SZ + Hoyerswerda
Merken

Gräber aus der frühen Eisenzeit

Archäologen sichern derzeit Funde aus der Lausitzer Kultur bei Wittichenau.

Von Uwe Schulz
 3 Min.
Teilen
Folgen
Archäologin Gabriela Manschus mit zwei Gefäßen, die in einem Grab bei Niederkaina gefunden worden waren, aber aus der gleichen Zeit stammen wie die Funde bei Wittichenau.
Archäologin Gabriela Manschus mit zwei Gefäßen, die in einem Grab bei Niederkaina gefunden worden waren, aber aus der gleichen Zeit stammen wie die Funde bei Wittichenau. © Foto: Uwe Schulz

Wittichenau. Der Pflug hat Scherben und Leichenbrand bis an die Erdoberfläche gebracht. Beides erkennen die allermeisten Menschen nicht ohne Weiteres als archäologischen Fund. Manfred Kegel, ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger aus Bernsdorf, hat es erkannt, als er über eben dieses Feld unweit eines der zur Stadt Wittichenau gehörenden Dörfer lief. Er meldete es dem Landesamt für Archäologie in Dresden. Jetzt läuft hier seit Tagen eine Notgrabung – mit Zustimmung des Flächeneigentümers, wie man seitens der Archäologen betont. 

Es wird nicht die gesamte 30-50 Zentimeter starke Mutterbodenschicht weggeschoben, sondern nur punktuell gegraben, dort, wo eben an der Oberfläche die Spuren zutage traten. Gabriela Manschus, Archäologin am Landesamt für Archäologie, und dessen Sprecher Christoph Heiermann gehen von einem ganzen Gräberfeld aus der frühen Eisenzeit aus, dessen Ausmaß nicht abzuschätzen ist. Es können einige wenige Gräber sein, aber auch Dutzende. Ganz in der Nähe konnte man vor Jahren bereits eine Siedlung aus dieser Zeit nachweisen. „Daher waren wir nicht überrascht, auch das Gräberfeld zu finden“, sagt Christoph Heiermann, der des Lobes voll ist angesichts des Engagements und der Kenntnisse der ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger vor Ort.

Jahrtausendealte Zeugnisse

Einige von ihnen helfen auch bei dieser Grabung. Günther Thus ist einer von ihnen. Vorsichtig schabt er mit der Kelle die letzte Schicht Mutterboden vom gewachsenen Erdreich ab. Er hat helle Keramikscherben und dunkle gefunden. Bei einer mit linienförmiger Verzierung erkennt Gabriela Manschus sofort, dass es sich um Keramik aus der frühen Eisenzeit handelt. Sie ist Spezialistin auf dem Gebiet, forscht viel bei den Ausgrabungen in Niederkaina, dem größten Bestattungsplatz der Lausitzer und Billendorfer Kultur. Die Lausitzer Kultur erstreckte sich über einen Zeitraum von gut 1.000 Jahren in der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit.

In der vergangenen Woche entdeckte man auf dem Feld ein komplettes Grab, datiert in der Zeit vor 2.500-2.600 Jahren. Es gibt aus dieser Epoche für diese Region hier keine Bilder oder Zeichnungen, keine Texte. Alles, was man heute dazu weiß, stammt aus Grabungen. „Mit Sicherheit handelt es sich um eine hochstehende Kultur“, erläutert Christoph Heiermann. „Wir wissen, dass die Menschen Ackerbau und Viehzucht betrieben.“ Von hierarchischen Systemen ist auszugehen. Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass die Toten über mehrere Stunden einem Holzfeuer mit einer Temperatur von 800 Grad Celsius ausgesetzt wurden. Was dann noch an Knochenresten übrig blieb, wurde in anatomisch korrekter Reihenfolge in der Urne übereinandergelegt – Fußknochen unten, Schädelfragmente oben. Die Gräber, auch das bei Wittichenau gefundene, umfassen die eigentliche Urne mit dem Leichenbrand, aber auch Gefäße als Grabbeigabe. Die Archäologen gehen davon aus, dass die Menschen zu der Zeit hier eine Vorstellung vom Jenseits hatten. Und so wurde den Toten Speis und Trank mitgegeben. Bei anderen Grabungen fand man kleine Öfchen und einfache Trinkgefäße.

Was gefunden wird, wird eingemessen, kartiert und letztlich freigelegt. Wie üblich bei Grabungen in der Region werden die Funde des Tages zum Feierabend mitgenommen, um Diebstahl und Zerstörung zu verhindern. Einiges ist dabei in einem schlechten Zustand und muss mit Gips vor dem Transport stabilisiert werden, bevor die Konservierung erfolgt.

Einige Tage werden die Grabungen vor Ort noch andauern. Und auch wenn die Funde keine internationale Sensation sind, so wissen die Archäologen doch um den Wert eines jeden Fundes zur weiteren Verständnis der Zeit, aus der sie stammen.

Günther Thus ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger und hilft bei den Ausgrabungen. 
Günther Thus ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger und hilft bei den Ausgrabungen.  © Foto: Uwe Schulz
Eine Scherbe, deren Farbe und Verzierung den Fachleuten verrät, aus welcher Epoche sie stammt.
Eine Scherbe, deren Farbe und Verzierung den Fachleuten verrät, aus welcher Epoche sie stammt. © Foto: Uwe Schulz
Beim Tiefpflügen wurde der gewachsene Boden schon mal gestört – daher die dunklen Linien im hellen Material.
Beim Tiefpflügen wurde der gewachsene Boden schon mal gestört – daher die dunklen Linien im hellen Material. © Foto: Uwe Schulz