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Falsch gehängt, falsch erklärt, falsch genannt

Der Fahnenstreit in Görlitz zieht Kreise. Oberlausitz-Fans und Niederschlesien-Anhänger stehen sich gegenüber. Unversöhnlich.

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Von Susanne Sodan

Fußballtrainer Fred Wonneberger will den NFV Gelb-Weiß Görlitz nicht umbenennen. Warum überhaupt diese Frage? Ein Leserbrief hat sie aufgeworfen. Der Verein zeigt zwar das Niederschlesische Wappen, nämlich Weiß-Gelb. Aber der Name dazu – NFV Gelb-Weiß – ist genau genommen nicht ganz korrekt. Die Farben müssten eigentlich andersherum genannt werden. „Wir tragen diesen Namen schon lange und es hat sich noch nie jemand beschwert“, so Fred Wonneberger. „Eine Umbenennung schließe ich aus“, sagt er und lacht. „Das ist das geringste unserer Probleme.“

Falsch herum gehängt, falsch benannt, falsch erklärt – es ist schon ein Kreuz mit den Fahnen und Farben und Wappen in Görlitz, so das Fazit von Wolfgang Schubert. Während der EM zum Beispiel habe er immer wieder Deutschlandfahnen gesehen, die falsch herum aus den Fenstern hingen. „Kein Wunder, dass wir nicht Europameister wurden“, schreibt er. Dabei herrscht bei den Thema Flaggen in Görlitz ohnehin schon Uneinigkeit. Auf der einen Seite stehen die Verfechter von Weiß-Gelb für Niederschlesien, auf der anderen Seite die Freunde von Blau-Gelb für die Oberlausitz. Zwei Leserbriefe spiegeln zwei Meinungen wider.

„Auch ich bin gebürtiger Niederschlesier, habe aber was dagegen, diese Fahne hier als offizielle Fahne zu zeigen“, schreibt Wolfgang Schubert. „Im privaten Bereich kann diese im Garten oder auf dem Grundstück von ehemaligen Niederschlesiern wehen.“ Er plädiert dagegen für das Oberlausitzer Blau-Gelb. „Wann zeigt endlich auch Görlitz die Fahne der Oberlausitz und beteiligt sich am Oberlausitztag am 21. August?“, fragt Schubert.

Wahrscheinlich nie. Denn wenn es um die offizielle Beflaggung der Stadt Görlitz geht, ist Blau-Gelb ohnehin aus dem Rennen. Weil es eine Beflaggungsordnung für die Stadt gibt. Und die sagt: Die Regelbeflaggung sind die Bundes- und Landesflagge. Die sind an festgesetzten Tagen im Jahr zu hissen. Zusätzlich können die Europaflagge und die Flagge Niederschlesiens gehisst werden. Höchstens wäre also noch Weiß-Gelb im Spiel.

Und dafür plädiert Jürgen Wenske in seinem Leserbrief. Gerade am 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, solle Weiß-Gelb vor dem Rathaus gehisst werden. „Das wäre ein würdiges Gedenken dieser Opfer“, so Wenske. „Das gilt gleichermaßen auch für die alljährliche Beflaggung am 17. Juni und am 20. Juli.“ Auch zumindest an diesen Tagen solle das Rathaus Flagge zeigen – die Flagge Niederschlesiens. OB Siegfried Deinege hat zu dem Thema derzeit nicht nur zwei, sondern noch viel mehr Briefe auf dem Tisch. Nicht nur Jürgen Wenske, sondern auch ein Dresdner hatte sich an den Oberbürgermeister gewandt – gleich mit einer Briefaktion.

Ihre historische Berechtigung haben übrigens beide Fahnen, die niederschlesische und die Oberlausitzer, erklärt Stadthistoriker Ernst Kretzschmar. Er macht ebenfalls einen Vorschlag: „Man sollte die Kirche im Dorf lassen. Das sollte jeder so halten, wie er möchte“, sagt er. „Wichtiger wäre, dass alle zusammenhalten.“