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Im Einklang mit der Umwelt

Der Geologe Thomas Noack aus Nebelschütz vertraut auf die Urkräfte der Natur. Für ihn ist das Lebensphilosophie.

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© Andreas Kirschke

Von Andreas Kirschke

Nebelschütz. Steil fällt die Nordseite des Hügels ab. Die Westseite ist feucht und schattig. Die Ostseite ist flach. Die Südseite ist sonnig und trocken. „Jede Seite hat ihre Eigenheiten. Der Hügel eignet sich ideal für verschiedenste Pflanzenarten“, sagt Geologe Thomas Noack (52) aus Nebelschütz. Im Miltitzer Steinbruch Krabatstein vertraut er auf die Urkräfte der Natur. Auf dem kleinen Hügel hat er Oregano, Thymian, Rosmarin, Lavendel und weitere Kräuter gepflanzt. Hier wachsen auch Kartoffeln, Hopfen und sogar Mini-Kiwis sowie Chinesische Beeren. Der Hügel ist Teil des entstehenden Permakultur-Areals.

Das Foto zeigt den umgestalteten Hang am Steinbruch mit Kräutern wie Oregano, Curry, Thymian, Rosmarin, Lavendel, Salbei, Strauchbasilikum und weiteren Pflanzen.
Das Foto zeigt den umgestalteten Hang am Steinbruch mit Kräutern wie Oregano, Curry, Thymian, Rosmarin, Lavendel, Salbei, Strauchbasilikum und weiteren Pflanzen. © Andreas Kirschke

„Permakultur heißt nachhaltige Landwirtschaft“, sagt Thomas Noack. „Zurück geht sie auf die Wissenschaftler David Holmgreen und Bill Mollison in Australien, den Agrar-Ökologen Sepp Holzer in Österreich und auf den Mikrobiologen und Landwirt Masanobu Fukuoka in Japan.“ Sie alle hätten die Permakultur entwickelt und nachhaltig geprägt. Sie sei nicht nur eine Anbau-Kultur. „Sie ist Lebensphilosophie. Sie vereint die ethischen Prinzipien einer nachhaltigen Lebensweise.“

Ein Teich für bedrohte Tierarten

Wichtige Prinzipien sind „langfristig statt kurzfristig“, „Vielfalt statt Einfalt“, „Kooperation statt Konkurrenz“ und „nachhaltige Optimierung statt kurzfristige Maximierung“. Genau danach handelt Thomas Noack. Auf dem Hügel soll 2016 ein künstlerisch gestaltetes Insekten-Hotel stehen. Wachsen sollen auf dem Hügel Kräuter, Beeren und Heilpflanzen. An den Betonfundamenten reifen Mini-Kiwis und chinesische Beeren. „Die Vielfalt der Pflanzen, Übergangs- und Kleinklimazonen schaffen ein auf Dauer stabiles, sich selbst erhaltendes System. Ich will hier möglichst geringe Eingriffe bei optimalem Ertrag erreichen“, sagt Thomas Noack. 2016 will er mit der Anlage eines Sinnesgartens als Wildnis- und Waldgarten beginnen. In der früheren Wasserhaltungs-Anlage des Steinbruchs entsteht noch dieses Jahr ein Naturteich. Tierarten wie Bitterling, Teichmuschel und Neunauge sollen sich dort ansiedeln. Auch dort will der Geologe nicht permanent eingreifen. „Es soll ein Teich werden für geschützte, vom Aussterben bedrohte Tierarten und Wasserpflanzen“, sagt er.

Der Miltitzer Steinbruch eignet sich gut für Permakultur. Die Flächen gehören der Gemeinde Nebelschütz. Diese legt viel Wert auf eine langfristige, enkeltaugliche Bewirtschaftung. Passend zur weiteren Entwicklung der Stätte für Soziokultur und Kunst soll die Permakultur basierend auf einem bewussten und schonenden Umgang mit der Natur den Rahmen bilden. „Eines Tages wollen wir hier Produkte wie Krabat-Salz und Krabat-Tee ernten und vermarkten. Damit wollen wir die Initiativen des Krabatvereins unterstützen“, sagt Thomas Noack: „Dieses Permakultur-Teilprojekt hier im Steinbruch ist der Beginn des Gesamt-Projekts Njebjesa zur schonenden Nutzung der Aue des Jauer-Baches. Viele Pflanzen, die wir heute auf dem Steinbruch-Gelände säen, pflanzen und vermehren, werden später in anderen Teilprojekten eingesetzt.“

