas enthusiastischer gezeigt haben“, erzählt er. Um die 15 Personen sind es, mal mehr, mal weniger. Rundum wird abwechselnd zum Treppenbauertreffen eingeladen, nach 2005 ist nun wieder Görlitz dran. „Gut ist es, dass unsere Standorte räumlich weit auseinander liegen. Es gibt keine Konkurrenz “, sagt Steffen Thierbach. Deshalb gebe es nichts zu verbergen, keine Geheimnisse, keine Schublade bleibe zu. „Am Ende profitieren wir doch alle von dem Treffen“, sagt der Tischlermeister.

Treppen, dass er sich überhaupt darauf spezialisiert hatte, mehr oder weniger ist es den historischen Umständen geschuldet. Die Tischlerei war eins Teil des Bestattungsunternehmens Ullrich. Die Tradition reicht bis ins Jahr 1893 zurück. Nach 1949 kam es zur Trennung: Bestatter und Tischlerei. Damit sollte die Verstaatlichung umgangen werden. Nach den gesellschaftlichen Veränderungen wurde die Sargtischlerei aber schnell zur Nebensache. „Sogar die Särge mussten aus dem Westen kommen“, erinnert sich Steffen Thierbach. Billigprodukte kamen, machten Konkurrenz. Steffen Thierbach entdeckte die Treppen und fand mit ihnen eine Nische. Vor allem seine Vorbildung als Architekt half. „Treppen sind räumlich, man kann kreativ sein“, sagt der Meister. Sehr schnell habe er sich entschieden, vor allem Designertreppen herzustellen, nichts für den Massenmarkt. Das Konzept ging auf. Heute arbeiten sechs Leute in seiner Werkstatt, inklusive Lehrling. 2013 bekam Steffen Thierbach eine Auszeichnung des „Sachsennetzwerkes 50plus“, weil er einen über 50-Jährigen einstellte. Moderne Technik gehört für den Tischlermeister genauso zum täglichen Betrieb wie die traditionelle Handwerksarbeit. Steffen Thierbach schwört auf seine computergesteuerte Holzbearbeitungsmaschine. Seit 2001 werkelt die in der Halle. „Ohne sie ginge es nicht“, sagt er. Der Wert der CNC-Technik: „In etwa ein Einfamilienhaus.“

Am Wochenende werden sich seine internationalen Gäste dieses technische Wunderwerk genauso anschauen wie Bilder des Werbeexperten Michael Völker, Sohn des bekannten Malers und Grafikers Karl-Heinz Völker. Der hatte unter anderem die Keramikwand in der ehemaligen Schwimmhalle geschaffen. Michael Völker stellt direkt in der Werkstatt aus, allerdings nur zwei Tage lang. „Vernissage am Sonnabend, Finissage am Sonntag“, lacht Steffen Thierbach. Er hatte Michael Völker während der Meister-Ausbildung kennengelernt, beide belegten fachübergreifende Lehrgänge. Ja, sagt Steffen Thierbach, die Werke sind schon etwas abstrakt, aber bunt und fröhlich. „Der Humor soll bei unserem Treffen schließlich auch nicht zu kurz kommen“, sagt Steffen Thierbach. „Phantasieland“ nennt sich die Schau, und sie ist öffentlich, Eintritt frei.

Steffen Thierbach freut sich derweil schon auf die Zusammenkunft mit seinen Kollegen. „Es wird natürlich nicht nur gefachsimpelt“, sagt er. Die Treppenexperten sollen auch die Region kennenlernen, von der Kulturinsel Einsiedel über die Görlitzer Altstadt bis zum Zittauer Gebirge.

De Ausstellung am Ziegeleiweg 9 wird am Sonnabend, 19 Uhr eröffnet und ist dann auch am Sonntag von 10 bis 15 Uhr geöffnet.