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Gärtnern gegen die Angst

Das Krankenhaus Neustadt will Kindern mit Angst-, Ess- und anderen Störungen durch eine neue Therapie helfen.

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Von Sarah Grundmann

Bedächtig wird Unkraut gezupft, Beete werden angelegt oder Blumen gegossen. Aber die Kinder und Jugendlichen im Krankenhaus Neustadt machen das nicht unbedingt, weil sie passionierte Hobby-Gärtner sind. Sie bekämpfen so ihre Probleme. Gärtnern gegen Angst, Schmerzen, Schulverweigerung oder Depression? Ja. Das ist zumindest der neue Ansatz der Klinik auf der Industriestraße, das Pilotprojekt war ein Erfolg.

Denn bereits im vergangenen Jahr gab es im Krankenhaus eine Gartentherapie auf Probe. Daran beteiligt waren Kinder und Jugendliche von der im Januar 2015 gegründeten Kinderstation für psychosomatische Erkrankungen. Dabei haben die Patienten häufig körperliche Schmerzen ohne organischen Grund. Stattdessen sind psychische Probleme der Auslöser. So ging es auch Sandra, die eigentlich anders heißt. Die 15-Jährige hatte so starke Panikattacken, dass sie immer wieder ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Der Weg in die Schule oder Treffen mit Freunden gehörten lange der Vergangenheit an. Eine stationäre Behandlung sollte für sie die Lösung sein. In dem Paket verschiedener Therapien stand auch Gartenarbeit auf dem Programm. „Zu Beginn hatte Sandra vor allem Unbekannten Angst, vor allem vor Berührungen mit natürlichen Materialien“, erinnert sich Dagmar Luft. Sie hat an der Heilpraktikerschule in Erfurt eine Ausbildung zur Gartentherapeutin gemacht und acht Wochen lang mit den Kindern und Jugendlichen gearbeitet. „Am Ende war sie die engagierteste Gärtnerin.“ Und auch im Krankenhaus wurde sie seit der Entlassung nicht mehr gesehen. Natürlich funktioniere das nicht bei allen jungen Patienten. Manche können sich bis zum Ende nicht für die Gartenarbeit erwärmen.

Trotzdem sei die neue Therapie ein wertvoller Baustein im Gesamtpaket, meint der leitende Kinderarzt Andreas Lachnit: „Die Kinder müssen sich auch mit Dingen auseinandersetzen, die ihnen vielleicht nicht liegen.“

Deswegen hat sich die Einrichtung dafür entschieden, das Gärtnern in die Behandlung dauerhaft aufzunehmen. Und auch auf der Station stehen einige Veränderungen bevor: In den kommenden Monaten soll die Kapazität von vier auf acht Plätze erhöht werden. Dann sind auch Umbauten notwendig.