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Was wird mit Richters "Tante Marianne"?

Vor 75 Jahren endete das Morden in Großschweidnitz. Corona hat die Pläne der Gedenkstätte zur Erinnerung verzögert - und die Entscheidung über ein Geschenk.

Von Anja Beutler
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Das berühmte Bild von Gerhard Richter zeigt seine Tante mit ihm als Baby. Marianne Schönfelder kam in Großschweidnitz zu Tode.
Das berühmte Bild von Gerhard Richter zeigt seine Tante mit ihm als Baby. Marianne Schönfelder kam in Großschweidnitz zu Tode. © Robert Michael

Eine kleine Gedenkfeier, eine Erinnerung - dazu hätte der Verein "Gedenkstätte Großschweidnitz" schon gern eingeladen, sagt Vereinsmitglied Maria Fiebrandt. Die Historikerin weiß, dass die Tage um das Kriegsende vor 75 Jahren auch in der Heil- und Pflegeanstalt außergewöhnlich waren.

"Quellen zufolge hatte man mit der Evakuierung begonnen, einen Teil der Patienten nach Hause geschickt. Ein Treck mit Patienten, Pflegern und Ärzten war zudem auf dem Weg in den Schluckenauer Zipfel, ist dabei jedoch bombardiert worden", skizziert sie die Erkenntnisse. Das  Kriegsende markierte für die Großschweidnitzer Anstalt das Ende des gezielten Töten von sogenanntem lebensunwerten Leben.

Dass der Verein zu diesem Gedenktag nichts Großes vorhat, liegt nicht nur an Corona: Wegen der anstehenden Bauarbeiten wäre für eine größere Veranstaltung ohnehin kein Raum gewesen.

Denn eigentlich sollten die Bauarbeiter schon fleißig arbeiten. Tatsächlich aber ist noch nicht viel passiert: Die Auswirkungen der Pandemie haben die Pläne ins Zeitlupentempo versetzt. Nun will der Verein wieder Fahrt aufnehmen: Die Ausschreibungen werden rausgehen und im besten Fall ab August oder September doch noch die Arbeiten am Altbau beginnen. Das Dach war bereits vor fünf Jahren erneuert worden, nun sind Außenhülle und Innenausbau an der Reihe. Jons Anders, Vereinsvorsitzender und Bürgermeister von Großschweidnitz, hofft, dass rasch Firmen gefunden und gebunden werden können, damit die Bagger endlich anrollen.

Die fertige Gedenkstätte ist für den Verein seit Langem ein großes Ziel, um die bisher geleistete Forschungsarbeit präsentieren zu können. Zudem steht noch eine andere Frage im Raum, die nach der Sanierung zu klären ist: Das berühmte Gemälde "Tante Marianne" von Gerhard Richter ist dem Verein vom Künstler selbst zugeschrieben worden - nicht das Original natürlich, denn das ist in Privatbesitz. Vor drei Jahren hatte der inzwischen 88-jährige Künstler jedoch selbst erklärt, eine Fotofassung des Gemäldes möge angefertigt werden und in Großschweidnitz seinen Platz finden. Denn seine Tante war einst Patientin in Großschweidnitz und ist ebenfalls zu Tode gekommen. Unterstützt hat dies damals der heutige Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Jons Anders gibt sich indes noch nicht sicher, dass selbst eine solche Fassung des Bildes in Großschweidnitz gezeigt werde - denn auch die Replik habe großen Wert. "Wir müssen dann erst einmal sehen, welche Sicherungs- und Versicherungs-Vorkehrungen nötig wären", sagt er. Immerhin habe der Verein nur 30 Mitglieder, betont er mit Blick auf mögliche Kosten und die zu erwartenden Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen. "Wir werden eine Lösung finden - vielleicht zeigen wir auch nur eine Kopie mit dem Verweis, dass das Original bei den Kunstsammlungen in Dresden hängt", umreißt Anders eine Variante. Entschieden sei aber noch nichts.

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