SZ + Radebeul
Merken

Geburtsort: Schule

Gottfried Höher hat seine Kindheit in der heutigen Leonard-Frank-Oberschule verbracht. Fast wäre er selbst Lehrer geworden.

Von Peggy Zill
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Wenn Gottfried Höher in der Familienchronik blättert, spielt die heutige Leonard-Frank-Oberschule eine wichtige Rolle. 1938 wurde er dort geboren. Er lebte mit den Großeltern und seiner Mutter in einem Anbau der Turnhalle, weil sein Opa dort Hausmeister w
Wenn Gottfried Höher in der Familienchronik blättert, spielt die heutige Leonard-Frank-Oberschule eine wichtige Rolle. 1938 wurde er dort geboren. Er lebte mit den Großeltern und seiner Mutter in einem Anbau der Turnhalle, weil sein Opa dort Hausmeister w © Norbert Millauer

Coswig. Während seine Klassenkameraden nach Schulschluss nach Hause eilten, füllte Gottfried Höher die Tintenfässchen auf den Schulbänken nach. Sein Lieblingsspielplatz war im Sand neben der Schule. Am großen runden Tisch in der Küche seiner Familie haben die Lehrer zu Mittag gegessen. Der 81-Jährige ist mit der Leonard-Frank-Oberschule verbunden, wie kaum ein anderer. Er wurde dort sogar geboren. 1938 im Schlafzimmer seiner Großeltern.

Sein Großvater Max Günther war damals der Hausmeister der Schule und lebte mit seiner Familie in der Wohnung im Anbau der Turnhalle. „Ich kannte die Schule in- und auswenig“, sagt Gottfried Höher. Vom Keller, wo die Sägespäne für die Kehrfrauen gelagert wurden, bis zum Dachboden, wo die Großmutter für die Coswiger die Wäsche aufgehangen hat. 

Bei den Nachmittagsrunden des Opas war Höher immer dabei. Bänke reparieren und Tinte auffüllen. Der flinke Hausmeister trug den Spitznamen „Huy“. „Der Opa war ein ganz Lieber. Die Schule war sein Leben“, erzählt Gottfried Höher. Im Winter habe er manchmal sogar neben der Heizung geschlafen, um regelmäßig Koks und Briketts in den Ofen schmeißen zu können, damit die Schüler es schon morgens warm haben.

Jungs und Mädchen lernten damals noch getrennt, jedes Geschlecht hatte einen Eingang. Gottfried Höher kann sich auch noch an den Karzer erinnern, ein fensterloser Raum, in dem die bösen Kinder für ein paar Stunden landeten.

Die alte Schule im Jahr 1892: Direkt daneben wurde das neue Schulgebäude 1894 gebaut. 
Die alte Schule im Jahr 1892: Direkt daneben wurde das neue Schulgebäude 1894 gebaut.  © Chronik 100 Jahre Schule

1944 wurde er eingeschult. Streng sei es damals zugegangen. „Der Lehrer Rudolph hatte immer den Rohrstock im Ärmel. Das war eine schlimme Zeit.“ Nach den Bombenangriffen auf Dresden war der Unterricht erst mal vorbei. 

Gottfried Höher erinnert sich, wie er vom Luftschutzbunker auf das Dach stieg und Dresden brennen sah. Die Ausgebombten kamen dann in der Schule unter. Und in der Turnhalle, direkt neben der Hausmeisterwohnung, hatte die SS Gefangene eingesperrt. Nachdem die Offiziere verschwunden waren, hungerten die Häftlinge. „Die Großeltern haben im Waschkessel für sie Kartoffeln gekocht“, erzählt Gottfried Höher.

1905 wurde das zweite Stockwerk errichtet, 1911/12 dann das dritte und 1927 wurde noch einmal aufgestockt.
1905 wurde das zweite Stockwerk errichtet, 1911/12 dann das dritte und 1927 wurde noch einmal aufgestockt. © Chronik 100 Jahre Schule

Im Herbst 1945 begann der Unterricht wieder. Und es mangelte an allem, auch an Papier. Geschrieben wurde deshalb wieder auf Schiefertafeln. Dann wurde dem Großvater gekündigt. Im Januar 1946 musste die Familie die Wohnung räumen. „Das hat der Opa nicht verkraftet. Er war nur noch ein Häufchen Elend“, beschreibt es Gottfried Höher. Wenige Monate später, ist der Opa gestorben. Er wurde nur 59 Jahre alt.

Gottfried Höher ging bis 1952 in die Schule. Auch heute kann er sich noch an fast alle Lehrer erinnern: an die Biologie-Lehrerin, die oft von Afrika erzählte; an den Chemielehrer, bei dem immer Ruhe herrschte, ohne dass er schimpfen musste oder an den Physiklehrer, der zwar streng war, „aber bei dem haben wir was gelernt“. 

Nach der achten Klasse wollte Gottfried Höher selbst gern Lehrer geworden. Weil seine Eltern jedoch ein Frisörgeschäft hatten, galten sie als Kapitalisten und der Sohn durfte nicht auf die Oberschule. Mehr schlecht als recht lernte er Frisör. „Theorie 1, Praxis 3,“ schmunzelt Gottfried Höher. Jahre später begann er dann eine neue Ausbildung zum Maler. Der Beruf führte ihn auch wieder an seinen Geburtsort zurück. „Zum 100-jährigen Jubiläum der Schule haben wir sie gerade renoviert“, so Gottfried Höher.

125 Jahre Schule

Das Schuljubiläum der Leonhard-Frank-Oberschule Coswig begehen Schüler, Eltern und Lehrer mit einem Schulfest am Freitag. Zunächst gibt es von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr ein buntes Programm in der Schule verbunden mit dem „Tag der offenen Tür“.

Der Förderverein lädt am Freitagabend ab 19 Uhr zu einem großen Klassen- und Lehrertreffen in die Börse ein. Karten für 5 Euro gibt es in der Börse. Der Verein würde sich freuen, wenn Erinnerungsstücke an die Schulzeit mitgebracht werden.

Am Sonnabend ist es um 10.30 Uhr möglich, die Schule zu besichtigen.