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Geldsegen mit Haken

Ein neues Gesetz soll die freien Schulen in Sachsen besserstellen. Die befürchten im Gegenzug schärfere Kontrollen.

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© momentphoto.de/bonss

Von Nancy Riegel

Eigentlich ist Daniel von Bahder ein ruhiger Mensch. Er spricht in langen Sätzen, wählt seine Worte sorgfältig, gestikuliert kaum. Wenn es jedoch um den Gesetzesentwurf für die sächsischen Schulen in freier Trägerschaft geht, gehen dem Schulleiter schon mal Worte wie „Schwachsinn“ über die Lippen. „Unsere Lehrer werden schlecht bezahlt, die Schulgebäude müssen dringend renoviert werden, und jetzt sollen wir auch noch sensible Daten all unserer Schüler herausgeben“, sagt er und zeigt auf den abbröckelnden Putz der Laborschule in Dresden-Gorbitz.

Die Neufassung des Gesetzes sorgte in den letzten Monaten für Aufregung. Ende 2013 bemängelte das Sächsische Verfassungsgericht die Ungleichbehandlung von staatlichen und freien Schulen, die sich vor allem in den unterschiedlichen Finanzierungen zeigt. Öffentliche Schulen werden komplett von der Staatskasse getragen, die Lehrer bekommen Tariflohn. Freie Schulen bekommen weniger Zuschüsse und sind meistens auf Schulgeld der Eltern angewiesen. Aber auch das reicht nicht, um die Lehrer auf dem gleichen Niveau zu bezahlen.

Die Gesetzesnovelle soll diese Unterschiede ausgleichen. 65 Millionen Euro mehr, also 320 Millionen Euro sollen die 385 allgemein- und berufsbildenden privaten Schulen mit ihren mehr als 60 000 Schülern ab dem nächsten Schuljahr bekommen. Dazu kommt noch eine Summe von 25 Millionen Euro aus dem Übergangspaket der Regierung, bis das neue Gesetz in Kraft tritt. Laut Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) sei dieses Geld ausreichend, um sowohl die Lehrergehälter zu erhöhen als auch das Schulgeld abzuschaffen.

Sanierungen bleiben auf der Strecke

Für Daniel von Bahder geht diese Rechnung nicht auf. 275 000 Euro mehr würde die Laborschule jährlich laut aktuellem Gesetzesentwurf bekommen. Mit dieser Summe könnte er entweder die Pädagogen besser bezahlen – bisher bekommen sie weniger als 80 Prozent des Gehalts ihrer Kollegen an den öffentlichen Schulen –, Sanierungen am Schulgebäude vornehmen oder das Schulgeld senken. Das liegt derzeit bei 130 Euro im Monat. „Alle drei Punkte umzusetzen ist unmöglich. Wahrscheinlich werden wir zunächst die Lehrer besser bezahlen“, so von Bahder.

Es ist nicht nur der finanzielle Aspekt, der den freien Schulen sauer aufstößt. In der Gesetzesnovelle wurde der Punkt „Schulaufsicht“ verschärft. Die sächsische Bildungsagentur soll zukünftig das Recht haben, schul- und schülerbezogene Daten jederzeit einzusehen. Die Schulen müssen diese Unterlagen deshalb immer in einem „prüffähigen Zustand“ bereithalten, wie es in Amtsdeutsch heißt. Mehr Geld, dafür mehr Kontrolle? Daniel von Bahder hat genau diese Befürchtung. „Diese Vorratsfloskel verstößt gegen jegliche Form von Datenschutz“, so der Schulleiter.

Bisher wurde einmal jährlich die Genehmigungsvoraussetzung der Laborschule geprüft. Heißt: Die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung und die Qualität der Ausbildung müssen gewährleistet sein. „Die Schüler müssen ihre Abschlüsse erlangen. In welcher Form das passiert, wurde den freien Schulen offen gelassen. Ich habe den Verdacht, dass die Bildungsagentur jetzt Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung nehmen will.“ Die Laborschule unterrichtet nach dem Jena-Plan: Zensuren gibt es erst ab Klasse acht. Vorher wird mit einem Punktsystem gearbeitet. Dadurch sind die Leistungen der Schüler schwer mit den staatlicher Schulen zu vergleichen. Von Bahder glaubt, dass aber genau dies versucht werden soll. Und wenn die Leistungen der 280 Schüler nicht stimmen, Gelder gekürzt werden.

Notfalls geht es vors Gericht

In welcher Form und zu welchem Zweck die Schulaufsichts-Klausel verschärft wurde, ist allerdings noch nicht genau festgelegt. „Das Gesetz ist erst mal nur ein Entwurf. Wie die Kontrollen durchgeführt werden, wird erst nach der Verabschiedung im Kabinett beschlossen“, so Dirk Reelfs vom sächsischen Kultusministerium. Das soll voraussichtlich am 10. März passieren. Der Pressesprecher kündigt an, dass die Novelle noch einmal überarbeitet wurde. „Es gingen viele Stellungnahmen von Schulen, Verbänden und Kirchen ein, die berücksichtigt wurden.“ Welche Punkte betroffen sind, konnte oder wollte Reelfs allerdings nicht sagen.

Daniel von Bahder hofft, dass sowohl die Höhe der Zuschüsse als auch die Datenschutz-Bestimmungen überarbeitet werden. „Damit uns nicht wegen Nichtigkeiten die Genehmigung entzogen wird.“ Den Klageweg schließt er letztlich nicht aus.