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Familie macht Meißner glücklich

In der Meckerstadt und dem Umland sind die Menschen zufriedener als vermutet.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Am 3. Oktober ist es soweit. An diesem Tag erwarten Anne (26) und Marcus Schmalfuß (30) ihr erstes Kind. Ein richtiger kleiner Meißner wird es werden. Beide Eltern stammen aus der Porzellanstadt, wohnen in der Porzellanstadt und sind hier glücklich. Sie stehen damit exemplarisch für rund 350 Bürger aus Meißen, Klipphausen, Nossen, Lommatzsch, Niederau, Diera-Zehren und Käbschütztal, die jetzt an einer SZ-Umfrage zum Thema Glück teilgenommen haben. Das Ergebnis widerspricht dem oft strapazierten Bild von Meißen als Sammelbecken aller Unzufriedenen. Ganz im Gegenteil, die Menschen hier scheinen glücklicher zu sein als im Rest von Sachsen – vor allem dank intakter Familien.

Eltern und Kinder leben nah beieinander, oft in einem Haus.

Mit einem Mittelwert von 7,8 zeigen sich die Meißner und ihre Nachbarn deutlich zufriedener mit ihrem Familienleben als der Rest der rund 12 700 Sachsen, die bei der SZ-Glücksumfrage insgesamt mitgemacht haben. Der durchschnittliche Mittelwert aus ihren Angaben beträgt 7,5. Antworten waren möglich auf einer Skala von 1 bis 10. Alle Werte über 7 stehen damit für ein großes Gefühl der Zufriedenheit.

Ein Grund für dieses gute Abschneiden könnte sein, dass die Familien in der Region durch den Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft offenbar nicht so weit auseinandergerissen wurden, wie dies in anderen Gegenden des Freistaats der Fall war. So gaben sachsenweit 33,4 Prozent aller Befragten an, dass mindestens ein Elternteil weniger als 100 Kilometer entfernt vom Wohnort lebt. Im Meißner Raum können dagegen 45,2 Prozent bei Problemen auf die Hilfe von Mutter oder Vater in weniger als 100 Kilometern Entfernung zurückgreifen. In 13,2 Prozent der Haushalte leben die beiden Generationen sogar in einem Haus zusammen. Damit liegt Meißen erneut einen Prozentpunkt höher als der Durchschnitt.

Wie wichtig ein gutes Familienleben fürs Glücksgefühl ist, zeigen zusätzlich die Kommentare, welche zusammen mit den Fragebögen an die SZ übermittelt wurden. „Kümmern um Familienangehörige ist wichtig“, heißt es dort zum Beispiel. Eine Oma hält fest, sie mache es glücklich, „dass alle Enkel und Urenkel gesund sind und alle einer Arbeit nachgehen, von der man leben kann“.

Im Widerspruch zu dem Bild von weitgehend intakten familiären Netzwerken zwischen Nossen und Niederau stehen die Angaben zum Punkt Einsamkeit in den SZ-Bögen. Die Frage lautete: Wie häufig fühlen Sie sich einsam? Knapp 35 Prozent der Befragten antworteten mit „nie“. Im Sachsendurchschnitt waren es jedoch mehr als 37 Prozent. Nach Erkenntnissen der Glücksforschung gehört Einsamkeit, zusammen mit Gesundheit und dem Einkommen zu den wichtigsten Faktoren für den Grad der Zufriedenheit eines Menschen.

Praxen und Arzttermine gibt es zu wenig, fit fühlt man sich trotzdem.

Mit einem Mittelwert von 6,8 trägt die Fitness im Meißner Land ganz kräftig zum Glücksgefühl seiner Bewohner bei. Das trifft allerdings nur auf das individuelle Wohlbefinden zu. Relativ negativ äußerten sich die Teilnehmer an der SZ-Glücksumfrage dagegen über Umfang und Tiefe des Netzes an Arztpraxen in der Region. Verglichen mit den Dresdnern und Radebeulern stellten sie vor allem der Hausarztdichte deutlich schlechtere Noten aus. Das gleiche trifft zu auf die Vergabe von Terminen und das Spektrum an Fachärzten. Bestätigt wird damit einmal mehr die von Patientenverbänden und Politikern häufig angesprochene Schere zwischen Stadt und Land im Gesundheitswesen. Die Kritik erstreckt sich nicht auf die Qualität der medizinischen Behandlung in den Praxen vor Ort. Im Gegenteil, hier rangieren die Meißner Antworten mit einem Mittelwert von 3,6 auf einer Skala bis 5 leicht über dem Durchschnitt aller SZ-Antworten.

Schöne Wohnung, heiße Liebe und fester Schlaf steigern das Wohlbefinden

„Zu Hause in Meißen“ heißt eine aktuell laufende Aktion, mit der die Stadtentwicklungsgesellschaft Seeg zusammen mit Stadtwerken, VGM und weiteren Partnern in Dresden wirbt. Den Mietern und Hausbesitzern zwischen Niederau und Nossen müssen die Vorzüge ihrer Heimat jedoch nicht mehr angepriesen werden. Sie äußern sich deutlich zufriedener über ihre Wohnsituation als der Durchschnittssachse, und auch als die Dresdner, Riesaer und Großenhainer. Lediglich die Umfrage-Teilnehmer aus dem Raum Radebeul haben mit ihren Antworten das Meißner Ergebnis übertroffen. Aus hiesiger Sicht erfreulich fallen noch zwei weitere Bereiche aus: Sowohl mit ihrem Liebesleben als auch mit ihrem Schlaf sind die 350 Umfrage-Teilnehmer überdurchschnittlich zufrieden .

Vereinssportler, Kinderbetreuer, Altenhelfer zehren vom Ehrenamt

Rund 27 Prozent der Meißner und ihrer Nachbarn schöpfen ihr Glück aus dem Einsatz für Andere. Zusammengefasst in dieser Rubrik sind die vielen Stunden, die der E-Jugend-Trainer auf dem Fußballplatz verbringt, die Organisationsarbeit des Meißner Gewerbevereins für das Weinfest und viele ehrenamtliche Tätigkeiten mehr. Dass sie ein Ehrenamt ausüben, gaben sogar knapp 41 Prozent der Bewohner der Region an – immerhin zwei Prozent mehr als im sächsischen Durchschnitt.

›› Alle Analysen und Ergebnisse fassen wir in unserem Glücks-Spezial zusammen