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Jung und kreativ in Bischofswerda

Ganz bewusst zog Künstlerin Anja Herzog zurück in ihre Heimat. Nun eröffnet sie ein Atelier.

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© Lutz Michen

Von Theresa Hellwig

Bischofswerda. Der nackte Mann stand eine Weile im Schaufenster und regte sich nicht. Muskulös war er und groß. Aber nicht einmal einen Kopf hatte der Gute! Was schnell für Gespräche auf der Kamenzer Straße in Bischofswerda sorgte, ist ein Kunstwerk von Anja Herzog. Und zwar eines, was glücklicherweise die Maße des Schaufensters hat – und so verdecken konnte, was in dem Geschäft vor sich geht.

Denn dahinter, im Verborgenen, werkelte die 25-jährige Künstlerin fleißig. Mittlerweile ist das Fenster wieder frei, und wer neugierig ins Dunkel schaut, der sieht: eine Gitarre, viele Bücher, ein Sofa und vor allem viele Gemälde. Im April eröffnet Anja Herzog hier, in den Räumen, in denen sie gemeinsam mit anderen jungen Leuten einst das Kreativum eingerichtet hatte, ein Atelier. Immer donnerstags und freitags können Interessierte sie antreffen und ihre Ideen umsetzen lassen oder bereits fertiggestellte Werke kaufen.

„Genau dasselbe in Dresden zu machen, wäre sicherlich einfacher gewesen“, vermutet die Geißmannsdorferin. In den vergangenen Jahren lebte sie in der Dresdner Neustadt – dort gibt es ein großes Publikum für alternative Projekte, für Kunst, für eine kreative Szene. Doch in der Stadt, in der sie an der Hochschule für bildende Künste (HfbK) das Fach Malerei und Grafik studierte, wollte sie nicht bleiben.

Es zog sie zurück in ihre Heimat, zu ihrer Familie, zu ihren Freunden. „Ich möchte auch andere dazu inspirieren, hierzubleiben“, erklärt die ehemalige Schülerin des Goethe-Gymnasiums. So viel verbindet sie noch immer mit der Region. Das Kreativum, zum Beispiel, wird sie immer in positiver Erinnerung behalten. „Das war ein schönes, aufregendes Projekt“, erinnert sie sich. Hobby- und Berufskünstler konnten hier ihre Werke ausstellen und auch verkaufen. Dass das Projekt scheiterte, lag nicht etwa an mangelndem Interesse, sondern nur daran, dass die ehrenamtlich Engagierten die Öffnungszeiten nicht mit ihren Arbeitszeiten vereinbaren konnten.

Auch dem Malzirkel, den einst der Künstler Rosso Majores leitete, gehörte sie an. In der Fronfeste, dem ältesten Haus Bischofswerdas, wirkte sie an der Ausstellung „Trashart“, Kunst aus Müll, mit. Sie schrieb darüber sogar ein Buch. Und auch auf dem Spielplatz am Butterberg lassen sich Anja Herzogs Spuren finden: Dort bemalte sie gemeinsam mit Steffen Herold Spielgeräte. Im nächsten Jahr stellt sie in der Carl-Lohse-Galerie aus. Schon lange war die junge Künstlerin in der Gegend engagiert, und schon als Kind fand sie ihren Weg in die Kunst. „Eigentlich wollte ich immer Maskenbildnerin werden“, erzählt Anja Herzog, die zunächst eine Ausbildung zur Grafikerin an der Akademie für Informations- und Kommunikationsdesign in Dresden absolvierte. Als sie sich dann an der HfbK über den Studiengang informierte, fand sie die Ateliers so gut, dass sie sich doch für das Kunst-Studium entschied.

Fantasy in Wort und Bild

Und nun, nach etwa fünf Jahren Studium, kann sie endlich ihre Diplomarbeit präsentieren. Die steht jedoch nicht einfach im Regal, wie es bei so vielen anderen Studierenden anderer Fächer der Fall ist. Sie hängt zum Teil an der Wand in dem neuen Atelier: Es sind Bilder von Monstern. „Monsterchen“, wie sie Anja Herzog liebevoll nennt. „Das ist ein drei Generationen langer Stammbaum.“ Alle 14 Monsterchen sind geschlechtsneutral: Gesellschaftspolitisch soll die Arbeit sein und Konventionen soll sie aufbrechen. So, wie es auch Anja Herzog selber ein bisschen tut. Denn in der Dresdner Neustadt würde sie vielleicht nicht auffallen – in Bischofswerda eher schon. Gerne wechselt sie ihre Frisuren, an diesem Tag trägt sie die Haare zum Zopf gebunden und mit einem Stirnband verziert. Vor Kurzem noch trug sie einen trendigen kurzen Pony. Durch die bewusst löchrige Strumpfhose blitzen die Umrisse eines Tattoos, über dem schwarz-roten Ringelshirt trägt sie eine Jeansjacke. In ihren erweiterten Ohrlöchern: runde Stecker aus Holz. Piercings verzieren ihr Gesicht. „Ich war schon immer ein kreativ denkender Mensch“, sagt sie schulterzuckend. Gerne liest die 25-Jährige: Fantasy, Horror, historische Romane – die Bücher seien Teil ihrer Inspirationsquelle, erzählt sie. Manchmal, da entstehen ihre Motive auch bereits beim Grundieren einer Leinwand. „Aus Formen können Welten entstehen“, sagt sie.

Ganz verschieden sind die Werke, die in dem Atelier stehen, hängen oder aufgeschichtet lagern. Eher naturnahe Farben sind vertreten, von realistisch bis surreal reichen die Motive. Bleistiftzeichnungen und Siebdrucke sind ebenso zu finden wie Ölmalereien. Im Studium erlernte Anja Herzog den Umgang mit den schwer zu händelnden Farben – seitdem sind diese ihr „favourite“, wie sie sagt.

Eröffnung: Donnerstag, 19. April, 18 Uhr. Infos und Kontaktdaten im Netz unter: auftragsmalerei-anjaherzog.de