Erfahrungen von Einwohner genauso wichtig wie moderne Erkenntnisse

So auf der neuentstehenden, etwa fünf Hektar großen Permakultur-Anlage beim Miltitzer Frosch. Dort und im Steinbruch werden ab nächstem Jahr Workshops, Seminare und Schulungen zur Permakultur stattfinden. Am Miltitzer Frosch soll, so Thomas Noack, nicht nur ein Schaugarten, sondern eine kommerziell nutzbare Anlage entstehen. „Hier geht es um Züchtung, Vermehrung und Erhalt alter seltener einheimischer Sorten in Aquakulturen, Waldgärten, Terrassenanlagen und Kräutergärten.“ Einbinden will Thomas Noack engagierte und erfahrene Einwohner aus der Gemeinde, wie zum Beispiel Wegewart Johannes Bedrich. Deren Erfahrungen und altes, historisches Wissen hält er ebenso für unverzichtbar wie moderne Erkenntnisse aus der Forschung. „Betreiben soll das Areal unser Verein Steinleicht und später eine Genossenschaft“, sagt Mitglied Noack. „Wir wollen hier langfristig vor allem Workshops, Führungen und Projekte für Schulklassen starten.“

Geologie und Meeresbiologie faszinieren Thomas Noack seit früher Kindheit. In Kleinpraga bei Göda wuchs er auf. Er wollte wissen, wie die Urkräfte der Natur wirken. Er wollte wissen, wie die Gebirge und Meere entstehen. Nach der erweiterten Oberschule und der Armeezeit studierte er fünf Jahre Geologie an der Bergakademie Freiberg mit Spezialisierung Tektonik. „Damals festigte sich gerade die heute aktuelle Theorie der Plattentektonik. Das hat mich fasziniert“, erinnert er sich. Ein halbes Jahr arbeitete er nach dem Studium für die Firma GFE Geologie, Forschung, Entwicklung Freiberg. Die hatte Ende der 1980er-Jahre rund 600 Mitarbeiter. Als junger Mensch musste Thomas Noack als einer der ersten gehen. In Brand-Erbisdorf bei Freiberg arbeitete er danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Firma IGT Ingenieurbüro für Geotechnik. 1993 ging er den Schritt in die Selbstständigkeit, indem er mit Thomas Reichhardt ein Geotechnik-Büro (GBU) in Gera gründete, das zeitweise zwölf Mitarbeiter in den drei Niederlassungen Gera, Bautzen und Sangerhausen beschäftigte. 1998 verließ er die GBU und gründete das bis heute tätige Baugrundbüro Noack.

Die Natur neu entdeckt

Seit 2009 beschäftigt er sich mit Permakultur. In diesem Jahr besuchte er ein Seminar bei Sepp Holzer. „Es war für mich wie ein Augen-Öffner. Wie ein Zurück-Versetzen in die Kindheit“, erzählt Thomas Noack. „Ich spürte, dass mir etwas gefehlt hatte. Ich spürte, wie sehr ich den Bezug zur Natur verloren hatte und wie sehr ich dies brauche. Als Kind war ich immer draußen und spielte in der Nedaschützer Aue - der Nedaschützer Skala. Ich lebte in der Natur und mit der Natur. Ich konnte entdecken, experimentieren, lernen.“

2010 absolvierte Thomas Noack die Ausbildung zum Permakultur-Designer in Perth/Australien und zum Holzerscherschen Permakultur-Praktikanten in Österreich. So eröffnet sich die Permakultur für ihn als neues Feld und neue inhaltliche Herausforderung. Thomas Zschornak, Bürgermeister in Nebelschütz, holte ihn schließlich in seine alte Heimat zurück, er inspirierte und ermutigte ihn, hier neu anzufangen. Eines Tages werden das Areal für Permakultur im Steinbruch Miltitz und die Permakulturanlage am Miltitzer Frosch fertig sein. Mögen hier viele von den Urkräften der Natur lernen und wieder den Bezug zur Natur finden, ist Thomas Noacks Idee.