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Gott sei Dank

Davie Selke schießt die U-21-Elf in Richtung EM-Halbfinale. Dabei hilft ihm auch sein Glaube.

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© dpa

Von Erik Roos

Davie Selke lächelte gerührt. Von allen Seiten prasselten Lobeshymnen auf den Stürmer ein. Mitspieler, Trainer und sogar Betreuer umarmten den Mann des Abends. „Das Tor war so wichtig für mich. Ich bin froh, dass ich der Mannschaft etwas zurückgeben konnte“, sagte er nach dem 3:0 (0:0) der deutschen U-21-Fußballer gegen Dänemark und klatschte seine Kollegen ab. Auf seinem Handgelenk leuchtete der Schriftzug „Faith“ – Glaube.

Der 22-Jährige hatte allen Grund zum Strahlen. Ein Tor und eine Vorlage steuerte er zum zweiten Sieg im zweiten Spiel bei. Das EM-Halbfinale ist zum Greifen nah. „Als ehemaliger Stürmer freue ich mich riesig für ihn“, sagte Trainer Stefan Kuntz, Offensivspieler Serge Gnabry lobte seinen Nebenmann: „Davies Super-Tor hat das Eis gebrochen. So schnell kann es im Fußball gehen.“

Drei Tage zuvor war Selke noch geknickt durch die Katakomben des Stadions in Tychy gelaufen. Beim 2:0 gegen Tschechien hatte er gerade einen Elfmeter verschossen. Geholfen hat ihm auch sein Glaube. „Ich bin Christ. Daraus ziehe ich meine Kraft. Wenn ich etwas erlebe, das nicht so gut war, dann bespreche ich das mit meiner Familie und bete“, sagte Selke in Tychy. Es scheint geholfen zu haben.

Seinen Glauben trägt Selke offen nach außen, vor allem durch seine Tattoos. Auf seinem linken Oberarm prangt ein Bild von Jesus und auf seiner Brust ein Bibelvers. Dazu kommt der Schriftzug auf dem Handgelenk. „Das sind keine Mode- oder Trendmotive wie meine anderen Tattoos, sondern Zeichen dafür, dass ich dankbar bin, was für ein Leben ich führen darf“, sagte Selke. „Für mich existieren keine Zweifel, dass es Jesus gibt.“

Viel Kraft benötigte zuletzt auch der Fußballer Selke. Bei RB Leipzig saß der 1,92-Meter-Hüne meistens auf der Bank. Nächste Saison sucht er sein Glück bei Hertha BSC Berlin. Im Auswahltrikot funktioniert es dagegen traditionell gut. 2014 wurde er bei der U-19-EM Torschützenkönig und Europameister. Bei der U 21 ist er mit acht Toren aus 13 Spielen bester Schütze. „Ich fühle mich da einfach wohl, immer wieder“, sagte Selke.

Kuntz schätzt an seinem Stürmer besonders die Einstellung auf dem Platz. Selke sei „ein Mentalitäts-Monster“, sagt der Trainer und gerät in einen Redeschwall: „Davie geht ins Spiel, und als Erstes meckert er mit dem Gegenspieler, dann mit dem Schiedsrichter, dann mit dem Pfosten, mit dem Ball, mit dem Rasen und mit dem Trainer irgendwann auch noch. Er schießt ein Tor und legt den Ball sofort auf den Mittelpunkt, weil er das zweite schießen will. Das ist das, was ich als Trainer haben will.“

Genau diese Mentalität soll die deutsche Auswahl in Polen jetzt ins Halbfinale, ins Endspiel und zum Titel führen. Schon ein Remis reicht am Sonnabend ab 20.45 Uhr gegen Italien, um den Gruppensieg zu sichern. Doch Selke wäre nicht Selke, wenn er jetzt abheben würde: „Der Modus ist tückisch. Wir ruhen uns nicht auf den sechs Punkten aus. Wir wollen auch das letzte Spiel gewinnen. Das wird noch mal ein hartes Stück Arbeit.“ (sid)

TV-Tipp: Die ARD überträgt am Sonnabend live.