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Kindergarten für Flüchtlinge

In Dresdens Kitas werden immer mehr Kinder von Asylbewerbern betreut. Für die Einrichtungen ist das eine Herausforderung, für die Kinder eine Chance.

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© Sven Ellger

Von Simone Burig

Ein dunkler Wuschelkopf huscht kurz vorbei und ist schon wieder verschwunden. Die Locken gehören zu Salma. Die Vierjährige tobt fröhlich durch den Hof des Kindergartens. Manchmal schaut sich das Mädchen suchend nach ihrem zweijährigen Bruder Elbara um. Auch er spielt friedlich mit Gleichaltrigen. Die Kinder sind mit ihren Eltern aus Libyen geflüchtet. Seit einigen Monaten leben sie in Gorbitz. Damit Salma und Elbara mit Gleichaltrigen spielen und Deutsch lernen können, haben sich ihre Eltern entschieden, sie im Kindergarten betreuen zu lassen. Seit Herbst besuchen sie die „Sachsenspatzen“, eine kommunale Kita am Helbigsdorfer Weg.

Die Geschwister sind zwei von derzeit rund 220 Kindern im Alter von ein bis sieben Jahren, die als Flüchtlinge in Dresden leben. 65 von ihnen gehen in eine städtische Kita. Ihre Zahl steigt und stellt Stadt und Einrichtungen vor neue Herausforderungen. Die Kinder kommen aus 14 verschiedenen Nationen, beispielsweise aus Pakistan, Tschetschenien, Algerien, Syrien und Afghanistan. Aber: „Zahlen und Herkunftsländer sind nicht wichtig“, sagt Sabine Bibas, Leiterin des Eigenbetriebs Kindertageseinrichtungen bei der Stadt. Sie und ihre Mitarbeiter kümmern sich darum, dass auch Kinder von Flüchtlingen unkompliziert einen Kita-Platz bekommen.

Doch wer informiert die Familien über dieses Angebot? Wer hilft, und wer übernimmt die Kosten dafür? Auch Asylbewerber haben das Recht darauf, ihre Kinder in einer Kita betreuen zu lassen. „Eine Pflicht gibt es nicht. Das kommt erst im Schulalter“, sagt Bibas. Sie weiß aber auch, dass je nach Herkunftsland das Familienbild ein anderes ist. Das heißt: „Oft stehen die Eltern einer Fremdbetreuung der Kinder skeptisch gegenüber.“ Doch hat ein Sozialarbeiter erst einmal das Angebot näher erläutert und auch die Vorteile für die Kinder aufgezählt, seien die Eltern oft sehr dankbar für diese Möglichkeit. Dann bekämen sie genauso einen Platz vermittelt, wie alle anderen Kinder auch, erklärt Bibas und stellt klar: „Für die Platzvergabe werden dieselben Kriterien herangezogen, wie sie auch bei einheimischen Kindern gelten.“ Dazu zählen beispielsweise der gewünschte Beginn der Betreuung, Geschwisterkinder, Konzept der Einrichtung. „Da kann es genauso passieren, dass die Wunsch-Kita keinen freien Platz hat, und das Kind woanders unterkommt.“ Wichtig bei der Platzvergabe sei zudem die Wohnortnähe. Deshalb gebe es besonders in Prohlis und Gorbitz viele Flüchtlingskinder in den kommunalen Kindergärten, erklärt Bibas. Die Kosten für die Betreuung übernehme die Stadt.

Doch wie gehen die Erzieher mit den steigenden Zahlen an Flüchtlingskindern um? „Wir tauschen uns oft im Team aus, besprechen einzelne Fälle. Spezielle Vorgaben gibt es für die Kinder aber nicht. Sie werden genauso betreut und integriert, wie alle anderen auch“, erklärt Karina Immler, Leiterin der „Sachsenspatzen“. Weniger kompliziert sind die Essensgewohnheiten, die einige Kinder mitbringen. „Wir betreuen ja schon lange Kinder verschiedener Nationen. Deshalb bieten wir auch schon länger spezielles Essen wie vegetarisch, laktose- oder rindfleischfrei an.“

Die größte Herausforderung ist dagegen die Sprachbarriere: „Das macht es schwer mit den Eltern zu reden. Wir brauchen oft viel Geduld oder einen Dolmetscher.“ Bei den Kindern dagegen seien die Sprachhürden meist schnell abgebaut. „Wir machen viele Dinge, bei denen man nicht so viel reden muss, wie beispielsweise Musik, Tanz oder Bewegungsspiele. Dadurch und überhaupt gehen Kinder sehr viel aufgeschlossener aufeinander zu“, hat Immler bei ihrer Arbeit festgestellt. Schwierig sei die Kommunikation zu den Eltern: Vereinbarungen würden oft nicht eingehalten oder Zeiten ignoriert. „Viele haben einen anderen Tagesrhythmus als wir, sind oft nicht pünktlich.“

Salma und Elbara sind angekommen in ihrer neuen Umgebung. Und wie sieht es mit der Sprache aus? „Salma spricht schon deutsche Sätze. Elbara versteht einfache Worte.“ Immler betont: „Es ist wichtig, dass wir diese Kinder betreuen. Nur so können sie Kultur und Sprache lernen. Integration beginnt bei uns im Kindergarten.“