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Halsbrecherischer Einsatz

Erneut brennt es im Gebirge. Die Kameraden ahnen warum und riskieren ihr Leben – weil es keinen Hubschrauber gibt.

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© Feuerwehr

Von Holger Gutte

Wieder ist es keine Übung. Wieder ist es enorm anstrengend. Aber diesmal auch extrem gefährlich. Eine Woche liegt der letzte Brand im Zittauer Gebirge zurück. Noch immer wird darüber kopfschüttelnd diskutiert. An jenem Sonnabend wird um 9.55 Uhr ein Waldbrand an der „Rübezahlwand“, einem Klettergebiet an der Ostseite des Töpfers, gemeldet. Als die ersten Kameraden eintreffen, sehen sie, dass das Löschen sehr kompliziert wird. „Das Feuer, wieder ausgelöst durch ein illegales Lagerfeuer vom Vortag, war mitten in einer Felswand in etwa 35 Meter Höhe“, berichtet der Gemeindewehrleiter von Oybin und Lückendorf, Wolfgang Rücker.

Ein Herankommen an das Feuer in der Felswand ist weder von unten noch von oben möglich. Das Gebiet ist sehr schwer zugängig, schildert er. Für die Feuerwehrmänner bleibt nur die Möglichkeit, von der unteren Seite das Feuer zu bekämpfen. Zudem breitet es sich genau dorthin aus. Über Felsen und schwieriges Gelände müssen die Kameraden über eine Länge von fast 1 000 Metern Schläuche verlegen. Um das zu schaffen, werden zu den Feuerwehren von Oybin und Lückendorf zusätzlich die Wehren und Tanklöschfahrzeuge aus Jonsdorf, Olbersdorf und Großschönau und auch ein Schlauchwagen angefordert. Unter größter körperlicher Anstrengung schaffen sie es, in dem bergigen Gelände eine Schlauchleitung von den Tanklöschfahrzeugen zur Felswand zu verlegen. „Den Einsatzkräften ist dabei viel abverlangt worden“, schildert Wolfgang Rücker.

Es sind keine Bergsteiger, sondern Feuerwehrleute, die am Ende der Schlauchleitung stehen und von der gegenüberliegenden Felswand abwechselnd den Druckschlauch halten. Halsbrecherisch sind sie dorthin gelangt. Als stellvertretender Kreisbrandmeister ist Peter Seeliger mit im Einsatz. Es wurmt ihm mächtig, dass sein Versuch, über die Regionalleitstelle einen Hubschrauber zum Löschen anzufordern, erfolglos blieb. „Mit diesem hätte man die Brandbekämpfung aus der Luft aufnehmen können, um so die eigenen Einsatzkräfte nicht in dem schweren Gelände zu gefährden“, berichtet Oybins Wehrleiter Wolfgang Rücker. Auch die Bundespolizei kann keinen Hubschrauber schicken.

Dabei haben sich die Landkreise Görlitz und Bautzen gemeinsam vier Außenlastbehälter für den Löschwassereinsatz per Hubschrauber angeschafft. Zwei haben ein Fassungsvermögen von 5 000 und zwei von 800 Litern. Es gibt einen 24-Stunden-Feuerwehr-Bereitschaftsdienst, der sie auf Anforderung zum Hubschrauberlandeplatz auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz in Nochten bringt, schildert Peter Seeliger. Das Problem: An den Rettungshubschrauber des Kreises „Christoph 62“ kann man sie nicht anhängen. Der ist nur für Unfallrettung ausgelegt. Und einen anderen gibt es nicht. So dauert der Brandeinsatz am Töpfer etwa fünf Stunden. Gegen 15 Uhr ist er beendet. Kaum einer der 35 Kameraden kann danach den restlichen Tag vom Wochenende genießen. Einige müssen schon eine Stunde später wegen Wolkenbrüchen, Hagel und Sturmböen erneut ausrücken.

Wolfgang Rücker und Peter Seeliger ahnen, dass sie wohl nicht das letzte Mal in diesem Jahr zu einem Waldbrand ausgerückt sind. Schuld daran ist „Boofen“, – ein Trend, der auch im Zittauer Gebirge immer häufiger praktiziert wird. Mit „Boofen“ bezeichnen Kletterfreunde und Wanderer das Übernachten in der freien Natur. Wenn Feuerwehrmänner im Gebirge von „Boofen“ hören, runzeln sie die Stirn. Denn „Boofen“ endet mittlerweile zu oft mit Waldbränden. Peter Seeliger geht davon aus, dass auch der Brand an der Felswand das Ergebnis von „Boofen“ ist. Dreimal hat es deswegen im Gebirge 2016 schon in schwer zugänglichem Gelände gebrannt. Er appelliert an die „Boofer“, auf ein Feuer zu verzichten. „Die Leute haben auf den Bergen und Felsen kein Wasser zum Löschen des Lagerfeuers“, sagt er. Nur abdecken und ausbrennen lassen, reicht nicht. Oft kann sich durch Funkenflug an anderen Stellen viel später ein Feuer entzünden.