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Warum Gastwirte kein Personal finden

Köche und Kellner sind auch in Lausitzer Lokalen begehrt. Dabei gibt es in der Branche mehr Arbeitslose als freie Stellen.

Von Tilo Berger
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Inhaber Matthias Schulze (vorn) ist in seinem Schirgiswalder Landhotel „Thürmchen“ überall zu finden, wo es gerade etwas zu tun gibt. Hier steht er mit seinem Bruder Andreas in der Küche.
Inhaber Matthias Schulze (vorn) ist in seinem Schirgiswalder Landhotel „Thürmchen“ überall zu finden, wo es gerade etwas zu tun gibt. Hier steht er mit seinem Bruder Andreas in der Küche. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. An der Rezeption hängt ein Zettel, auf dem das Landhotel „Thürmchen“ in Schirgiswalde eine Köchin oder einen Koch sucht. Bis vor wenigen Tagen war das noch aktuell. Jetzt kann Matthias Schulze das Papier erst einmal wieder abnehmen. „Ich habe gerade zwei Arbeitsverträge unterschrieben“, sagt der Inhaber des kleinen Landhotels erleichtert. Aber allzu weit weg wird er den Zettel wohl nicht legen.

„Ich kenne es gar nicht anders, als dass wir Personal suchen“, sagt der 39-Jährige. Das war schon so, als sein Vater noch das 1993 eröffnete „Thürmchen“ betrieb. Und das blieb so, seit Sohn Matthias 2007 das Haus mit sieben Hotelzimmern und zwei Appartements sowie ein Feriendorf in Schirgiswalde übernahm. Aber so dramatisch wie jetzt sei die Suche nach Personal noch nie gewesen, berichtet Matthias Schulze. Das gegenseitige Abwerben von Mitarbeitern sei mittlerweile in der Branche üblich. Ebenso der Blick ins Nachbarland. Auch die junge Frau an der Rezeption kommt aus Tschechien, spricht aber fast akzentfrei Deutsch.

Knackpunkte Arbeitszeit und Entlohnung

„Wenn ich früher auf eine freie Stelle fünf Bewerbungen bekommen habe, warte ich jetzt ein halbes Jahr auf eine“, erzählt Schulze, Chef eines zehnköpfigen Teams und überall zu finden, wo im „Thürmchen“ und im Feriendorf gerade Not am Mann ist. „Es gibt doch niemanden mehr, der in der Gastronomie arbeiten will.“

Die aktuellen Zahlen der Arbeitsagentur Bautzen widersprechen auf den ersten Blick. Im Februar waren bei der Agentur 70 offene Stellen als Koch gemeldet, gleichzeitig aber 221 Arbeitslose mit diesem Zielberuf. Ebenso berichtet die Agentur von 68 freien Stellen für Gastronomieservicekräfte – und 157 Frauen und Männern, die genau diese Arbeit suchen. Theoretisch müssten sich also offene Stellen ganz schnell besetzen lassen. Praktisch bleiben Arbeitsverträge ohne Unterschrift, wenn das Gespräch auf die konkreten Bedingungen wie Arbeitszeiten oder Entlohnung kommt.

Hausgemachte Probleme

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) nennt den Personalmangel in der Gastronomie „hausgemacht“. Der stellvertretende NGG-Vorsitzende Guido Zeitler sieht die größte Reserve im Nachwuchs: „Wer über fehlende Fachkräfte klagt, muss endlich bei der eigenen Ausbildung anfangen. Eine Verbesserung der Ausbildungsbedingungen und der Vergütungen würde auch die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber wieder steigen lassen.“

Axel Klein hält dagegen: „Die Personalkosten in den Betrieben wurden ja schon durchschnittlich um etwa 30 Prozent gesteigert“, sagt der Geschäftsführer des Regionalverbandes des Deutschen Gaststätten- und Hotelverbandes (Dehoga). „Aber das hat Grenzen, denn die Wirte müssen die Kosten ja auch auf den Preis umlegen. Und das geht nicht eins zu eins. Da fehlt auch das Bewusstsein des Gastes.“

In Konkurrenz mit anderen Branchen

Auch das Bautzener Best-Western-Plus-Hotel sucht aktuell einen Koch, berichtet Direktor Sandro Reichel. Er sieht die Gastronomie in Konkurrenz zu anderen Branchen: „Gerade hinsichtlich der Arbeit an Wochenenden, Feiertagen und auch mal bis in die Nachtstunden, gibt es Berufe mit mehr Vereinbarkeit für Freizeit und Familie. Da fängt schon mal ein Koch beim Automobilzulieferer am Band an oder die Hotelfachfrau am Empfang einer Arztpraxis.“ Aber es gebe „auch die Fälle, wo Mitarbeiter außerhalb unserer Branche tätig waren und wieder zurückkehren, weil sie sagen: Das ist einfach mein Ding und dafür brenne ich.“ Einen Koch sucht auch das Hotel „Waldblick“ in Pulsnitz, berichtet Daniel Mager. Das Landhotel „Alter Weber“ in Weigsdorf-Köblitz braucht Küchenpersonal, berichtet Manuela Hübner. Maik Sabri vom „Goldenen Adler“ in Bautzen bezeichnet den Fachkräftemangel als „sehr gravierend. Besonders an der Rezeption suchen wir bereits seit einigen Jahren gelernte Hotelfachleute. Wir behelfen uns, indem wir Quereinsteiger mit viel Geduld und großem Aufwand einarbeiten.“

Cornelia Haidan vom „Landhotel“ und „Spreetal“ in Grubschütz gibt zu Protokoll: „Aktuell könnten wir einen Koch oder Köchin gebrauchen. Ich mache mir da aber wenig Hoffnung. Wir wollen uns wie viele andere auf dem polnischen Arbeitsmarkt umschauen.“ Doch auch in den Nachbarländern ist dem Dehoga zufolge mittlerweile Personal rar. Zudem arbeiten viele Osteuropäer in Urlaubsregionen wie Österreich, Bayern oder BadenWürttemberg. Dort werden schon mal 15 Euro pro Stunde gezahlt – da können Wirte in der Oberlausitz nicht mithalten. q Auf ein Wort