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„Ich bin kein Nazi“

Warum Heik Heimann aus Riesa plötzlich wegen seines neuen Auto-Kennzeichens angefeindet wird.

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Jens Ostrowski

Jetzt reicht‘s ihm. Dass Heik Heimann kürzlich von einem Autofahrer in Senftenberg überholt wurde, der ihm den Stinkefinger zeigte, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Eigentlich ist Heimann ein ganz normaler Mann. Nur sein neuer Wagen bereitet ihm derzeit nicht viel Freude – besser gesagt: Mit dem dazugehörigen Kennzeichen stimmt was nicht. Seitdem der 49-Jährige vor sechs Wochen mit dem neuen Fahrzeug zur Zulassungsstelle gefahren ist, wird er schräg angeschaut und auch schon mal beschimpft. Der Grund: Auf dem Nummernschild steht RIE-HH 88.

Für Heik Heimann sind das einfach Lebensdaten, andere Menschen vermuten hinter dem Kennzeichen eine braune Gesinnung. „Dabei habe ich mit dem Gesindel überhaupt nichts zu tun“, sagt Heimann sichtlich verärgert. „Die Buchstaben HH stehen für mich und meine Frau Heike. Wir haben im Jahr 1988 geheiratet und feiern dieses Jahr Silberhochzeit. Das war auch der Grund, weshalb ich mich für diese Kombination entschieden habe“, erklärt der Riesaer.

Das Problem ist, dass laut Verfassungsschutz sowohl HH als auch die 88 gerne von Neonazis als Erkennungszeichen untereinander genutzt werden. Beides steht in der Szene für den Führergruß „Heil Hitler!“ Denn das H ist der achte Buchstabe im Alphabet.

Umstrittene Toleranz

Doch es gibt einen Grund, weshalb diese Kombinationen nicht wie beispielsweise SA, SS oder KZ gesperrt ist. Ralf Bochert von der Hochschule Heilbonn, auf dessen Initiative hin bundesweit die Altkennzeichen wie RIE wieder eingeführt worden sind, sagt: „Es gibt eine Reihe Kennungen, bei denen manche Ämter auch Nazisymbolik vermuteten – nur wird das eben nicht öffentlich gemacht.

Wenn man das täte, dann müsste man sie wiederum ausschließen und die rechte Szene würde wieder andere Kombinationen als Zeichen untereinander finden. Daher versucht man, den Ball an dieser Stelle flachzuhalten.“ Immerhin: Nicht jeder Autofahrer, der mit einem oder gar beiden dieser Kürzel auf dem Kennzeichen herumfährt, muss zwingend auch Sympathisant oder gar Mitglied der rechten Szene sein.

Wie eben Heik Heimann. „Ich habe mir dabei überhaupt nichts gedacht, aber warum lässt die Zulassungsstelle überhaupt so ein Kennzeichen zu“, fragt er nun verärgert. Immerhin sollte das für ihn nicht ganz folgenlos bleiben. Höhepunkt des Ärgernisses war eine Facebook-Nutzerin, die ihn im Internet mit ausgeschriebenen Kennzeichen als Nazi titulierte. Er habe sie daraufhin zur Rede gestellt, anschließend sei der Kommentar gelöscht worden. „Nach diesem Eintrag habe ich aber das Gefühl, dass ich vollends zur negativen Attraktion mit meinem Auto geworden bin. Es kommen sogar Menschen, die es fotografieren.“

Damit soll nun Schluss sein. Heik Heimann will zur Zulassungsstelle fahren und sein Fahrzeug ummelden. Er hat genug von all den Verdächtigungen. „Schade, wie manche Menschen denken.“ Man kann das in mehrere Richtungen verstehen.