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Königstein registriert Wahlbeteiligung von über 100 Prozent

Mal wieder wundert sich die Welt über erstaunliche Rechenkünste. Von Wahlbetrug kann aber keine Rede sein.

Von Gunnar Klehm
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Die Mathematik macht’s möglich: Die Wahlbeteiligung in Königstein lag bei 121 Prozent, wie auf saechsische.de richtig dargestellt.
Die Mathematik macht’s möglich: Die Wahlbeteiligung in Königstein lag bei 121 Prozent, wie auf saechsische.de richtig dargestellt. © Screenshot SZ

Zur Landtagswahl gab es in Königstein eine Wahlbeteiligung von 121,0 Prozent. 

Insgesamt gab es 1.722 Wahlberechtigte. In der Stadt wurden aber 2.083 Stimmen ausgezählt und gewertet. Zahllose Screenshots machen in den Sozialen Netzwerken die Runde. Allerdings nicht mit der Aufklärung der erstaunlichen Zahl, sondern das Wort Wahlbetrug macht die Runde. „Dieses Narrativ ist gezielt antidemokratisch, denn dadurch sollen andere Meinungen nicht nur ignoriert und delegitimiert werden, ihnen wird überhaupt das Existenzrecht abgesprochen“, kritisiert ein Blogger auf der Internetseite www.volksverpetzer.de. Das werde besonders in rechten Kreisen gern getan. „So sollen demokratische Wahlen diskreditiert werden.“

Auch zur Bundestagswahl lag die Wahlbeteiligung in Königstein bei unglaublichen 121,3 Prozent. Das liegt schlicht daran, dass in Königstein tatsächlich mehr Leute als nur die 1 722 Königsteiner Wahlberechtigten abgestimmt haben. In der Stadt werden nämlich auch alle Stimmzettel der Briefwähler aus den Nachbargemeinden Gohrisch, Kurort Rathen, Rosenthal-Bielatal und Struppen ausgezählt. Diese Gemeinden bilden mit Königstein eine Verwaltungsgemeinschaft. Um diese Art von „Kleinstaaterei“ so effektiv wie möglich zu gestalten, wurde nur ein Briefwahllokal für alle eingerichtet. Die Stimmen wurden alle der sogenannten „erfüllenden Gemeinde“ Königstein zugerechnet, der Aufwand des Sortierens entfiel. Die Stimmzettel sind überall gleich. So geht keine Stimme verloren. Aber die Statistik der Wahlbeteiligung relativiert sich. In Königstein liegt sie deswegen rechnerisch höher als real. In den anderen vier Kommunen ist sie demzufolge niedriger ausgewiesen. Im Wahlkreis 51, zu dem die betreffenden Kommunen gehören, lag die Wahlbeteiligung bei 66,5 Prozent. Zum Vergleich: Struppen (59,6), Kurort Rathen (45,9), Rosenthal-Bielatal (60,6) und Gohrisch (58,0).

Verschiebungen bei der Briefwahl haben im Endeffekt aber auch schräge Prozentzahlen bei den Parteien zur Folge, weil diese Briefwahlanteile im Nachhinein nicht mehr der jeweiligen Gemeinde zugeordnet werden können. Stimmzettel und Einverständniserklärung bleiben getrennt.

Briefwähler stimmen traditionell nicht so radikal ab wie die Wähler, die am Wahltag ins Wahllokal gehen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Anteil der Protestwähler ohne Briefwahl höher ist. Wie zum Beweis passt das auch auf alle AfD-Höchstergebnisse im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. In Königstein gewinnt dagegen die CDU.

Nachträgliche Stimmen für Wöller

Inzwischen hat der Kreiswahlausschuss, in dem alle Parteien vertreten sind, die Ordnungsmäßigkeit der ermittelten Ergebnisse der Landtagswahl festgestellt. Dennoch ergab die Überprüfung minimale Abweichungen zum vorläufigen Ergebnis. Zuvor wurde noch mal über jeden einzelnen strittigen Stimmzettel abgestimmt. Meist ging es darum, ob der Wählerwille klar erkennbar ist. So wurden beispielsweise dem CDU-Direktkandidaten Roland Wöller nachträglich sechs Stimmen zugeschlagen. Ivo Teichmann (AfD) zwei Stimmen. „Das führte aber zu keinen Veränderungen der Reihenfolge bei den Direkt- und Listenstimmen“, erklärte Kreiswahlleiter Thomas Obst.

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