Frühlingsputz im Stadtrat

Großenhain. Mike ist bekannt wie ein bunter Hund. Darauf legt er größten Wert und das kann er richtig gut. Sein Logo „MP“ kennt jeder. In seinem Handy-Laden am unteren Frauenmarkt stehen die Leute noch brav in Reihe. Das muss man erst mal suchen in Großenhain. Jetzt will MP alias Mike Preibisch also in die Politik. Naja, so richtig „Politik“ kann man das eigentlich nicht nennen, meint er selbst fast verschämt. Der Stadtrat sei für ihn sowieso eine reine Personenwahl und Geschäfte würden schließlich zwischen Menschen gemacht.
Wie im Laden, so im Ratssaal. Wäre ja auch seltsam, abends mit den Menschen ein Wortgefecht vom Zaun zu brechen, die morgens noch im Geschäft waren. Ja, es kann schon sein, dass einige Leute sein Antreten für die CDU nicht toll finden und wegbleiben, überlegt Mike Preibisch. Dafür kommen andere. Und überhaupt hat er’s mit der CDU eigentlich gar nicht so. „Aber ich will dort sein, wo ich glaube, am meisten bewegen zu können“, sagt er geradeheraus. Und er möchte ein Kümmerer sein. Klingt beim ersten Hören vielleicht etwas betulich, aber das ist genau das, was MP als Unternehmer so erfolgreich gemacht hat. Er nimmt anderen Probleme ab. Er klärt Dinge. Gerade in seiner Sparte müsste die größte Konkurrenz online lauern, doch das ist nicht der Fall, versichert er, weil die Kunden wissen – Mike und sein Team kümmern sich.
So sieht er es auch ein stückweit als Stadtrat, weil er das Bedürfnis der Großenhainer nach Ansprechpartnern sehe. Falls er gewählt werde, schiebt er nach. Er steht so ziemlich am Ende der 25 Personen umfassenden Stadtratsliste der CDU – als Neuling, als Parteiloser.
Es spielt sowieso keine Rolle. Denn, wie er schon richtig sagte, die Stadtratswahl ist eine reine Personenwahl. Von den 25 Kandidaten haben nur zehn überhaupt ein Parteibuch. Die Mehrheit bei der CDU ist nicht in der CDU. Ein Fakt, der seit mehreren Jahren so steht – nur hat vielleicht bisher nie jemand so freiheraus gesagt wie Mike Preibisch, dass ihm die Partei auch nicht so wichtig ist. Er ist wohl damit das, was der Wähler am ehesten akzeptiert: Macher, ein Praktiker und einer von hier. Letzteres ist ihm „so richtig aufgegangen“, als sich die CDU-Neulinge in einer Runde vorstellten. Mike Preibisch war nie weg aus Großenhain. Nicht mal zur Armee, denn da hatte der 1969 Geborene das Glück der richtigen Geburt auf seiner Seite. Für die NVA war er zu jung und die Bundeswehr wollte ihn – inzwischen verheiratet und Vater – dann auch nicht mehr. Er kommt aus einer angestammten Familie von Landwirten – das hat er zwar gelernt, aber sein Traum war schon damals der des Rundfunkmechanikers.
Viele Großenhainer kennen ihn vielleicht noch als spillrigen jungen Mann im Lampenladen Wachtel auf der Radeburger Straße. Das währte nicht lange, ebenso wie sein beruflicher Ausflug als Paketfahrer der Post. Durchgestartet ist er schließlich mit seinem Geschäft am Frauenmarkt. Wilhelm hatten ihm den Laden zur Miete angeboten und die Chance hat er für die Selbstständigkeit genutzt. Auch die Technik hat sich rasend schnell verändert. Es gab zwei Hoch-Zeiten für Handys. Die ersten Jahre gleich nach der Wende noch auf der Radeburger Straße, als Vodafone zwei Tarife hatte und nicht viel mehr Modelle. Und etwa 2005, als Smartphone immer schicker und erschwinglicher wurden. Dass er mal Waschmaschinen in diesem Laden verkauft hat, darüber muss er heute nach 21 Jahren selbst schmunzeln.
Die sind natürlich längst aussortiert. Inzwischen steht auch nicht mehr nur eine Vitrine mit neuesten Handys im Geschäft, sondern sechs Stück. In gleichem Maß ist die Zahl seiner Mitarbeiter gestiegen. Warum ein solcher Magnet auf dem Frauenmarkt gerade zum Bauernmarkt oder zur Einkaufsnacht nicht öffnet, ist er oft gefragt worden und freilich warum ausgerechnet Mike Preibisch nicht in „Großenhain aktiv“ mitmischt? Aber da ist er eben ganz Praktiker und definitiv Geschäftsmann. Einen Handyvertrag schließt niemand beim Bummeln ab, ist er überzeugt. Flagge zeigen müsse zumindest Sinn haben. Den sieht er auch bei „Großenhain aktiv“ nicht so richtig. Der Kunde stimme mit den Füßen ab und wenn etwas nicht läuft, sei es zunächst Verantwortung des Unternehmers, dem Ganzen eine neue Richtung zu geben. Ein gutes Beispiel ist für ihn Holm Schmidt, der seinen CD-Laden aufgegeben hat, als die Zeit der CD einfach vorbei war. Aus Preibisch's Sicht sind viele Diskussionen hausgemacht oder zu zaghaft.
Genau in die will er sich einbringen – im Stadtrat. Zum Beispiel, wenn es um den Citymanager geht. Da sei sich das Rathaus noch nicht so im Klaren, was der eigentlich leisten soll und kann, findet Mike Preibisch. Es könnte spannend werden zu sehen, ob Mike Preibisch ein Teamspieler im Stadtrat ist. Das weiß er selbst nicht. „Ich muss das auf mich zukommen lassen“, sagt er.
Doch zunächst hat der Wähler das Wort und sollte vorher richtig lesen: Diesmal gibt es gleich zweimal MP – Mike Preibisch den Neuling und Michael Preibisch, den langjährigen Fraktionschef der CDU.