Von Constanze Knappe
Mit ihren zwei und drei Monaten sind Richard und Linus die jüngsten Jiedlitzer. Wenn sie krabbeln und später laufen können, finden sie jede Menge Spielgefährten im Dorf. Denn von den 190 Jiedlitzern sind 25 jünger als zehn Jahre. Kinderlachen, mitunter auch Geschrei, das ist für die Jiedlitzer selbstverständlich. Unvorstellbar, dass ein Dorf in England stolz darauf ist, keine Kinder zu haben, sagt Kathrin Kahl, deren Baby im Oktober kommt.
Jiedlitz erlebt einen Babyboom. Sie fühlen sich wohl im Dorf, sagen die jungen Eltern. Sie seien ja miteinander groß geworden, waren zusammen in der Schule, haben im Jugendclub Manches auf die Beine gestellt. Das stärkt den Zusammenhalt. Für sich allein wäre das zu wenig, um auf einem Dorf wie Jiedlitz sesshaft zu werden. Für die jungen Leute ist es einer von mehreren Gründen, der Heimat nicht den Rücken zu kehren. Fast alle haben sie in Jiedlitz um-, aus- oder neu gebaut. „Mehrgenerationenhaushalte wie hier bei uns gibt es nicht in der Stadt“, erklärt Frank Sturm. Er lebt mit Ehefrau Astrid und den Kindern Willy (6) und Elly (2) in Jiedlitz. In der Familie sei immer jemand da, der nach den Kindern sieht, sind beide froh. Das ist auch bei Kathrin Kahl so, wo von sechs bis 92 Jahren gleich fünf Generationen unter einem Dach leben.
Im Dorf gebe es keine Hektik. Die Kinder können draußen spielen, jeder schaut nach ihnen und fühlt sich verantwortlich. Der Kinderschar wegen hat der Jugendklub 2007 zur 48-Stunden-Aktion einen Spielplatz gebaut, unterstützt von der Gemeinde Burkau und umliegenden Firmen.
Junge Leute kommen zurück
Es sei ein Problem, dass man immer fahren muss, um die Kinder zum Sport oder zur Musikschule zu bringen, sagt Simone Platz, die vor zehn Jahren zu ihrem Mann Jürgen gezogen ist. Ihre drei Kleinen gehen in Uhyst in den Kindergarten, der Große (7) in Burkau in die Schule. Für Familie Sturm und andere Eltern ist das selbstverständlich. Man kenne es ja nicht anders und sei deshalb schon immer mobil.
Zehn Jiedlitzer sind wegen der Ausbildung weggegangen. Jetzt, da es hier in der Gegend mit der Arbeit besser geworden sei, kommen einige zurück. Über die Autobahn ist man schnell in Bautzen oder Dresden, wo die meisten einen Job haben. Auch nach Bischofswerda und Kamenz ist es nicht weit.
Der Liebe wegen ist Sandra Woidt vor zweieinhalb Jahren zugezogen. Wegzugehen kam für sie und Rene Hrebik nicht in Frage. Ebenfalls zugereist sind Denny und Kerstin Küster. Sie fanden 1999 woanders keine Wohnung, fühlen sich mittlerweile so heimisch, dass sie hier gebaut haben. Für Sohn Eric (10), der Älteste der drei Kinder, ist die Landwirtschaft vor der Haustür das ganz große Erlebnis. Dass fast alle Kinder mit Haustieren aufwachsen, das ist auf dem Dorf selbstverständlich.
Wenn der Mittagschlaf vorbei ist, herrscht Getümmel auf dem Spielplatz. Oder am Sonntagvormittag, wenn sich die Vatis mit den Kindern dort treffen. Man sei eben eine „eingeschworene Truppe“, sagt Sabine Leuner. Mit 40 Mitgliedern zwischen 14 und 40 Jahren organisiert der Jugendklub bis heute das Dorfleben.