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Gesundwerden beginnt beim Essen

Die Altenberger Reha-Klinik Raupennest  hat die Küche auf wertigere Kost umgestellt. Manchmal hilft Patienten auch nur ein Trick.

Von Mandy Schaks
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Koch Michal Koran baut die Salat-Theke im Raupennest auf. Da landet nicht nur Rohkost.
Koch Michal Koran baut die Salat-Theke im Raupennest auf. Da landet nicht nur Rohkost. © Egbert Kamprath

Manche Kliniken kochen nicht mehr selbst und lassen die Speisen für ihre Patienten von sonst woher anliefern. So wird das Mittagessen für das Sebnitzer Krankenhaus sowie die orthopädische Fachklinik im Hohwald seit Ende November in 770 Kilometern Entfernung zubereitet, in einer Großküche des Unternehmens Marfo in den Niederlanden. Das Altenberger Raupennest geht den anderen Weg: Frisches soll täglich auf den Tisch, möglichst zubereitet mit Produkten aus der Region. Und gesund soll das auch noch sein.

Vor über zwei Jahren hat die Johannesbad Fachklinik mit dem Gesundheitszentrum angefangen, die Küche umzustellen. Patienten und Gäste – im Schnitt um die 300 – sollen gesund genießen, ob morgens und abends beim Buffet oder mittags à la carte. Das ist Programm geworden und wird ausgebaut. „Wir machen damit sehr gute Erfahrungen“, sagt Klinik-Leiterin Anke Gundel.

Angefangen hat alles bei den Küchenchefs der Johannesbad-Gruppe mit Sitz in Bad Füssing, zu der das Raupennest gehört. „Wir arbeiten in einer Fachgruppe zusammen“, erzählt André Mühlfriedel, der vor etwa drei Jahren nach Altenberg kam, zuvor in Restaurants in Deutschland und im Ausland am Herd stand. Als sie mal wieder fachsimpelten, entstand die Idee. „Wir wollten ein gesundes, hochwertiges Essen für den Gast zubereiten.“ Obwohl das seinen Preis hat, überzeugten die Küchenchefs die Führungsspitze vom Johannesbad. „Wir haben viele Patienten mit Begleiterkrankungen“, erläutert Anke Gundel. Wer in die Fachklinik für Orthopädie zur Rehabilitation oder nach einer Operation zum Beispiel an Knie oder Hüfte zur Anschlussheilbehandlung nach Altenberg kommt, hat oft noch andere Beschwerden, sei es durch zu hohen Blutdruck, Übergewicht oder Stoffwechselstörungen. Deshalb bietet das Raupennest neben Therapien Vorträge zu gesunder Ernährung und Schnupperkurse in der Lehrküche an.

Diese Erkenntnisse fließen nun mehr und mehr in den Alltag der Reha-Klinik ein. So stehen täglich drei Mittagessen zur Auswahl, wovon eines besonders schonend zubereitet wird. Das Gericht ist auf dem Speiseplan mit einem grünen Label gekennzeichnet. Mit als Erstes verbannte Küchenchef Mühlfriedel hochgezüchtete Fische wie Pangasius und Tilapia aus seinem Reich, weil die oft aus Massentierhaltung stammen und nach seinen Erfahrungen auch mit Antibiotika behandelt werden. Auf Fisch sollen die Gäste trotzdem nicht verzichten. Dabei achtet er darauf, dass die Fische möglichst aus nachhaltig zertifiziertem Fang stammen.

Umweltbewusstsein ist in der Küche ein großes Thema geworden. So versucht Mühlfriedel mit seinem Team, möglichst viele Produkte aus der Region einzusetzen. Die Dürrröhrsdorfer sind sozusagen inzwischen die Hausfleischer. „Das Schweinefleisch kommt aus Sachsen“, so der Küchenchef. „Die Schweine wurden hier geboren, gemästet und geschlachtet.“ Dann sollen sie auch hier verzehrt werden. Für Mühlfriedel ist das eine perfekte Wertschöpfungskette. „Wir versuchen, das auch mit Rindfleisch hinzubekommen.“ Eier werden aus ökologisch-zertifizierter Produktion aus der Region geliefert. Brot, Brötchen und Kuchen kommen gleich um die Ecke von der Altenberger Bäckerei Braun, die ihr Obst von regionalen Bauern bezieht.

Soßen und Brühen machen die Köche im Raupennest dagegen selbst – nicht etwa aus Pulver oder Würfeln. „Die werden bei uns noch aus Knochen hergestellt“, so der Küchenchef und fügt hinzu: „Und die Klöße werden noch selber abgedreht.“ Zurückhaltender ist seine Mannschaft beim Salzen. „Die Leute müssten mal zwei Wochen auf Salz verzichten, um überhaupt zu merken, wie viel Salz sie unbewusst zu sich nehmen“, sagt Mühlfriedel. „In manchen Fertiggerichten ist schon der ganze Tagesbedarf drin.“ Zudem wird auf Rieselhilfen verzichtet, die das Zusammenklumpen der Kristalle verhindern. Die Aluminiumverbindungen stehen im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Auch Süßstoff wurde gestrichen, es sei denn, Gäste verlangen ausdrücklich danach. Das Raupennest will darauf verzichten, weil Süßstoff die Darmflora angreife. Zucker sei besser. „Der ist im Essen nicht das Schlimmste, wenn dieser in Maßen zu sich genommen wird.“ So hält es das Team auch mit der Butter. Die durfte in der Küche bleiben. „Butter bringt mehr Geschmack als Margarine.“ Eingesetzt werden zudem hochwertige Öle und Gewürze. Das sei zwar beim Einkauf teurer, dafür brauche man davon aber weniger und diese seien gesünder.

Gar nichts gekostet hat hingegen die Umstellung des Buffets. Das wird jetzt einfach anders aufgebaut. Fettige Speisen wie Wurst, Käse und Mayonnaisesalate, die sonst oft am Anfang standen, rückten ans Ende der Theke. Auf den vordersten Plätzen werden gesunde Salate angerichtet, nicht nur aus Rohkost, auch mit Reis oder Ebly. „Und siehe da“, sagt Mühlfriedel und lacht: „Die Gäste nehmen mehr Salat.“

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