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Große Ursache, kleine Wirkung

Wilfried Klahre kauft für die Berufsfeuerwehr neue Technik ein und verewigt den Dresdner Brandschutz in Miniatur.

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© Norbert Millauer

Von Nadja Laske

Zu Einsätzen rückt Wilfried Klahre nicht mehr aus. Doch er ist mit Herz und Seele Feuerwehrmann. Brände gelöscht hat der 57-Jährige jahrzehntelang. Jetzt steht auf seiner Visitenkarte „Brandamtmann. Sachgebiet Investition und Beschaffung“. Klahre ist verantwortlich, wenn die Berufsfeuerwehr Dresden neue Fahrzeuge und technische Geräte einkauft. Ausschreibungen, Testläufe, Qualitätsbewertungen, Auftragserteilungen, Kalkulationen gehören zu seinem Tagwerk. Mammut-Anschaffungen wie tonnenschwere Löschzüge brauchen die Sicht aufs große Ganze.

Modell des Gerätewagens S 4000: für schwere Einsätze ausgestattet und das erste Fahrzeug mit Rollläden in der DDR.
Modell des Gerätewagens S 4000: für schwere Einsätze ausgestattet und das erste Fahrzeug mit Rollläden in der DDR. © Norbert Millauer
Modell des Hilfeleistungslöschfahrzeuges: Die Geräteausstattung hat Wilfried Klahre fotografiert und am Computer verkleinert.
Modell des Hilfeleistungslöschfahrzeuges: Die Geräteausstattung hat Wilfried Klahre fotografiert und am Computer verkleinert. © Norbert Millauer
Modell des Tanklöschfahrzeuges TLF 15: Das Original rückte in den 60er-Jahren aus und konnte 1500 Liter Wasser mitführen.
Modell des Tanklöschfahrzeuges TLF 15: Das Original rückte in den 60er-Jahren aus und konnte 1500 Liter Wasser mitführen. © Norbert Millauer
Modell der Drehleiter MAN DLK 23-12: Er kann im Einsatz die Leiter 23 Meter hoch und zwölf Meter weit ausfahren.
Modell der Drehleiter MAN DLK 23-12: Er kann im Einsatz die Leiter 23 Meter hoch und zwölf Meter weit ausfahren. © Norbert Millauer

Und ein scharfes Auge fürs kleinste Detail. Denn Wilfried Klahre beweist Fingerspitzengefühl, sobald neues Gerät auf den Hof der Übigauer Feuerwache rollt. Das nimmt er in den Fokus – und zu Hause Lupe und Pinzette zur Hand. „Ich habe mir vorgenommen, von jedem Fahrzeug, das für die Dresdner Feuerwehr unterwegs oder früher einmal gefahren ist, ein Modell zu bauen“, sagt er. Der Begriff „Miniatur“ scheint dafür wie gemacht: Miniatura steht für „Kunst, mit Zinnober zu malen“, und Zinnober leuchtet wie des Feuerwehrmannes Firmenfarbe. Mit Brand- und Katastrophenhilfe hat die Wortbildung zwar nichts zu tun. Aber sie passt gut zu Klahres roten Winzlingen.

Akkurat ausgerichtet stehen sie in Reihen hinter Vitrinenglas. Rund 500 Stück hat Wilfried Klahre bisher gesammelt. Fast alle Marke Eigenbau und im Maßstab 1:87. Auch Flughafenfeuerwehr und Rettungswagen fehlen nicht. Für einige Typen konnte er sich im Modellbauladen bedienen, einzelne Teile und Rohlinge kaufen. Aber weit kommt er damit nicht. Beispielsweise einen normalen Mini-LKW in eine Maßarbeit à la „HLF 20/20“, ein Hilfeleistungslöschfahrzeug mit 2000-Liter-Wassertank, zu verwandeln, verlangt neben absoluter Detailverliebtheit vor allem Geschick und Einfallsreichtum. Die lebt Wilfried Klahre im ehemaligen Kinderzimmer seiner Söhne aus. Die Jungs sind inzwischen groß und ausgezogen und haben Platz für die Leidenschaft ihres Vaters gemacht. Der schneidet Plastik zurecht, gießt Kunstharz in Formen, feilt, klebt, malt Minikarossen rot an und pinselt winzige Details darauf. An einem einzigen Modell arbeitet er zehn bis 50 Stunden, je nachdem wie aufwendig es ausgestattet ist.

Im Verwaltungsgebäude der Feuerwache erzählt die Ausstellung der Mini-Autos aus der Geschichte des Dresdner Brandschutzes von Beginn des 20. Jahrhunderts an. Um 1910 rückten die Feuerwehrleute noch per Pferdegespann auf offenen Leiter- und Mannschaftswagen aus. Löschwasser transportierten sie in Holzfässern. Ein, zwei Jahrzehnte später rollten sie mit den Pferdestärken von Opel, Magirus und Mercedes durch die Stadt. Wartburg und Robur waren bis zum Ende der 60er-Jahre im Einsatz. Tanklöscher hießen „H3A“ und Gerätewagen „S 4000“, in den 70ern drehten sich die Blaulichter auf den Dächern von
„B 1000“ und „W 50“. Auch einen „Tatra“ hat Wilfried Klahre nachgebaut. Die Originale wurden in der Tschechoslowakei produziert, konnten 6 000 Liter Wasser und 600 Liter Schaum tanken. Für kurze Zeit leuchteten die Feuerwehrautos grell-orange, ein Versuch, um zu sehen, ob sie auf den Straßen so noch besser wahrgenommen werden. Doch die Lackierung war auf Dauer zu aufwendig und teuer.

Wilfried Klahre scheint nichts zu kompliziert zu sein. „Schon als Kind hat mich Modellbau begeistert.“ Ein Löschfahrzeug war der erste Versuch geduldiger Millimeterarbeit und nahm seinen späteren Beruf vorweg. Fast 40 Jahre ist er nun bei der Feuerwehr. Schräg über den Hof der Feuerwache parken hinter Rolltoren die Vorlagen seines filigranen Hobbys: Löschzüge der neuesten Generation. Spritzen, Pumpen, Schläuche, Leitern, alles 87 mal größer als in der Modellbauwelt. Und selbstverständlich längt als Miniatur verewigt.