Von Ingo Kramer
Die Begegnungen sind herzlich in der Apothekergasse hinter dem Görlitzer Rathaus. „Hallo Adam, schön geworden, Dein Haus“, lobt Hartmut Wilke, der Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, der zufällig gerade vorbeikommt. „Danke, Hartmut, wie geht es Dir?“, entgegnet Adam Cebula.


Der 47-Jährige ist gerade dabei, das schmale Haus Apothekergasse 4 als Einfamilienhaus für sich zu sanieren. Im Görlitzer Rathaus aber ist er schon viel länger bekannt: Von 2004 bis 2008 war er der Stadtarchitekt von Zgorzelec. Damals erstellte er unter anderem die Konzepte für die Neubebauung des polnischen Postplatzes direkt an der Altstadtbrücke sowie für die Neißevorstadt als Ganzes. „In dieser Zeit habe ich auch sehr eng mit der Görlitzer Stadtplanung zusammengearbeitet“, erklärt Cebula, der fließend deutsch spricht.
In die Farbgestaltung des Postplatzes zum Beispiel war der damalige Görlitzer Stadtbildpfleger Peter Mitsching einbezogen. Als Rafal Gronicz Zgorzelecer Bürgermeister wurde, blieb Cebula nicht mehr lange Stadtarchitekt. Die beiden Männer hatten unterschiedliche Ansichten von Stadtentwicklung. „Da bin ich wieder in die Selbstständigkeit als Architekt zurückgekehrt“, sagt Cebula. So ist er heute nicht mehr in die Postplatzgestaltung involviert – und weiß auch nicht, warum es dort nicht vorangeht.
„Görlitz ist meine Lieblingsstadt“
Seine damaligen Kontakte ins Görlitzer Rathaus helfen ihm jetzt jedoch bei seiner privaten Sanierung in der Apothekergasse: „Allein schon das Beantragen von Genehmigungen ist in Deutschland nicht einfach, da war es natürlich gut, die Ansprechpartner im Bauamt und beim Denkmalschutz zu kennen“, so Cebula. Auf der Suche nach einem Einfamilienhaus ist der aus Bogatynia stammende und seit 1996 in Zgorzelec lebende Architekt schon lange. Vor Jahren hat er sich für ein Haus in der Bautzener Straße interessiert, aber das stellte sich als zu teuer heraus. Doch warum Görlitz und nicht Zgorzelec? „Görlitz ist meine Lieblingsstadt“, sagt Cebula – und seine Augen beginnen zu leuchten. Zgorzelec gefalle ihm längst nicht so gut. Dort gehörte ihm sogar ein Grundstück, auf das er ein Eigenheim hätte bauen können. Doch er wollte nicht. Jetzt hat er es verkauft, um sich seinen Traum in Görlitz erfüllen zu können.
Das frühere Handwerkerhaus Apothekergasse 4 stand im Oktober 2012 zur Zwangsversteigerung. Cebula schaute sich das Haus vor dem Termin an, war von Lage, Größe und Zustand angetan – und setzte sich schließlich gegen einen Mitbewerber durch. „Das Haus war gesichert, es gab nur wenig Hausschwamm“, erinnert er sich. Was er damals allerdings nicht ahnte, war die frühere Bemalung der barocken Fassade. Erst bei späteren Befunduntersuchungen stellte sich heraus, dass die im Barock sehr populären Akanthus-Blätter hier ebenso vorhanden waren wie große, orangefarbene Flächen und Marmorierungen. „Anhand der Befunde haben wir versucht, die Fassade wiederherzustellen“, sagt Cebula.
Das hat 57 000 Euro gekostet – ohne Fenster und Türen. „Ohne Fördermittel wäre es nicht möglich gewesen, das so zu restaurieren“, sagt der Bauherr. Vergleichsweise preiswert ist der Rest der Sanierung: Cebula rechnet mit Kosten von 150 000 Euro.
Er hat das Jahr 2013 mit Vorbereitungen für die Sanierung verbracht: Mit Baudokumentation, Aufmaßarbeiten, Statik, Genehmigungen und Fördermöglichkeiten. Voriges Jahr war Baustart mit Abbrucharbeiten, Sicherung, aber auch neuem Dach und Fenstern. Statt der außen an der Fassade sitzenden gründerzeitlichen Fenster ist Adam Cebula zu den nach innen versetzten barocken Fenstern nach historischem Vorbild zurückgekehrt.
Dieses Jahr folgte nun schließlich die Fassade, die Ende Juli fertig geworden ist – bis auf das Erdgeschoss. „Das soll dieses Jahr auch noch werden, eventuell sogar schon inklusive Tür“, sagt der Besitzer, der im Parterre sein Architekturbüro unterbringen möchte. Und dazu eventuell eine kleine Ausstellung von dem, was er seine „Schätze“ nennt: Dinge, die er in dem Haus gefunden hat, etwa alte Nägel sowie Steckdosen aus Porzellan.
Doch bevor es so weit ist, muss das Haus erst einmal innen saniert werden. Das soll im nächsten Jahr passieren: „Spätestens Weihnachten 2016 will ich einziehen.“ Jede Etage bietet rund 50 Quadratmeter Fläche. Im ersten Stock plant er Wohnzimmer und Küche, im zweiten Schlaf- und Kinderzimmer. Dazu erhalten beide Etagen Balkone nach hinten. Einen richtigen Hof oder Garten gibt es nämlich nicht.
Wendeltreppe aus der Barockzeit
Eines ist Cebula bei der Sanierung besonders wichtig: Er will behutsam vorgehen, nichts Historisches zerstören, sondern erhalten, was möglich ist. „Innen saniere ich das Haus von oben nach unten“, sagt er. Ganz oben im Dachgeschoss bleiben die Ziegelwände sichtbar. Sie werden gereinigt, kaputte Ziegel durch gut erhaltene, alte Ziegel ersetzt, jede Fuge erneuert. Auch beim Dachstuhl hat er all jene Balken, die noch verwendbar waren, gereinigt und von alten Nägeln befreit. Was völlig hinüber war, ist durch neues Holz ersetzt worden.
Auch die hölzerne Wendeltreppe, die vom Dachgeschoss nach unten führt, restauriert er. „Die stammt aus der Barockzeit“, sagt der Architekt. In den beiden anderen Stockwerken existieren noch die Schwarzküchen. Auch sie bleiben erhalten – und werden zu Bad beziehungsweise Toilette.
Wenn Cebula nächstes Jahr nach Görlitz zieht, beginnt für ihn wohl auch beruflich ein neuer Abschnitt. Seit 2008 ist er wieder als Architekt in Zgorzelec selbstständig. Mit dem Umzug will er wahrscheinlich auch seinen Firmensitz nach Deutschland verlegen. „Im Moment warte ich auf meine Steuernummer“, sagt er. Die guten Kontakte ins hiesige Rathaus werden ihm also auch künftig noch nützlich sein.