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Generationswechsel in der Backstube

Siegfried Richter übergibt seine Bäckerei an Sohn Stefan – der sich mit eigenen Kreationen schon einen Namen gemacht hat.

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Von Madeleine Siegl-Mickisch

Ab sofort ist er der Chef. Stefan Richter übernimmt die traditionsreiche Kubschützer Bäckerei an der Bahnhofstraße. Sein Vater Siegfried Richter will nach über 50 Jahren Selbstständigkeit nun doch etwas kürzertreten. Sohn Stefan hat auch in den letzten Jahren schon mit in der Backstube gestanden. Das Familienunternehmen einmal weiterzuführen, darauf hat er lange hingearbeitet.

Der 33-Jährige ist quasi in der Bäckerei groß geworden. „Hier an der Knetmaschine habe ich schon als Kind gestanden“, sagt Richter, während er den Sauerteig für die Brote einrührt, die am nächsten Morgen in den Laden kommen werden. Er mag es klein und überschaubar – und das gilt nicht nur für die Backstube. „Ich will nicht expandieren, sondern suche bewusst die Nische.“ So gibt es seine Backwaren eben nur im eigenen Laden und beim Landhandel Schneider in Baschütz. Zunehmend würden Kunden auch etwas weitere Wege in Kauf nehmen, weil sie es schätzen, dass hier noch alles von Hand gemacht wird, sagt Richter junior. So kümmert er sich am Abend noch mal um den Sauerteig. Wenn nachts um zwei für ihn dann der neue Arbeitstag beginnt, macht er daraus Misch- und Roggenvollkornbrote.

Die Arbeitszeiten eines Bäckers seien schon ein Grund gewesen, die ihn zwischenzeitlich zweifeln ließen, ob er in die Fußstapfen seines Vaters treten soll, gibt Richter unumwunden zu. Dann entscheidet er sich aber doch für eine Bäckerlehre – allerdings nicht bei seinem Vater, sondern in der Bäckerei Marx am Wendischen Graben in Bautzen. Anschließend lässt er sich ein halbes Jahr im damals noch existierenden Café Schöppe an der Steinstraße in die Geheimnisse der Konditorei einweihen. „Ich wollte dann noch ein bisschen Auswärts-Erfahrungen sammeln“, blickt Stefan Richter auf die Zeit Mitte der 1990er Jahre zurück. Fünf Jahre arbeitet er im Raum Bremen in einer Bäckerei. In Hannover beginnt er seinen Meisterlehrgang, den er in Dresden abschließt, nachdem er 2003 in die Heimat zurückgekehrt ist. Beides habe sich super ergänzt, sagt er heute. „In Norddeutschland habe ich viel über Brot gelernt, und Dresden ist einfach Spitze, was Kuchen und Feingebäck betrifft.“ Doch weil noch mehr dazu gehört, um einen Handwerksbetrieb erfolgreich zu führen, macht Richter auch um die Betriebswirtschaft keinen Bogen, bildet sich zum Betriebswirt im Handwerk weiter und macht an der Fachhochschule Zittau/Görlitz seinen Bachelor-Abschluss in Unternehmensführung.

Die fünfte Generation ist also gut gerüstet für den Betrieb, der mindestens seit 1890 besteht. Von da datieren die ältesten vorhandenen Unterlagen. Fast immer war die Bäckerei in Familienbesitz, nur einige Jahre verpachtet. Als der Pächter aufhörte und Siegfried Richter sich 1959 selbstständig machen wollte, hatte er mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen. So wurde ihm zunächst die Gewerbegenehmigung versagt. Dann musste er das Wasser noch vom Brunnen holen und die Rohkohle zum Feuern erst im Ofen trocknen. Und auch die Akzeptanz der Berufskollegen musste sich der junge Neustarter hart erkämpfen – obwohl er bereits einige berufliche Stationen in Bautzen und Jonsdorf hinter sich hatte, als er mit 22 seine Meisterprüfung ablegte. Mit 77 ist es nun Zeit für den (Un-)Ruhestand. Zur Hand gehen wird er seinem Sohn aber weiterhin.

Dennoch gilt Stefan Richters Augenmerk dem Thema Berufsnachwuchs. Sowohl für die Backstube als auch den Verkauf möchte er jemanden ausbilden. Bisher sorgen neben der Familie vier Angestellte dafür, dass der Laden läuft. Und dank Richters Ideen soll er das auch künftig. Der junge Bäckermeister liebt es, mit wenigen Zutaten und ohne Fertigmischungen ein Brot zu backen, und er kreiert auch gern mal etwas Neues – wie das Mättigbrot für die Bautzener Mättigstiftung. Und mit seinem Schrotbrot konnte er im vorigen Jahr die Jury beim SZ-Genusstest überzeugen.

Geöffnet ist Dienstag bis Freitag 6 bis 18 Uhr, Sonnabend 5.30 bis 12 Uhr.