SZ +
Merken

Fünf Dinge, die Laubegast so besonders machen

Jürgen Nehrkorn alias Toto ist seit 2002 inoffizieller König im Stadtteil. Wie sieht er sein Wohnviertel?

Teilen
Folgen
NEU!
© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Graue Lockenmähne, im Winter grüner Overall, im Sommer bunte Hosen – das sind seine Markenzeichen. Allein durch seine Erscheinung ist Jürgen Nehrkorn, den viele nur Toto nennen, im Stadtteil bekannt wie kaum ein anderer. Ebenso wie sein Hexenhaus in der Fährstraße. Dort wohnt der Dresdner seit 1983, gründete damals eine Kommune und war – wie sollte es anders sein – Chef der Wohngemeinschaft. Nach der Wende zog es ihn nach Marokko, er übernachtete wie einst Jimi Hendrix in Höhlen, genoss die Freiheit nach der Enge des DDR-Staates. Dem beschaulichen Laubegast an der Elbe ist er indes bis heute treu geblieben. Der 58-Jährige erklärt mit einem Augenzwinkern, warum eigentlich.

Die Lage: Vom Laubegaster Ufer gibt’s den besten Blick zum Fernsehturm

Gemächlich fließt die Elbe unterhalb des Radwegs an Laubegast vorbei. Entlang des Ufers genießen die Spaziergänger, Jogger und Radfahrer den herrlichen Ausblick auf die Elbhänge und den Fernsehturm. „Von hier aus ist er fast in seiner ganzen Größe zu sehen“, sagt Toto. Nicht umsonst gehört der Fernsehturm zum Logo des Laubegaster Inselfestes, das seit 2003 jedes Jahr im August gefeiert wird – Totos Hexenhaus mittendrin. Natürlich darf da eine Eröffnungsrede des Laubegaster Originals nicht fehlen.

Die Gemeinschaft: Durch die Elbefluten sind die Menschen zusammengerückt

Der Name des Inselfestes hat einen ernsten Hintergrund: Im August 2002 stieg die Elbe über ihre Ufer und umschloss den Stadtteil – Laubegast wurde zur Insel. Auch Toto und seine Freunde waren betroffen. Tagelang gab es keinen Strom, es wurden Möbel geschleppt, Sandsäcke gestapelt. Und doch wuchsen die Laubegaster zusammen damals. Und es sollte nicht das letzte Hochwasser sein. „2006 und 2013 kam die Flut noch einmal, aber alle wussten, was zu tun ist.“ Bis heute sind das Hochwasser, die Verluste, aber auch die Erlebnisse in der Gemeinschaft, die Unterstützung, der Zusammenhalt immer wieder ein Thema unter den Bewohnern.

Die Geschäfte: In Laubegast gibt’s noch eine richtige Ladenmeile

Die Laubegaster sind vielleicht ein wenig in der Vergangenheit verhaftet, sagt Toto. Sie tun sich schwer mit Veränderungen. Das hat Vor- und Nachteile. Die Besonderheit in Laubegast: Die Verbundenheit zu den lokalen Händlern entlang der Ladenmeile an der Österreicher Straße. An kaum einer anderer Geschäftsstraße in Dresden finden sich derart viele Alteingesessene. Obwohl auch hier die Betreiber gegen die große Konkurrenz der Einkaufszentren kämpfen – viele der Geschäfte gibt es seit der Wende. Man kennt sich, bespricht die aktuellen Geschehnisse im Viertel, diskutiert über die Entwicklungen im Stadtteil.

Die Streitlust: Ob Flutschutzmauer oder Asylhotel – Laubegast wehrt sich

Sind die Laubegaster die Gallier Dresdens? „Kann schon sein“, sagt Toto schmunzelnd. Wehrhaft sind sie allemal. Ob es um den Flutschutz in Form einer zwei Meter hohen Mauer entlang des Laubegaster Ufers geht. Oder um ein ehemaliges Viersternehotel, das die Stadt als Asylheim für Flüchtlinge nutzt. In Laubegast haben es die Behörden nicht leicht. „Wir lassen uns eben nicht alles gefallen.“ Nicht immer sind sich die Bewohner einig. Flutschutz ja, aber bitte nicht den Blick auf den Fluss verbauen, sagen die Anwohner des Elbufers. Im Inneren der „Insel“ gibt es dazu ganz andere Meinungen. Und ist Laubegast nun bunt, oder tut man sich doch eher schwer mit den neuen Bewohnern aus dem Ausland? Dazu sagt Toto nur so viel: „Richtig bunt ist doch gut. Dazu gehören aber eben auch Lila, Gelb, Braun und Schwarz.“

Der König: In Dresden hat nur Laubegast einen zu bieten

Zur Flut 2002 wurde Toto von den Nachbarn zum König des Stadtteils ernannt. „Im Scherz natürlich.“ Und dennoch war da auch dieses Gefühl, dass „die da oben“ nichts tun, machtlos sind angesichts der Hochwasserkatastrophe. „Wir hatten viele Fragen, aber keinen Ansprechpartner“, erinnert sich Toto. Jemand musste her, der die Zügel in die Hand nimmt und sagt, wo es lang geht. Bis heute trägt Toto diesen inoffiziellen Titel – und ist stolz darauf.