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Fluthilfe für neue Druckerei erschwindelt?

Beim Umzug des Druckhauses Meißen nach Radebeul soll es nicht immer legal zugegangen sein. Ein Fall für den Richter.

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Von Peter Anderson

Vor dem Landgericht Dresden werden heute Vorgänge aus den Jahren 2003 bis 2007 aufgerollt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem damaligen Geschäftsführer des Meißner Druckhauses Wolfgang Lerchl vor, widerrechtlich 6,4 Millionen Euro an Fluthilfe und weiteren Zuschüssen eingeheimst zu haben. Ein Teil des Geldes dürfte der Unternehmer für den Auf- und Ausbau seiner neuen Online-Druckerei Unitedprint in Radebeul benutzt haben.

Eine Ruine ist vom Meißner Druckhaus am Baderberg geblieben.
Eine Ruine ist vom Meißner Druckhaus am Baderberg geblieben.

Die Firma beschäftigt mittlerweile eigenen Angaben zufolge mehr als 700 Mitarbeiter weltweit. Das alte Gebäude des Meißner Druckhauses in der Altstadt ist dagegen bis heute ungenutzt. Für den angedachten Umbau zu einem Parkhaus konnte bislang kein Investor gefunden werden.

Nach SZ-Informationen ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits seit 2007 in dem Fall. Im Sommer 2008 durchsuchten gleich zwei Dutzend Ermittler von Staatsanwaltschaft und Polizei das Firmengebäude in Radebeul – zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres. Die Razzia traf auch Lerchls Privathaus und das Büro seiner Dresdner Steuerkanzlei.

Ralf Högner, der Pressesprecher des Landgerichts Dresden, begründete den späten Prozessbeginn mit Überlastung der Wirtschaftskammer. So habe der Prozess gegen den früheren Geschäftsführer der Wasserwerke Leipzig Klaus Heininger wegen Bestechung, Steuerhinterziehung und Bilanzfälschung viel Kraft gekostet. Mittlerweile sei eine zweite Kammer eingerichtet, in die Kollegen aus anderen Bereichen abgeordnet wurden, so Högner.

Auf besonderes Interesse dürfte der Fall Lerchl in Meißen stoßen. Der Bayer hatte 1992 das Meißner Druckhaus – in der DDR Teil des Grafischen Großbetriebes „Völkerfreundschaft“ – direkt in der Altstadt gekauft und teilweise modernisiert. In der Stadt engagierte er sich auf verschiedene Weise. So wollte er mit heimischen Winzern in der Lorenzgasse 5 ein Haus des sächsischen Weins einrichten. 2002 unterstützte er Oberbürgermeister Thomas Pohlack bei dessen Kampagne zu Wiederwahl und stellt sich damit gegen die Stadt-CDU.

Zweifel an Flutschäden

Dann allerdings tauchten erste Risse im Bild des uneigennützigen bayrischen Aufbauhelfers auf. Im Frühjahr 2001 berichtete die SZ von Plänen Lerchls, mit seinem Meißner Druckhaus nach Radebeul umzuziehen, und die Traditionsdruckerei am Baderberg ihrem Schicksal zu überlassen. Neuen Schub erhielten die Pläne durch das Augusthochwasser 2002. Unmittelbar nach der Flut war von einem Schaden in Höhe von 1,3 Millionen Euro die Rede. Motoren, Generatoren und die Kompressortechnik hätten unter Wasser gestanden. Fertige Bücher, Broschüren und Zeitschriften seien aufgeweicht, hieß es aus der Firma. Vor allem aber sei das wichtigste Kapital des Unternehmens, seine Druckmaschinen, zerstört worden. Doch waren sie wirklich unbrauchbar? Waren die Schäden durch die Flut wirklich so groß?

In Meißen wurden immer wieder Stimmen laut, die darauf verwiesen, dass höchstens in den Kellern Wasserschäden entstanden sein konnten. Das Erdgeschoss am Baderberg dürfte trocken geblieben sein. Nach SZ-Informationen kamen die Mühlen der Justiz später durch eine anonyme Anzeige in Gang.

Ungeachtet erster Verdachtsmomente konnte Lerchl 2003 – offenbar dank mehr als großzügiger Fluthilfe – in Radebeul sein neues Werk unter dem Namen Unitedprint eröffnen. Das Unternehmen setzt auf den boomenden Online-Druckmarkt. SZ-Informationen zufolge lebt Lerchl mit seinen drei Kindern zumeist in den USA und führt Unitedprint von dort.