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Forscherinnen nehmen die Männer in den Blick

Der Landkreis hat eine Studie beauftragt, wie man junge, kluge Frauen halten kann. Doch inzwischen ist klar, dass das nur die halbe Wahrheit ist.

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© Treffkorn/Hochschule

Von Anja Beutler

Junge Frauen sind wichtig für die Zukunft der Region. Junge Männer nicht weniger. Deshalb haben die Sozialwissenschaftlerinnen Julia Gabler und Anita Kottwitz jetzt gewissermaßen ein bisschen für Ausgleich gesorgt, den Blick geweitet. Denn eigentlich ging es in der Studie, die beide mit ihrem Team von der Hochschule Zittau/Görlitz vorantreiben, vor allem um junge, gut ausgebildete Frauen. Aufgeschreckt durch mehrere deutschlandweite Studien in den vergangenen Jahren, die der Oberlausitz eine Art Frauenmangel bescheinigten, hatte die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben. Die Wissenschaftler sollten herausbekommen, was getan werden muss, damit die gebildeten Frauen bleiben – oder noch besser – hierher kommen.

Nun hat sich aber gezeigt: Ohne Männer geht es nicht. „Die Frage ist ja eigentlich, ob diesem Problem tatsächlich ein geschlechterspezifischer Unterschied zugrunde liegt“, erklärt Frau Kottwitz. Salopp gesagt: Wer weiß schon, ob Männer und Frauen bei solchen Entscheidungen überhaupt so unterschiedlich ticken. Und genau deshalb hat sich das Team unter Leitung der Professoren Ulrike Gräßel und Raj Kollmorgen nun von diesem engen, rein weiblichen Ansatz verabschiedet. Für den Landkreis – und die Unternehmer vor Ort – dürfte das kein Problem sein. Eher im Gegenteil: Es stellt sich derzeit generell die Frage, was man jungen und qualifizierten Menschen bieten muss, damit sie nicht die Großstädte der Provinz vorziehen.

Parallel zu dieser Entscheidung haben die Wissenschaftlerinnen inzwischen ihre Daten gesammelt: Rund 650 Schüler an den neun Gymnasien des Landkreises und etwa 700 Studierende an den beiden Hochschulstandorten haben die Fragebögen ausgefüllt. Ein wenig mühsam war es schon, die Schüler zu motivieren. „Wir sind ganz unterschiedlich an den Schulen empfangen worden“, erzählt Julia Gabler. Einige Lehrer haben die Sache gleich selbst in die Hand genommen, andere Gymnasien haben den Forscherinnen das Feld überlassen. Am Ende war auch der Rücklauf sehr verschieden. Dabei konnten die Schüler die Fragen in wenigen Minuten bequem online ausfüllen, sogar auf dem Smartphone. Einen speziellen Zugangscode haben sie ausgehändigt bekommen. „Bei insgesamt etwa 1 200 Gymnasiasten der Klassen 11 und 12 sind 650 Antworten ein guter Schnitt“, schätzt Frau Gabler ein. Bei den Studenten liege man bei etwa einem Drittel.

Die so gesammelten Daten werden derzeit ausgewertet. Parallel dazu wollen die Wissenschaftler noch junge, gut ausgebildete Berufstätige interviewen und ihre Sicht erfragen. Bis die Studie mit der bereits laufenden Weiterführung dann wirklich fertiggestellt ist, wird es wohl bis Anfang 2017 dauern. Erste, greifbare Ergebnisse sollen aber bereits in einem Workshop in diesem Mai vorgestellt werden. Zu dieser Art Seminar werden gezielt Personen eingeladen, die dann dafür sorgen können, dass die gewonnenen Erkenntnisse nicht in der Schublade verschwinden, sondern ganz praktisch umgesetzt werden. Arbeitgeber, die Arbeitsagentur, das Jobcenter oder auch die IHK gehören dazu. Denn eines haben Anita Kottwitz, Julia Gabler und ihre Mitstreiter deutlich herausgehört: „Einige Schüler erzählten, sie seien zu dem Thema schon mehrfach befragt worden. Danach sei aber nie etwas passiert.“