Neustart in den Kantinen

Das Klopfen aus der Küche von Maik Steinert kann nur eines bedeuten: Hier werden die Schnitzel vorbereitet. Dutzende Fleischstücken liegen auf dem Arbeitstisch, werden nun in Mehl und Ei und anschließend in Semmelbrösel gewendet. "Endlich geht es wieder los", sagt Koch Steinert. Zwar habe er sich in den vergangenen Wochen erholen können, aber eben auch viele Sorgen gemacht.
"Steinis Sachsenküche" in Potschappel an der Ecke Dresdner Straße/Coschützer Straße war zwei Monate lang zu. Wie alle in der Branche saßen die Steinerts von heute auf morgen ohne Umsatz, ohne Einnahmen und damit ohne Einkommen da. Man habe es gerade noch so abfangen können, lässt Maik Steinert durchblicken. "Aber falls Corona zurückkommt, stehen wir keine zweite Schließung durch." Und die Gäste haben auch wenig Lust auf einen zweiten Lockdown. Jeden Tag, berichtet Ilona Steinert, die Mutter des Junior-Chefs, hätte ab 10.30 Uhr das Telefon geklingelt. "Pausenlos waren Leute dran und fragten, ob oder ab wann wir wieder geöffnet hätten." Als sie am vergangenen Freitag ihre Sachsenküche auf die Öffnung vorbereiteten, steckten schon die ersten Neugierigen den Kopf zur Tür herein.
Mundschutzpflicht an der Theke
Kantinen - das sind die preisgünstigen Treffpunkte auf ein Mittagessen. Hier kommen Handwerker, Büroangestellte und Rentner zusammen. Schon für 3,50 Euro kann man eine warme Mahlzeit bekommen. Es gibt Klassiker wie Makkaroni mit Tomatensoße und Käse, Beefsteaks mit Mischgemüse und Püree, Kartoffelsuppe mit Wiener. Etwas exotischer geht es in der "Wirtschaft" zu. Die Kantine im Technologie- und Gründerzentrum gegenüber vom Neumarkt kredenzt zum Montagmittag Hühnchencurry auf Bandnudeln, Suppe sowie Gemüseauflauf mit Salatbeilage. Doch die Atmosphäre ist hier wie anderswo leicht verkrampft. Die Tischreihen haben sich gelichtet, die Stühle stehen weit auseinander. Kollegen, die sich miteinander unterhalten wollen, müssen etwas lauter reden. Auf der Tür weist ein Schild auf die Mundschutzpflicht hin. Drei Frauen, deren weiße Arbeitskleidung sie als medizinisches Personal einer nahe gelegenen Arztpraxis ausweist, amüsieren sich darüber. "Mundschutzpflicht in einer Kantine, beim Essen, oder was?", fragt eine. Die Frau hinter der Theke, mit Mundschutz ausgestattet, geht nicht weiter auf die Bemerkung ein.
Eine Straßenecke weiter, im City Center, hat der Imbissbereich von Bäcker und Fleischer wieder geöffnet. Das Ehepaar Greis sitzt hier, beide haben die Schutzmasken unters Kinn gezogen und sitzen vor ihrem Mittagessen. Schräg hinter ihnen stapeln sich all die Stühle, die von den Tischen wegen des Mindestabstands weichen mussten. "Irgendwie fühlt sich das alles ein bisschen komisch an", sagt Renate Greis und schaut sich zu dem Stuhlstapel um. "Es nervt nur noch. Man wünscht sich langsam, dass wäre endlich alles mal vorbei", sagt Ronald Greis. Immerhin freuen sich beide, mal wieder zum Mittagessen zu gehen. "Wir machen das manchmal, wenn wir unterwegs sind, zum Arzt oder zum Einkaufen. Da muss ich mich zu Hause nicht zum Kochen hinstellen", äußert Rentnerin Greis. Zuletzt war es nur möglich, sich das Essen an Imbissständen oder in Kantinen einpacken zu lassen - zum Mitnehmen außer Haus. Renate Greis schüttelt den Kopf. "Das haben wir aber nicht gemacht. Dann ist doch alles kalt, wenn wir zu Hause ankommen."
Klebepfeile zeigen die Laufrichtung an
So wie die Restaurants und Kneipen dürfen Kantinen und Imbissbereiche seit Freitag vergangener Woche wieder öffnen. Einer, der diese Chance sofort genutzt hat, ist Mario Wollny. Er betreibt die "Essbar" in Potschappel nahe der Kreuzung Dresdner Straße/Wilsdruffer Straße. "Wir sind sehr zufrieden mit dem Start", sagt er am Montagnachmittag. Zwar verkaufe er noch nicht so viele Portionen wie durchschnittlich vor der Schließung, aber er sei optimistisch. Wollnys Glück ist, dass die Räume der Essbar recht groß sind. Zwar musste auch er einige Tische und Stühle wegen der Mindestabstandsregel aus seiner Kantine verbannen. "Aber wir haben noch genügend Sitzplätze." Wer bei Mario Wollny essen möchte, wird wie auf einer Einbahnstraße bis zur Essenausgabe geleitet. Zuvor gilt es, die Hände zu desinfizieren. Auf dem Boden sind gelb-schwarze Pfeile geklebt, welche die Laufrichtungen anzeigen. Hinaus geht es durch die Hintertür über den Hof. Der Essbar-Betreiber empfindet die ganzen Regeln auch nicht gerade als schön. "Aber was soll ich machen? Lieber all die Vorschriften, als noch länger zu Hause zu sitzen. Da wird man nur träge und antriebslos."
Die Vorschriften zum Corona-Schutz machen es aber manchen Kantinen unmöglich, wieder zu öffnen. Dem "Sachsenschmaus" beispielsweise, eine öffentliche Kantine im Gebäude des Landratsamtes an der Hüttenstraße. "Kantine geschlossen" steht am Hauptzugang ins Gebäude. Den Betreibern fällt ihr durchaus pfiffiges Konzept auf die Füße. Denn beim Sachsenschmaus kann sich jeder Gast selbst sein Essen am Büfett zusammenstellen. Doch solche Selbstbedienungsbüfetts sind derzeit noch untersagt. Beim Sachsenschmaus rechnet man damit, erst im Juni wieder öffnen zu können. Gekocht wird hier aber dennoch und seit diesem Montag auch wieder verstärkt. Denn die Kantine beliefert mehrere Freitaler Kindergärten mit Essen - und die haben nun ja auch wieder geöffnet.
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