SZ + Hoyerswerda
Merken

Findlinge aus der Elster-Kaltzeit

Freunde der Mineralogie und Geologie Ostsachsen halten den Lehrpfad am Silbersee bei Lohsa-Friedersdorf in Ordnung.

Von Andreas Kirschke
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Arbeitseinsatz: mit dabei waren Reinhard Melcher aus Litschen, Jürgen Müller und Marlene Schmidt aus Bautzen sowie Wilfrid Sauer aus Lohsa (von links nach rechts ins Bild gesetzt).
Arbeitseinsatz: mit dabei waren Reinhard Melcher aus Litschen, Jürgen Müller und Marlene Schmidt aus Bautzen sowie Wilfrid Sauer aus Lohsa (von links nach rechts ins Bild gesetzt). © Foto: Andreas Kirschke

Lohsa. Tüchtige Hände regten sich jüngst auf dem Geologischen Lehrpfad am Silbersee bei Lohsa-Friedersdorf: Sie befreiten die dort „ausgestellten“ Findlinge von Bewuchs. Mit dem Kärcher, also einem Hochdruckreinigerwasserstrahl, säuberten die Mineralogen/Geologen die Steine intensiv und sorgfältig. Unrat und Müll verschwanden vom Weg, ebenso die in ihn hinein wachsenden Zweige. „Wir wollen den Lehrpfad bewahren. Er soll bekannter und populärer werden. Denn er ist einmalig in Europa. Nirgendwo sonst gibt es so eine Vielfalt von 110 Findlingen aus der Elster-Kaltzeit vor 400.000 bis 320.000 Jahren“, unterstrich Organisator Wilfrid Sauer, 1965 bis 2016 Vorsitzender der Bezirksgruppe Ostsachsen der Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie.

Jahr für Jahr halten die Mitglieder mit ihrem Arbeitseinsatz den Lehrpfad in Ordnung. 1982 entstand er auf ihre Initiative hin mit Unterstützung vieler Partner. Auf 800 Metern führt er heute von der Gaststätte „Waldschenke am Silbersee“ durch die Bungalow-Siedlung bis hin zur Bushaltestelle Friedersdorf. Dort liegt auch der mit über 40 Tonnen Masse größte Findling des gesamten Lehrpfades.

Unter Sand und Kies verborgen

„Den Arbeitseinsatz leisten wir für die Gemeinde Lohsa und für die Besucher. Sie sollen nicht nur zum Baden herkommen“, erklärte Wilfrid Sauer das Anliegen dieser „Subbotniks“. Denn „... auf dem Lehrpfad erfahren sie viel Wissenswertes über die Eiszeit.“ Damals zog sich das Gletschereis mit rund 1.000 Metern Stärke über die Gegend. Es formte und prägte die Landschaft. Der Lehrpfad erinnert heute daran. Die meisten der 110 Findlinge wurden im Tagebau Lohsa (Baufeld V) des früheren Braunkohlenwerks BKW Glückauf Knappenrode geborgen. Es sind Findlinge aus der Elster-Kaltzeit, die von 25 bis 30 Meter dicken Sand- und Kies-Schichten überdeckt waren. Einige der Findlinge stammen aus dem Tagebau Welzow. Die Steine des Lehrpfades wurden meist an einer Stelle angeschliffen und poliert. So können die Besucher heute Struktur und Farbe des Gesteins erkennen, können das Material ästhetisch nachempfinden. „Einige Exemplare sind hervorragende Windschliffe, an anderen kann man sehr gut Gletscherschrammen und Fossilien erkennen“, verdeutlichte Wilfrid Sauer. Aus Skandinavien und vom Grund der Ostsee stammen die meisten Findlinge. Es sind „Zeitzeugen“ aus Granit, Porphyr, Gneis und anderen Gesteins-Arten.„Wird der Lehrpfad nicht gepflegt, wird ihn keiner mehr ansehen. Für uns ist der Erhalt ein Bildungsauftrag“, verdeutlicht Frank Sauer, heutiger Vorsitzender der Bezirksgruppe, den Hintergrund dieser Einsätze.

Freude und Verantwortung motivierten Mitglied Reinhard Melcher aus Litschen für den Einsatz. Seit früher Kindheit sammelt er leidenschaftlich Minerale und Gesteine. „Der Lehrpfad gehört zur Region. Er gehört zu unserer Geschichte“, meinte der Litschener. „Für mich ist es Verantwortung, mich mit für den Erhalt einzusetzen.“

Wie er packten am vergangenen Freitag am Lehrpfad auch Marlene Schmidt und Jürgen Müller aus Bautzen fleißig mit zu. Am Lehrpfad begeistert sie die Vielfalt und Gestaltung der Findlinge. Herzenssache war der Arbeitseinsatz für die beiden Bautzener. „Ich wandere gern durch den Wald. Da trifft man unweigerlich auf die Geologie“, erzählte Jürgen Müller. „Das, was ich in der Heimat finde, sammele ich – versteinerte Hölzer, Fossilien, Amethyste, Achate, ebenso versteinerte Seeigel.“ Marlene Schmidt, die aus Lüneburg (Niedersachsen) stammt und erst seit 2019 in Bautzen wohnt, wertschätzt das starke Ehrenamt vieler Menschen in der Lausitz. Das spürt sie so vor allem in der Bezirksgruppe Ostsachsen der Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie. Vor der Wende gehörten 25 Mitglieder dazu. Kurz nach der Wende sank die Zahl auf 15. Heute engagieren sich rund 80 Mitglieder. Im Verein sind Hobby-Mineralogen dreier Generationen. Die ältesten Mitglieder sind Wilfrid Sauer (83) aus Lohsa, Wolfgang Schmitz (83) aus Hoyerswerda sowie Eckard Noack (82) und dessen Frau Gisela Noack (80) aus Hoyerswerda. Längst kommen die Mitglieder nicht nur aus dem Raum Lohsa und Hoyerswerda. Ihre Heimatorte sind auch Bautzen, Weißwasser, Cottbus und Dresden.

Neue Mitglieder sind gern gesehen

Seit ihrer Gründung 1964 organisiert die Bezirksgruppe immer wieder Vorträge, Ausstellungen und Führungen. Jedes Jahr startet sie Exkursionen ins In- und Ausland. Seit 2005 organisiert sie die Lausitzer Mineralienbörse mit internationaler Beteiligung. „Ein Verein lebt durch seine Mitglieder“, weiß Eckhard Noack. Der frühere Bergbau-Ingenieur wertschätzt in der Bezirksgruppe das starke Miteinander aller Generationen. Weitere Mitstreiter sind jederzeit willkommen.Weitere Informationen und Kontakt:www.sachsen-mineralien.de

Am Geologischen Lehrpfad am Silbersee. Dort sind insgesamt 110 Findlinge aus der Elster-Kaltzeit vor 320.000 bis 400.000 Jahren zu sehen. Die meisten der Findlinge wurden im Tagebau Lohsa (Baufeld V) des früheren Braunkohlenwerks BKW Glückauf Knappenrode
Am Geologischen Lehrpfad am Silbersee. Dort sind insgesamt 110 Findlinge aus der Elster-Kaltzeit vor 320.000 bis 400.000 Jahren zu sehen. Die meisten der Findlinge wurden im Tagebau Lohsa (Baufeld V) des früheren Braunkohlenwerks BKW Glückauf Knappenrode © Foto: Andreas Kirschke