Gedichtbuch soll bei Oberlausitzer Mundart-Rettung helfen

Die Oberlausitzer Mundart ist bedroht. Das markante Rollen ist zunehmend eine Eigenart der älteren Sprecher. Was aber ist mit den Kindern?
Schon vor einigen Jahren hat Johannes Kletschka aus Neueibau versucht, durch Nachwuchsarbeit das Sterben der Mundart zu stoppen. Auch der Lusatia-Verband steht dahinter. Zu den aktivsten Vertretern dieser Bestrebungen zählt aber der Zittauer Mundartdichter Hans Klecker. Jetzt meldet er sich aus gegebenen Anlass mit einem ehrgeizigen Projekt zu Wort:
Er arbeitet an einer Broschüre für Kindergärten und Schulen. Zielgruppe sind Kinder im Alter von fünf bis 14 Jahren. Bedingung ist aber, dass in deren Familien die Tradition der Oberlausitzer Sprache noch gepflegt wird und dass die Kinder selbst Interesse daran haben. Wenn sie sich nicht mit dem, was sie sprechen oder singen, identifizieren, sind die Versuche, ihnen Mundart zu vermitteln, von vornherein vergeblich.
„Ich habe mir vorgenommen, in diesem oder dem nächsten Jahr eine Broschüre mit Kindergedichten, -dialogen und -liedern "A unser Sproche" zusammenzustellen“, erzählt der 70-Jährige Hans Klecker. „Diese möchte ich kostenlos in den Altkreisen Zittau, Löbau und Bischofswerda sowie im Süden der Altkreise Bautzen und Görlitz zur Verfügung stellen.“ Das heißt, das Büchlein wäre nicht zum Verkauf bestimmt.
Damit sind die Kosten ein Knackpunkt. Schließlich muss neben dem Heft auch eine CD produziert werden - weil fast nur noch die Urgroßeltern die Mundart halbwegs beherrschen, so Hans Klecker. Und dann ist es nicht mit einem einzigen Exemplar pro Einrichtung abgetan. Um eine saubere Aussprache zu garantieren, müssten die Kinder auch zu Hause üben können. Daher ist das Projekt auf Fördermittel, Sponsoren und Spenden angewiesen.
Karaseck wird oft nachgefragt
Was aber soll hineinkommen? „Ich habe schon eine gewisse Vorauswahl getroffen“, sagt Klecker. Diese umfasst 126 Gedichte, Dialoge, Sketche und 22 Lieder. Aber vor allem die künftigen Nutzer sollen über den Inhalt entscheiden. Deshalb hat er das Manuskript an einige Insider weitergereicht, etwa ehemalige Leiter von Mundartgruppen. Die sollen seine Vorschläge begutachten und mit Noten von 1 bis 6 bewerten. Auf dieser Grundlage trifft Klecker dann die endgültige Entscheidung.
90 Gedichte und kurze Texte sowie zehn Lieder sollen am Ende übrig bleiben. Dabei ist für Klecker schon jetzt klar: „So gut wie gesetzt sind die beiden Bahnl-Lieder von Piehler und Kühn und "´s Miezekatzl" von Herbert Andert. Auch das Lied vom Räuberhauptmann Karaseck („Am Feuer in der Nacht“) haben viele Eltern für ihre Kinder angefordert.“ Wer noch Oberlausitzer Gedichte oder Lieder kennt, die von den Kindern gern vorgetragen oder gesungen werden, kann diese – unabhängig von der Vorauswahl – jederzeit an Hans Klecker senden. Wenn die Auswahl getroffen ist, müssen dann noch die betreffenden Autoren informiert und um ihre Erlaubnis gefragt werden.
Übrigens: Am Donnerstag wird der im Jahr 2000 von der Unesco ausgerufene „Internationale Tag der Muttersprache“ begangen. Dessen Ziel ist die Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit. Ein weiter Begriff, der neben den Sprachen nationaler Minderheiten, wie z. B. der Sorben, auch ausgeprägte, unbedingt zum Kulturerbe bestimmter Regionen gehörende Dialekt mit einschließt. Um diese ist es in der heutigen Zeit nicht gerade zum Besten bestellt. Da kommt das Projekt des Mundart-Bewahrers aus Zittau gerade recht.