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Großschweidnitzer will Gaststätte wieder öffnen

Roland Willig hat mitten im Dorf große Pläne. Die Menschen im Ort haben deswegen Sorgen. Auch Behörden sind aktiv.

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Von Gabriel Wandt

Es herrscht emsiges Treiben mitten in Großschweidnitz. Aus dem Gebäude der früheren Gaststätte „Sächsischer Hof“ schallt laute Musik, mehrere Leute arbeiten dort. Mittendrin Roland Willig, dem das Gebäude gehört. Er will die längst geschlossene Gaststätte wieder zum Leben erwecken und ist dabei, auch das Grundstück radikal umzugestalten.

Im Dorf stößt der 55-Jährige damit allerdings auf viel Ablehnung. Nachbarn fühlen sich bedroht, Großschweidnitzer fragen sich, was auf dem Grundstück vor sich geht, und auch diverse Behörden sind mit dem Vorgehen von Roland Willig beschäftigt. Denn er soll mehrfach Hausfriedensbruch begangen haben, er soll Autoreifen und Autobatterien verbrannt haben, er soll für Ruhestörungen verantwortlich sein. „Alles Quatsch“, sagt Roland Willig zu diesen Vorwürfen und erzählt von seinen Plänen. 1899 ist die Gaststätte errichtet worden, erklärt er. Jetzt wolle er sie wieder beleben, die Terrasse nach altem Vorbild neu entstehen lassen und eine schwungvolle Gastronomie etablieren. Mitstreiter aus Danzig und der Schweiz habe er im Boot. Nächstes Jahr soll die Kneipe öffnen, und schon dieses Jahr zu Pfingsten sollen die Bagger kommen, um den Erdaushub für die Terrasse zu beginnen.

Um ihn herum hört man diese Pläne mit Sorgen. Der Großschweidnitzer Bürgermeister wandte sich jüngst vor Gemeinderäten mahnend an die Öffentlichkeit und an Behörden wie Polizei, Amtsgericht, Gesundheitsamt. Wie lange wolle man dort zusehen, fragt er hilflos. Müsse erst einem Menschen etwas passieren?

Denn Roland Willig, soviel wird bei dem Gespräch mit ihm deutlich, hat seine eigene Sicht auf die Dinge. Das Grundstück, auf dem die Gaststätte einst erbaut worden ist, ist früher einmal viel größer gewesen. Willig ist der Ansicht, dass ihm die ursprüngliche Grundstücksgröße zusteht. Doch ein Teil gehört nun anderen Großschweidnitzern, und Willig hat vom Amtsgericht Zittau eine Einstweilige Verfügung erhalten, nach der seine Tiere und er ein bestimmtes Grundstück, bei Androhung über ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 000 Euro oder sechs Monate Ordnungshaft, nicht mehr betreten dürfen. Das bestätigt Amtsgerichtsdirektorin Verena Hönel auf Nachfrage.

Roland Willig hat auch einen Betreuer zugesprochen bekommen. Der kümmert sich um verschiedene Belange seiner Klienten, etwa um Geldfragen oder um Gesundheitsberatung. So umreißt Torsten Schönfelder, Berufsberater aus Görlitz, sein Aufgabenfeld. Roland Willig gehört zu seinen Klienten. Über ihn konkret mag er nicht sprechen, zu den Vorwürfen könne er keine Stellung nehmen.

Der fühlt sich im Recht – und völlig zu Unrecht verfolgt, wie er der SZ erzählt. Denkmalschutz und Bestandsschutz führt er an und begründet so seinen vorgeblichen Anspruch auf das gesamte Grundstück der Gaststätte. Seine Anwälte würden seine Ansprüche durchsetzen. Vor Ort auf die Einstweilige Verfügung angesprochen, hat er dafür nicht mehr als ein Achselzucken übrig. Er hat den trennenden Zaun entfernt und auf dem Gelände der Nachbarn offenbar Bäume gefällt. Dies sei nötig, damit seine Tiere sich frei bewegen können. Zwei Pferde und zwei Hunde hat er. „Das Grundstück ist doch in Ordnung? Die Tiere haben es gut bei mir, es ist alles in Ordnung,“ sagt er.

Ja, die Behörden seien dagewesen, bestätigt er. Und wenn die Polizei in der Nacht gekommen sei, habe er auch die Musik leiser gestellt. Doch die nächtliche Ruhestörung durch Maschinen weist er zurück. Er betreibe Landwirtschaft im Nebenerwerb, da gebe es keine Nachtruhe nach 22 Uhr. Zudem: Früher sei der „Sächsische Hof“ auch tonangebend gewesen, danach müssten sich die Nachbarn auch künftig wieder richten.

Gegen Willig lägen etwa 17 Anzeigen vor, sagt Bürgermeister Jons Anders (parteilos), und kritisiert, dass Willig gegen Gesetze verstoße und die Behörden trotzdem nichts unternähmen. Polizeisprecher Thomas Knaup bestätigt, dass Willig mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten ist. Auch mit anderen Behörden hat die Polizei wegen ihm Kontakt aufgenommen. Zudem laufen laut Knaup strafrechtliche Ermittlungen wegen Hausfriedensbruch. Dreimal soll Willig nachweislich gegen die Einstweilige Verfügung verstoßen haben. Alle Ermittlungsverfahren, die gegen Willig laufen, würden nach deren Abschluss der Staatsanwaltschaft übergeben. Viel mehr könne die Polizei nicht tun, sie sei vielmehr auf Entscheidungen der Justiz und des Landkreises angewiesen.

Beim Landkreis ist der Name Willig ebenfalls bekannt. Hier bearbeiten die Untere Abfall- und Bodenschutzbehörde im Umweltamt und das Ordnungsamt die Vorwürfe der Abfallverbrennung. Das teilt Kreissprecherin Marina Michel mit. So sei das Umweltamt am 9. April über eine Abfallverbrennung auf Willigs Grundstück informiert worden. Mitarbeiter hätten dies nach dem Anruf auch unmittelbar aufgesucht – gemeinsam mit den Vollzugsbediensteten der Stadtverwaltung. Vor Ort sei festgestellt worden, dass nicht das festgestellte Verbrennen von Pflanzenabfällen das Grundproblem sei, sondern vielmehr das Gesamtverhalten des Betroffenen. Ein Verstoß gegen das Abfallrecht sei zudem schon im Jahr 2014 mit einem Bußgeld geahndet worden. Das Ordnungsamt wiederum habe seit dem 16. April Kenntnis von den Umständen. Es seien sofort Ermittlungen eingeleitet worden.

Roland Willig lässt sich von den Vorgängen bei den Behörden augenscheinlich nicht beeindrucken und hält an seinen Plänen fest, die er durchaus gerechtfertigt sieht. Er versetzt das historische Gebäude lediglich in den Ursprungszustand, wie er erzählt. Umbauten aus späteren Jahren als der Erbauungszeit werden entfernt, auch ein Großteil der Elektrik. Über einen Kamin im Keller soll ein Wasser-Heizkreislauf versorgt werden. Eine Betreiberin für die Gaststätte gebe es bereits. „Das Publikum wird zufrieden sein“, ist er überzeugt.