Von Ines-Mallek-Klein
Es fliegen die Funken. Die Stahlträger, die dem Wohncontainer einmal seine Stabilität geben sollen, müssen als Erstes abgeschliffen werden. Dann kommt die Beschichtung gegen den Rost. Wichtige Arbeitsgänge, die sich die fernöstliche Konkurrenz gerne spart, was deren Wohn- und Büromodule auch preiswerter macht. In Coswig bei Procontain setzt man dagegen auf Qualität und Langlebigkeit. Etwa vier Tage dauert es, bis aus den Stahlträgern, Wänden, Fenstern und Türen ein fertiger kleiner Raum geworden ist. Der ist meist sechs Meter lang und 2,50 Meter breit, passt somit bequem auf einen Lkw-Anhänger und lässt sich durch ganz Deutschland transportieren.
Auf den Straßen sieht man derzeit viele Containertransporte. Überall zwischen Rostock und Stuttgart entstehen Containerstädte für die Menschen aus Syrien, Tunesien oder dem Kosovo, die hier in Deutschland einen Antrag auf Asyl stellen wollen. Der Markt boomt. Das bestätigt auch Henry Stritter von der Mobilconcept GmbH in Dresden. Der Containervermieter hatte erst vor wenigen Tagen einen Anruf aus dem Landratsamt im Meißen erhalten. 64 Container wurden gebraucht, sofort. Henry Stritter musste passen. Wenn die Filmnächte am Dresdner Elbufer vorbei sind, werden wieder 21 Container frei, aber die reichen nicht und sind noch dazu teilweise für andere Großveranstaltungen bestellt. „Ich möchte helfen“, sagt Henry Stritter, aber der Unternehmer fragt sich auch, ob es einem Land wie unserem würdig ist, die Flüchtlingsfamilien mit kleinen Kindern und schwangeren Frauen in Containern leben zu lassen.
Für viele Kommunen sind die Mietcontainer eine Alternative zu Zelten wie in Dresden. Die Module sind gut gedämmet, sagt der Geschäftsführer von Procontain, Karlheinz Frosch. Der Gesetzgeber schreibt Mindestwerte vor, „es ist aber immer auch mehr möglich“, sagt der Unternehmer beim Rundgang durch die Fertigungshalle in Coswig. Die 150 Mitarbeiter arbeiten in zwei Schichten, das ist in den Sommermonaten nicht ungewöhnlich. Aber dass der Bedarf besonders groß ist, merkt Procontain an den Anrufen seiner Kunden. Das Unternehmen liefert nur an Händler und Vermieter, nicht an Endkunden. Entsprechend werden die Wände auch erst dann aufgerichtet und gedämmt, wenn ein Auftrag vorliegt. Container auf Vorrat zu bauen, wäre zu teuer und zu riskant. Die Kundenwünsche sind zu unterschiedlich.
Das fängt bei der Außenlackierung an, geht weiter über die Fenstergrößen bis hin zur genauen Lage der Steckdosen. Die gibt es in dem großen Container am Ende der Halle reichlich. Dort entsteht ein transportabler Waschsalon. Mehr als ein Dutzend Waschmaschinen sollen in der rechten Containerhälfte Platz finden. Links ist ein Schlafraum für zwei Personen geplant. Die Ausstattung lässt darauf schließen, dass der Container schon bald in einem deutschen Flüchtlingscamp stehen wird. Wo genau, weiß Karlheinz Frosch nicht.
Nicht billiger als Massivbau
Die in Coswig gefertigten Container gibt es in der Basisversion für Baustellen ab 5 000 Euro. Nach oben sind kaum Grenzen gesetzt. Warum, zeigt ein Blick auf die Internetseite der Alho-Gruppe, zu der Procontain gehört. Der Modul- und Containerhersteller mit Stammsitz im nordrhein-westfälischen Morsbach liefert schlüsselfertige Bürogebäude, Kindergärten, Asylbewerberheime und selbst Kliniken. Die Module lassen sich stapeln und über Treppenhäuser miteinander verbinden. Wie das aussehen kann, zeigt der Besuch in der Verwaltung von Procontain. Das weiß-blaue Bürogebäude besteht komplett aus Containern. Der aufgebrachte Putz vermittelt aber den Eindruck eines massiv gebauten Hauses.
Karlheinz Frosch mag das Wort Container nicht. Er sagt lieber Modul und ist sich sicher, dass diese Bauweise Zukunft hat. Sie ist schneller und vor allem ganzjährig möglich, unabhängig vom Wetter und von der Jahreszeit. Allerdings, sie ist aufgrund der verwendeten Materialien nicht preiswerter als der Massivhausbau. Das dürften auch die Kommunen zu spüren bekommen, die jetzt Containerunterkünfte planen. Die Mieten sind bereits gestiegen, genauso die Lieferzeiten Procontain braucht durchschnittlich sechs Wochen, um die Aufträge abzuarbeiten. Die Wartung der dunkelgrünen Bundeswehrcontainer, die aus Krisengebieten zurückkommen – ein Nebengeschäft für das Coswiger Unternehmen – rückt da ein wenig in den Hintergrund.
Procontain hat volle Auftragsbücher, dafür spricht auch der Expansionskurs. Das Unternehmen will weiter wachsen und sucht dafür neue Mitarbeiter: Maler, Innenausbauer, Elektroinstallateure und Heizungsbauer werden dringend gebraucht, für die vielen Container, die in Coswig noch entstehen sollen.