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Im Erdreich strahlt es

Untersuchungen des Umweltamts zeigen hohe Radonwerte rund um Freital und Dipps. Das kann gefährlich sein.

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© dpa

Von Tim Blumenstein und Tobias Hoeflich

Osterzgebirge. Der Boden im Landkreis strahlt. Das geht zumindest aus den sachsenweiten Untersuchungen hervor, die Forscher im Auftrag des sächsischen Umweltministeriums durchgeführt haben. An reichlich tausend Messpunkten wurde im Freistaat die Radonkonzentration der Bodenluft gemessen und in einer Rastergrafik zusammengefasst.

Demnach sind die Werte vor allem im Elbland von Dresden bis Meißen und im Erzgebirge besonders hoch. So erreichen die Messungen auf einem großen Gebiet südlich von Dippoldiswalde Werte von mehr als 100 Kilobecquerel pro Quadratmeter. Auch rund um Freital ist die Konzentration zum Teil ähnlich hoch. Aber wodurch wird die hohe Strahlenbelastung verursacht und was bedeutet sie für die Bewohner der betroffenen Regionen?

Bisher kannten die Sachsen radioaktive Strahlung vor allem aus dem Erzgebirge, wo bis in die 1990er-Jahre uranhaltiges Erz abgebaut wurde. Das Edelgas Radon wiederum steigt als Zerfallsprodukt des natürlich im Boden vorkommenden Urans aus dem Erdreich nach oben, nachdem es zunächst zum Zwischenprodukt Radium zerfallen ist. „Die natürlichen geologischen Verhältnisse in dem Gebiet südlich von Dippoldiswalde bis zur tschechischen Grenze sind die Ursache der hohen Radonaktivitätskonzentration in der Bodenluft“, sagt Karin Bernhardt, Pressesprecherin des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.

Was ist Radon?

Der Mensch ist seit Urzeiten natürlicher Strahlung ausgesetzt. Diese hat ihren Ursprung entweder im Boden und Gestein oder im Weltall.

Radon ist ein geruch- und farbloses Edelgas und wurde 1898 von der Chemikerin Marie Curie entdeckt.

Die Aktivität eines radioaktiven Stoffes wird in Becquerel gemessen. Ein Becquerel entspricht einem Atomkernzerfall pro Sekunde.

Radon wird auch in der Medizin zu therapeutischen Zwecken eingesetzt und kann zum Beispiel Rheumaerkrankungen lindern.

Quelle: www.umwelt.sachsen.de

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Je nach Gesteinsart kann der Gehalt an natürlichem Uran variieren. In Meißen etwa sorgt das Granit-Massiv, auf dem sich die Region befindet, für erhöhte Werte, während südlich von Dipps Erz Uran enthält. Ist der Boden zusätzlich porös und feucht, so wird der Radon-Aufstieg begünstigt. „Da Radon ein Edelgas ist, wird es im Gegensatz zu Uran oder Radium in die Bodenluft freigesetzt und kann durch Poren oder Klüfte aus dem Boden in die Atmosphäre gelangen, wo es sich sehr schnell verteilt.“ An der frischen Luft ist Radon für den Menschen nicht gesundheitsschädlich. Gelangt es jedoch durch Risse und Fugen in Gebäude, sammelt es sich dort auf wenigen Kubikmetern und kann bei hoher Konzentration das Risiko für Lungenkrebs steigern, so das sächsische Landesamt.

Nach einer Schätzung des Landes steigt das Lungenkrebsrisiko linear zur Radonkonzentration. Jedoch ist der Hauptgrund für Erkrankungen mit knapp 90 Prozent weiterhin das Rauchen. Die restlichen zehn Prozent werden durch Radon oder andere Schadstoffe wie Asbest verursacht.

Außerdem haben Untersuchungen gezeigt, dass das Erkrankungsrisiko bei Rauchern durch die Radonbelastung zusätzlich steigt. Nichtraucher sind demnach weniger gefährdet. Radon sei aber nicht allein für die Strahlenbelastung in Innenräumen verantwortlich, so Karin Bernhardt. Je nach Bauweise und Gebäudeeigenschaften können die Messwerte variieren. Das Umweltamt rät, dass in alten Gebäuden ein Wert von 400 Becquerel pro Kubikmeter nicht überschritten werden sollte. Bei Neubauten liegt der Grenzwert bei der Hälfte. Im Schnitt sind Wohnungen in Deutschland mit 50 Becquerel pro Kubikmeter belastet.

Wie das Haus radonsicher wird

Für das alltägliche Leben scheinen diese Statistiken nicht wirklich nützlich zu sein. Möchte man wissen, ob das eigene Grundstück oder die eigene Wohnung auch einer höheren Radonbelastung ausgesetzt ist, hilft der Blick auf die Rasterkarte wenig. Die Grafik zeigt lediglich Erwartungswerte der Radonkonzentration in der Bodenluft in einem Meter Tiefe. „Die tatsächliche Radonkonzentration in Innenräumen kann nur durch eine Messung bestimmt werden“, so Bernhardt.

Für öffentliche Gebäude, etwa Schulen oder Kindergärten, bietet das Umweltamt schon seit Jahren kostenlose Messprogramme an. So wurden mittlerweile 260 öffentliche Einrichtungen untersucht. Auch die eigenen vier Wände lassen sich durch spezielle Maßnahmen radonsicher machen. Beim Hausbau schützt die Verwendung einer Spezialfolie unter dem Keller vor unliebsamer Strahlung. Doch auch bei Sanierungsarbeiten lässt sich durch Abdichtungsmaßnahmen die Radonbelastung verringern.

Die Radonkonzentration aktiv zu senken, ist laut Bernhardt nicht möglich – und auch gar nicht nötig. „Man sollte allerdings Vorsorge treffen, dass das Radon nicht in die Gebäude gelangt beziehungsweise sich dort nicht anreichern kann.“

Nähere Informationen zu den Messungen und Baumaßnahmen