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Hamburger Hof mit neuem Eigentümer

Ein Immobilienunternehmen aus Niedersachsen erwirbt das Traditionshaus für 75 000 Euro. Was es daraus macht, ist offen.

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© hübschmann

Von Harald Daßler

Um 10.46 Uhr ist der Zuschlag erteilt: Die Wert-Investition und Bauträger GmbH aus dem niedersächsischen Sarstedt kauft den Hamburger Hof in Meißen. Deren Prokurist Alexander Mause hatte 20 Minuten zuvor 75 000 Euro für das marode Traditionshaus geboten. Er bleibt an diesem Freitagvormittag der Einzige im Saal N 1.18 des Amtsgerichts Dresden, der sich meldet, als Rechtspflegerin Birke um Gebote bittet.

Die Zwangsversteigerung hatte die Düsseldorfer Apotheker- und Ärztebank angestrengt. Ihr schuldet die Real Estate Beteiligung GmbH als bisheriger Eigentümer des Gebäudekomplexes 220 000 Euro, wie die Rechtspflegerin beim Verlesen der amtlichen Grundbucheintragungen bekannt gibt. Eine weitere offene Forderung über 203 000 Euro ist von Manfred Reker und Peter Vogel vermerkt. Wie berichtet, hatte Reker in den vergangenen Jahren Planungsleistungen für einen möglichen Umbau des Hamburger Hofes in eine Seniorenresidenz erbracht, die offenbar nicht bezahlt wurden.

Obwohl der Verkehrswert des Hamburger Hofes in der Terminankündigung mit einem Euro angegeben war, weist die Rechtspflegerin darauf hin, dass dies nicht dem Mindestgebot entspricht. Zu berücksichtigen sei, dass die Kosten für das Gutachten zum Verkehrswert des Hamburger Hofes (rund 3 000 Euro), Auslagen des Gerichts sowie bei der Stadt Meißen ausstehende Grundsteuerforderungen „eingenommen“ werden müssen. Deshalb können Gebote erst ab der Summe für die behördlichen Außenstände von 5 965,45 Euro entgegengenommen werden.

Der Kaufpreis, der bis zum Verteilungstermin Anfang August bei der Landesjustizkasse bezahlt sein muss, wird nur einen Teil der offenen Forderungen der Bank bedienen. Dennoch: Die gebotene Kaufsumme lässt auf ernsthafte Absichten der potenziellen Investoren hoffen. Gegenüber der SZ will sich Alexander Mause unmittelbar nach dem Gerichtstermin noch nicht äußern. Er kündigt aber eine Erklärung der Geschäftsführung der Wert-Investition GmbH für die nächste Zeit an.

Nach dem Gutachten, das für diese Zwangsversteigerung im vorigen Herbst angefertigt wurde, sind mindestens 700 000 Euro notwendig, um die marode Bausubstanz und vom Hausschwamm bedrohte Holzbalken zu sichern. Für die Rettung und einen Umbau des Hamburger Hofes dürften mehrere Millionen Euro erforderlich sein. Genau das dürfte die Real Estate als vorhergehender Besitzer des Hamburger Hofes überfordert haben. Ihre Pläne, den Komplex in eine Seniorenresidenz mit einem öffentlich nutzbaren Saal umzubauen, wofür von rund zehn Millionen Euro hätten investiert werden müssen, blieben Ankündigungen.

Stadtrat Martin Bahrmann (FDP) verweist auf den Auftritt des Sarstedter Unternehmens im Internet. Dort sind Sanierungen historischer Altbauten ebenso wie Alterswohnsitze als Referenzen verzeichnet. Die Stadt sollte schnell Kontakt zu den Investoren aufnehmen. Veronika Kosemetzky, die im Auftrag des Meißner Rathauses die Zwangsversteigerung beobachtet, tauscht mit Alexander Mause Visitenkarten aus. Auch Stadtrat Frank Lassotta (U.L.M.) äußert sich vorsichtig optimistisch, dass die neuen Besitzer die Rettung des Hamburger Hofes voranbringen können.

„Wir hätten mitbieten sollen“, sagt Stadtrat Jörg Schlechte (CDU). Er hatte sich dafür eingesetzt, dass die Stadt Meißen den Hamburger Hof im Zuge der Zwangsversteigerung erwirbt. Dann hatte sie Einfluss auf die weitere Entwicklung nehmen können. Nun könne Meißen wieder nur zuschauen. Und hoffen.